In einer von territorialherrschaftlichen, höfisch-adeligen und kirchlichen Strukturen geprägten Gesellschaft entstand mit den Städten seit um 1000 eine neue, alternative sozio-ökonomische und politische Ordnungsform. Geprägt von Handel, Handwerk und Kaufmannschaft, wurden Städte von den Fürsten privilegiert, weil sie als Marktorte, als Wirtschaftsfaktoren und Finanzplätze immer bedeutender wurden. Viele Städte erreichten einen ansonsten unbekannten Grad an rechtlicher Freiheit und Unabhängigkeit. Reichsstädte im römisch-deutschen Reich standen den übrigen Reichsständen gleich und nahmen an den Reichstagen teil. Neue Formen kirchlicher Gemeinschaften entstanden in den Städten, Universitäten wurden dort gegründet und eigene Formen kultureller Repräsentation entwickelt. Städte wurden zu Zentren des Wissens in der vormodernen Welt. Dennoch bleiben sie nicht frei von heftig ausgetragenen Konflikten, gegen fürstliche oder kirchliche Stadtherren, als Teilhabekonflikten um die politische Macht zwischen Handwerkern und Kaufleuten und in der Differenzierung sozialer Gruppen bis hin zu Ausgrenzungen und Verfolgungen vor allem der jüdischen Bevölkerung. Die Rechtsgemeinschaft der Bürger (Communitas civium) scheint in ihren Herausforderungen und Risiken erstaunlich modern zu sein, blieb aber Teil der ständischen Sozialordnung, wie sie in der Gesellschaft des Mittelalters dominierte.
- Lehrende/r: Martin Kintzinger