Wer zum ersten Mal einen römisch–katholischen Gottesdienst betritt, versteht zunächst einmal voraussichtlich nicht, warum wir „die Herzen beim Herren haben”, warum es „würdig und recht ist, dem Herrn, unserm Gott, zu danken” oder warum geliebte Menschen „entschlafen” und eben nicht einfach gestorben sind. Solche Beispiele, die nicht nur im Gottesdienst, sondern auch im alltäglichen Gemeindeleben oder im Gespräch mit religiös sozialisierten Menschen eine bedeutsame Rolle spielen, ließen sich noch zahlreiche anführen.

Die Sprache der Kirche erreicht viele Menschen nicht mehr. Aus theologischer Perspektive erscheint es daher relevant, die Ziele religiöser Bildung aus einer veränderten gesellschaftlichen Situation heraus zu betrachten und dabei auch die religiöse Sprache in den Blick zu nehmen. Welche Ziele sollte und kann religiöse Bildung in der postmodernen Gesellschaft überhaupt verfolgen? Inwiefern muss und kann ein Nachdenken über religiöse Sprache helfen, die Ziele religiöser Bildung zu verwirklichen? Wie muss ihre Sprache und ihre Konstitution sich entwickeln, damit die Institution Kirche auch weiterhin eine gesellschaftlich relevante Größe bleibt (oder vielleicht auch wieder wird)?

Aus linguistischer Perspektive sind mehrere Aspekte besonders spannend. Die Sprache der Kirchen ist geprägt durch eine sehr starke Floskelhaftigkeit, wie oben anhand von ausgewählten Beispielen gezeigt, es finden sich häufig Bibelzitate und liturgische Formeln. Neben dieser formalen Ausrichtung stehen die Pastoralreferent*innen und Religionslehrer*innen vor der Aufgabe, Gespräche über religiöse Inhalte und Themen zu gestalten sowie seelsorgliche Kommunikation durchzuführen.

Im Seminar nähern wir uns dem oben genannten Themenfeld mithilfe von Daten aus dem kommunikativen Alltag von Pastoralreferent*innen und Religionslehrer*innen aus den Perspektiven beider Fächer.

Für Germanistikstudierende wird die Bereitschaft zur Transkription von Audiodaten vorausgesetzt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2020