Wie ist eigentlich das Verhältnis zwischen Herrschaftsapparat (Staat) und Herrschaftsform (Regimetyp)? Diese Frage steht im Mittelpunkt unseres Seminars, das sich mit Herrschaft jenseits des Westens beschäftigt. Die Frage mag zunächst abstrakt und langweilig erscheinen, aber sobald man konkret nach Problemen der Weltpolitik fragt, wird die Relevanz der Antworten ersichtlich: Warum folgt auf das Ende einer Diktatur manchmal keine Demokratisierung, also ein Regimewechsel, sondern der Zusammenbruch des Staatsapparates? Was muss nach einem Bürgerkrieg passieren, um Frieden zu schaffen: erst der Aufbau des Staates und dann die Etablierung von Demokratie? Oder umgekehrt: erst Demokratie, dann Staatlichkeit? Wie wird der Staat in totalitären Regimen genutzt, um zu herrschen (z.B. in China und Nordkorea)? Was ist bzw. war der Unterschied zu Militärdiktaturen? All diese Fragen berühren das Verhältnis von Staat und Regime.

Während wir uns inhaltlich mit dem Verhältnis von Herrschaftsapparat und -form beschäftigen werden, steht methodisch die Forschungslogik der Vergleichenden Politikwissenschaft im Fokus. Im ersten Teil des Seminars (ein Drittel der Sitzungen) werden wir uns deshalb mit dem Vergleich als Methode des Erkenntnisgewinns beschäftigen: Warum vergleichen PolitikwissenschaftlerInnen? Wie funktioniert der Vergleich? Welche Probleme und Fehler sollte man vermeiden? Im zweiten Teil des Seminars (zwei Drittel der Sitzungen) werden jeweils zwei Länder im Zentrum stehen (wöchentlich wechselnd), deren Vergleich uns Erkenntnisse über das Verhältnis zwischen Staat und Regime ermöglichen wird.

Als Prüfungsleistung muss eine Hausarbeit geschrieben werden, die sich mit dem Vergleich von zwei Ländern beschäftigt. In Anlehnung an Konferenzen und Tagungen werden erste Versionen dieser Hausarbeiten als Arbeitspapiere wöchentlich im Laufe des Semesters diskutiert. Das gibt Ihnen als Studierenden die Möglichkeit, die Logik des Vergleichs systematisch zu üben und gemeinsam Stärken und Schwächen zu diskutieren.

 

Literatur zur Orientierung und Vorbereitung (nicht verpflichtend):

Altmeppen, Thomas J., und Mirjam Edel (2017): „Disentangling the State-Regime Nexus”, APSA-CD, 15 (1), S. 1, 6-10.

Andersen, David, Jørgen Møller und Svend-Erik Skaaning (2014): „The State-Democracy Nexus: Conceptual Distinctions, Theoretical Perspectives, and Comparative Approaches”, Democratization, 21 (7), S. 1203-1220.

Barrios, Harald, und Christoph Stefes, Hg. (2006): Einführung in die Comparative Politics. München: Oldenbourg.

Landman, Todd (2008): Issues and Methods in Comparative Politics. 3. Aufl., London: Routledge.

Lim, Timothy C. (2016): Doing Comparative Politics: An Introduction to Approaches and Issues. 3. Aufl., Boulder: Lynne Rienner Publishers.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2020