Die kunstwissenschaftliche Kernaufgabe ist es, Kunsterfahrung in Sprache zu überführen. Verantwortlich dafür sind u.a. Methoden, die das Sehen in einen spezifischen Dialog mit dem Denken treten lassen. Aus dem Sehen und Lesen von Kunstwerken wird damit ein erlernbares Handwerk. Doch die Fokussierung auf eine einzelne Methode macht nicht nur sehend, sondern auch blind. Eine bestimmte Methode provoziert immer eine bestimmte Fragestellung, wodurch davon unabhängige Aspekte übersehen werden können. Nur die souveräne Anwendung eines Methodenpluralismus, also einer ganze Palette von Methoden, schafft hier Abhilfe.
Im Seminar werden Grundbegriffe „traditioneller“ kunsthistorischer Methoden ebenso diskutiert wie die Herangehensweise der sich selbst als radikal und kritisch definierenden New Art History. So bedienen sich aktuelle Tendenzen der Kunstwissenschaft einerseits vermehrt beim methodischen Instrumentarium benachbarter Disziplinen wie der Philosophie, Kulturanthropologie, Semiotik, Psychoanalyse, Soziologie, Gender Studies, Postcolonial Studies, Animal Studies oder New Materialism und wenden sich andererseits auch neuen Gegenständen wie etwa populären oder naturwissenschaftlichen Bildern zu. Mit dieser Pluralisierung der Inhalte und Methoden geht in vielen Fällen auch eine Politisierung von Kunstwissenschaft einher. Die Veranstaltung soll u.a. dazu dienen, zu einer kritischen Selbstreflexion des eigenen Standpunkts und dessen Bedingungen zu gelangen. Scheine können durch die Vorstellung einer kunstwissenschaftlichen Methode und ihre Anwendung auf ein selbstgewähltes Kunstwerk erworben werden.

Semester: WiSe 2020/21