Das Spätmittelalter brachte das Bewusstsein hervor, dass der Mensch innerhalb der von Gott geordneten Welt einen Freiheitsraum hat, den er gestalten kann und muss. Die Renaissance der antiken Kultur in Wissenschaft, Technik und Kunst prägten das 15. Jahrhundert. Pico della Mirandolas Schrift von der Würde des Menschen (1496) ist für uns heute eine Grundschrift dieses neuen Lebensgefühls und dieser neuen Welterfahrung. Der Mensch ist von Gott in die Freiheit seines Lebens gesetzt. Diese Freiheit kann und muss er gestalten. Das war gegenüber dem Hochmittelalter völlig neu. Mit diesem Lebensgefühl stand aber eine sehr zentrale Frage im Raum: Wie verhält sich Gott zu dieser Freiheit? Hat er den Menschen in diese Welt entlassen, in der der Mensch nun nach den Prinzipien des Evangeliums leben soll? Oder ist Gott wie auch immer in dieser Welt da und will dem Menschen begegnen und ihm seinen Willen mitteilen? Am Beginn des 16. Jahrhunderts passte die Frömmigkeit des Mittelalters nicht mehr zu dem Menschen, der über sich selbst hinausgewachsen war. Aber wie sah eine Frömmigkeit für die neue Zeit aus? Die Vorlesung möchte einige der spirituellen Denkerinnen und Denker, die sich diesen Fragen widmeten, und Bewegungen, die diese neue Zeit hervorbrachte, vorstellen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2019/20