Die Vorlesung Grammatikalisierung führt zum einen in einen einflussreichen Forschungsansatz der historischen Linguistik ein, der sich seit den 1980er Jahren entwickelt hat. Es geht darum, zu beschreiben, wie sich neue grammatische Einheiten entwickeln, welche Teilprozesse sich typischerweise dabei abspielen und welche Grammatikalisierungspfade im Sprachvergleich immer wieder begangen werden. Typischerweise werden grammatikalisierende Einheiten semantisch abstrakter werden (z.B. vom Bewegungsverb zum Futur-Auxiliar bei dt. werden und engl. be going to) und verlieren an phonologischer Masse (gonna).

Zum anderen und damit verzahnt werden weichenstellende Entwicklungen der deutschen Sprachgeschichte als Grammatikalisierungsprozesse analysiert, z.B. die Enststehung des Perfekts, der Wandel der Negationsmöglichkeiten und die Entstehung des Definitartikels. Aber auch Grammatikalisierungsprozesse, die gerade in Gang sind, wie das Rezipientenpassiv (?sie bekommt geholfen) oder Progressivkonstruktionen (ich bin den Hund am füttern) werden unter die Lupe genommen. Wo immer es sich lohnt, werden diese Entwicklungen vergleichend auf Dialekte des Deutschen und andere germanische Sprachen bezogen

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2020