Was ist Apokalyptik? Ein schillernder Begriff, der hohe Aufmerksamkeit erregt und doch häufig diffus verwendet wird. Zwischen dem 4. Jh. v. Chr. und dem 2. Jh. n. Chr. entstehen im Judentum Texte, die unter Zuschreibung an Idealgestalten jüdischer Tradition jenseitiges Wissen vermitteln („Apokalypsen“). Dieses betrifft v.a. die Erklärung gegenwärtigen Unheils und seine eschatologische Überwindung (Collins). Die Produktion von Apokalypsen erfolgt im Kontext bestimmter Tradentenkreise, die als „Apokalyptik“ (engl. „apocalypticism“) bezeichnet werden können. Apokalyptische Eschatologie gibt es jedoch auch sozial außerhalb dieser Tradentenkreise und literarisch außerhalb der Apokalypsen. Die Vorlesung beleuchtet die historischen Umstände des Entstehens, Blühens und Vergehens der Apokalyptik. Sie erörtert das Verhältnis zur Prophetie und zur Mystik. Sie führt ein in grundlegende Texte der Apokalyptik, wie das Wächterbuch (1 Hen 6–36) aus der Anfangszeit der Apokalytik, Dan 7–12, das Buch der Traumgesichte mit der Tierapokalypse (1 Hen 83–90), die Epistel Henochs mit der Zehnwochenapokalypse (1 Hen 91–104) sowie einige apokalyptische Texte aus Qumran, bis hin zu 4 Esra und 2 Baruch am Ende des 1. Jh. n. Chr. und einigen Apokalypsen aus der jüdischen Diaspora. Zum Abschluss wird die Bedeutung der Apokalyptik für Jesus, Paulus und das weitere frühe Christentum (v.a. Johannesoffenbarung) erörtert.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2019/20