In den intellektuellen Diskussionen der Postmoderne herrscht Skepsis gegenüber der Idee ‚der‘ Geschichte: Nicht nur ist die Sensibilität für die Unterschiedlichkeit der vielen historischen Akteure und deren widersprüchliche Interessen gewachsen, nach dem ‚linguistic turn‘ weiß man auch, dass ‚Geschichte‘ das Produkt eines rhetorisch-literarisch fundierten Erzählens von Geschichten, Faktentreue also niemals garantiert ist. Gleichzeitig boomt der historische Roman in der populären Unterhaltungsliteratur – was darauf schließen lässt, dass es den Zeitgenoss*innen sehr viel angenehmer zu sein scheint, in fantasyhafte Geschichten über mittelalterliche Wanderhuren und Wunderheiler abzutauchen statt sich mit den komplexen Problemlagen von Gegenwart und Zukunft auseinanderzusetzen. Diese Situation kritisch zu reflektieren und zugleich lesbare, spannende Texte zu produzieren, ist eine Herausforderung für den aktuellen historischen Roman. Welche überraschenden neuen Erzählstrategien dabei entworfen, wie traditionelle Muster dekonstruiert, wie ‚Fakten‘ und ‚Fiktionen‘ miteinander verwoben werden, werden wir an einer Reihe von aktuellen Romanen (von Süßkind, Kehlmann, Timm, Kracht u.a.) analysieren.

Zu Ihrer Vorbereitung beachten Sie bitte die vor Zimmer 105 aushängende Literaturliste zu diesem Seminar. Außerdem wird vor Semesterbeginn im Copyshop M&M ein Reader mit Semesterprogramm, Bibliographie und theoretischen Texten für Sie ausliegen; bitte erwerben Sie ihn rechtzeitig!

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2020