David Hume (1711–1776) ist einer der bedeutendsten Denker der Philosophie der Neuzeit. Neben John Locke und George Berkeley wird er als der dritte große britische Empirist angesehen. Hume ist fasziniert von den Erfolgen von Newtons naturwissenschaftlichem und -philosophischem Programm und orientiert sich in methodologischer Hinsicht daran. Gegenüber der tradierten Metaphysik nimmt er eine dezidiert kritische Haltung ein und nicht selten wird er mit dem Attribut „Skeptiker“ charakterisiert. Die Dialoge über natürliche Religion sind Humes religionsphilosophisches Hauptwerk.

Aber was hat ein Denker dieses Zuschnitts zum Thema Religion beizutragen? Wider Erwarten stellen die Dialoge über natürliche Religion kein antireligiöses Pamphlet dar; sie bieten vielmehr eine differenzierte Untersuchung zu der Frage, ob uns allein die Vernunft schon Gründe für ein religiöses Weltbild liefert. Hume untersucht, inwiefern religiöse Phänomene ohne Rekurs auf übernatürliche Erkenntnisquellen (wie Offenbarung) und allein auf der Grundlage natürlicher Erkenntnisquellen (wie die Erfahrung der Ordnung der Welt) erkannt werden können. In seinen Dialogen lässt Hume einen Skeptiker, einen Christen und einen Vertreter einer natürlichen Theologie in der Tradition Newtons miteinander diskutieren. Erst im letzten Absatz des Werks gibt er einen vorsichtigen Hinweis darauf, welchem der Diskutanten am ehesten seine Sympathie gilt. Über weite Strecken des Werks werden jedoch von allen drei Diskussionsteilnehmern starke Vernunftgründe für und wider die Religion vorgebracht, präzisiert und kritisiert – ohne dass immer ausgemacht wäre, wer nach Auffassung des Autors Recht hat. Diese dialogische Struktur und die argumentative Klarheit, mit der Hume seine Diskutanten miteinander streiten lässt, machen die Dialoge auch heute, 240 Jahre nach ihrer Publikation im Jahr 1779 zu einem Leseerlebnis.

Als Textgrundlage werden wir nebeneinander den englischen Originaltext, der in vielen günstigen Ausgaben greifbar ist, und die neue deutschsprachige Übersetzung von Lothar Kreimendahl verwenden. Im Seminar wollen wir Humes Dialoge gewissenhaft studieren und gemeinsam diskutieren, inwiefern Humes Argumente für einen vernunftbasierten Zugang zur Religion heute zu überzeugen vermögen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2019/20