Im Rahmen dieser Quellenübung soll der NS-Staat aus einer neuen Perspektive betrachtet und die Familie als Medium zur Herstellung von Inklusion und Exklusion in den Blick genommen werden. Im NS-Staat wurde nicht nur durch die gezielte Förderung von deutschen „rassisch hochwertigen“ Familien Loyalität erzeugt (Ehestandsdarlehen, Wohlfahrtsleistungen, Transfers aus Judenmord und Besatzungspolitik), sondern „unerwünschte“ Familien gerieten unerbittlich in den Fokus von Verfolgung und Mordpolitik (Ghettoisierung, Ehescheidungen, Kindeswegnahme, Kindesmord, Euthanasie). Vor diesem Hintergrund fragt sich, welche Handlungsspielräume diese Familien und die einzelnen Familienmitglieder gegenüber den Maßnahmen des Regimes jeweils hatten, wie Rasse, Geschlecht und vielleicht auch Generation ihre Handlungsoptionen determinierten. Um dies herauszufinden, stehen sowohl für das Reich als auch für die besetzten Gebiete eine Vielzahl von Quellen zur Verfügung: Tagebücher, Feldpostbriefe, Berichte von Volkspflegerinnen der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt ebenso wie Gerichtsakten der Nachkriegsprozesse. Die Übung widmet sich diesen Quellen und schafft zugleich eine Grundlage über die wichtigsten historischen Interpretationen der Familie im NS-Staat anhand ausgewählter Sekundärliteraturtexte.


Semester: WiSe 2019/20