Die Relevanz des Themas Klimawandel liegt auf der Hand. Kein anderes Thema prägt in vergleichbarer Weise den aktuellen öffentlichen Diskurs; und kaum ein anderes Thema ist gegenwärtig gleichermaßen Gegenstand intensiver empirisch-wissenschaftlicher Forschung und kontroverser politischer Auseinander­setzungen. Was aber können Philosoph:innen zu dem Thema beitragen? Sie verfügen zumeist weder über profunde klima­wissenschaftliche Expertise noch sind sie direkt in politische Entscheidungsprozesse eingebunden.

In den letzten Jahren ist die genuin ethische Dimension des Klimawandels ein kontroverser Gegenstand in der philosophischen Ethik geworden. Dabei ist prima facie nicht ohne weiteres klar, warum der Klimawandel ein Thema für die Ethik sein sollte. Geht es hier nicht in erster Linie um die Frage der Selbsterhaltung der Mensch­heit? Und ist Selbsterhaltung nicht eher eine Sache egoistischen Überlebensinteresses als ein ethisches Pro­blem? Auf den zweiten Blick zeigt sich indes, dass uns die Tatsache des Klimawandels nicht nur mit einem einzelnen, sondern mit einer Vielzahl ethischer Probleme konfrontiert. Der Explikation und der Diskussion dieser Pro­bleme ist das Seminar gewidmet.

Leitfragen sind dabei: Gibt es moralische Pflichten, aktiv etwas gegen den Klimawandel zu tun? Gelten ent­sprechende Unterlassungspflichten, z. B. das moralische Verbot, Tiere zu essen oder (mit CO2-erzeugenden En­er­giequellen) Flugreisen zu unternehmen, Auto zu fahren oder Häuser zu beheizen? Welche Rechte haben zukünftige Generationen und inwiefern erlegt uns der Klimawandel deshalb Verpflichtungen auf? Welche Ver­pflichtungen zur Umverteilung ergeben sich aufgrund von Normen der globalen Gerechtigkeit? Wer muss eigentlich genau was tun – in einer Situation, in der (a) verschiedene Menschen(gruppen) in unterschiedlichem Maß zur Verursachung des Klimawandels beitragen und (b) es viele Menschen gibt, die nicht in der Lage oder die nicht bereit sind, irgendetwas gegen den Klimawandel zu tun?

Gerade wenn es ums Klima geht, herrscht an moralischen Forderungen und vehement vorgetragenen Impera­tiven kein Mangel. Das ist kein Wunder. Moralische Forderungen sind schnell aufgestellt; sie in philosophisch angemessener Weise zu reflektieren und zu begründen, ist dagegen schwieriger und manchmal ein verwickeltes und langwieriges Geschäft. Diesem Geschäft werden wir uns im Seminar zuwenden. Wir werden einschlägige philosophische Beiträge zur Ethik des Klimawandels lesen, diskutieren und kritisieren.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2020