Die mittelalterlichen jüdischen Gemeinden von Mainz, Worms und Speyer (hebräisch: Kehillot Schum, Schumgemeinden) bildeten die Muttergemeinden der aschkenasischen (nordeuropäischen jüdischen) Zivilisation und sind als die Wirkungsstätten berühmter jüdischer Gelehrter bis heute im Judentum bekannt. Anhand von vier Fragestellungen möchte das Seminar einen Überblick zum Phänomen „Schumgemeinden“ vermitteln, ihre Funktion und Bedeutung für die jüdische Gemeinschaft, wie auch für die sie umgebenden christliche Mehrheitsgesellschaft erarbeiten. Ausgehend von der Entstehungsgeschichte der jüdischen Gemeinden im Kontext der drei genannten Kathedralstädte Mainz, Worms, Speyer, wollen wir uns zunächst mit den rechtlichen Verhältnissen und täglichen Miteinander von jüdischer und christlicher Gemeinschaft beschäftigen, zwischen bischöflichem Stadtherren und jüdischer Gemeindeführung, zwischen Bildungs- und Wirtschaftseliten der jüdischen und christlichen Gemeinde vor Ort. Um diese Fragen zu vertiefen, wollen wir uns der besonderen Verbundenheit der drei Städte Mainz, Worms und Speyer zuwenden. Hierbei sollen sowohl die Gemeindebünde auf christlicher Seite, als auch die besondere Verbindung der jüdischen Gemeinde untereinander näher untersucht werden, die sich vor allem in einem bekannten Text, den Rechtssatzungen (Takkanot) der jüdischen Gemeinden Mainz, Worms und Speyer wiederspiegelt. Dieser Text soll, als Quelle der Gemeindegeschichte, aber auch als sozialgeschichtliches Dokument gemeinsam gelesen werden. Dabei sollen verschiedene innerjüdische Themen und Fragestellungen vorgestellt und diskutiert werden. In einem vierten und letzten Schritt wollen wir uns mit der Wirkungsgeschichte der Schumgemeinden nach ihrem Niedergang im Spätmittelalter beschäftigen. Hierzu zählt die Idealisierung der drei rheinischen Gemeinden seit der frühen Neuzeit ebenso, wie die konkrete Wirkungsgeschichte von ihren Rechtssatzungen bis in die Rechtswirklichkeit im heutigen Judentum.

Ziele: Die Studierenden werden mit Quellen vertraut gemacht, die sowohl eine äußere wie auch eine innerjüdische Perspektive vermitteln. Gleichzeitig nimmt die Auseinandersetzung mit kulturellen Zeugnissen einen breiten Raum ein.

Bemerkung

Latein- oder Hebräischkenntnisse sind willkommen aber aber nicht Teilnahmebedingung. Jeder Studierende erarbeitet eine Präsentation, die im Laufe des Semesters vorgestellt wird (Thesenpapier 2-3 Seiten, 3 LP). Diese Präsentation muss am Ende des Semesters in schriftlicher Ausführung eingereicht werden (3 LP).

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2019/20