"Erschrekken Sie nicht, es läßt sich lesen" – so bereitete Heinrich seine Tante Marie von Kleist auf das ihr übersandte Drama "Penthesilea" vor. Und das war wohl auch nötig: Tränen, Entsetzen, Rührung waren die ersten Reaktionen des Publikums auf dieses ungeheuerliche Drama, an deren Ende die Protagonistin den Geliebten tötet und aufisst. Aber auch aufgrund seiner Sprache und seiner dramentechnischen Mittel ist das Stück radikal und sperrig. Und es muss wohl tatsächlich 'gelesen' – nämlich: laut vorgetragen – werden, um richtig verstanden zu sein. Als Gegenpol hat Kleist sein Drama "Das Käthchen von Heilbronn" bezeichnet. Beide Texte, aber vor allem "Penthesilea", sollen im Zentrum des Seminars stehen, das drei Ziele hat: 1) eine Sprach- und Dramenanalyse vorzunehmen und mit der Tragödientheorie in Beziehung zu setzen; 2) die Stücke im Hinblick auf die zeitgenössische Ästhetik, Bühnenpraxis sowie auf Prä- und Intertexte hin zu situieren; 3) die Lesbarkeit (bzw. Hörbarkeit) insbesondere des "Penthesilea"-Dramas als wesentlichen Rezeptionsmodus und hermeneutische Grundlage ernst zu nehmen und einzubeziehen.
- Lehrende/r: Britta Herrmann