Sozialisation ist mehr als nur ein Wechselspiel zwischen Individuum und Gesellschaft. Sozialisation ist fortwährende Beziehungspraxis und gestaltet sich im Miteinander- (Zwischenmenschlichen) und Zwischensein zur eigenen (sozialen) Umwelt. Dabei sind es erst einmal soziale Interaktionen, die als "gegenseitiger Austausch", Beziehungen konfigurieren. Familiale, partnerschaftliche, Peer-Group, kurz intime Beziehungen im engeren Sinne schaffen einen Ort der Zuneigung sowie individueller Öffnung und Schließung, mehr noch: einen Rückzugsort gelebt durch Intimitäten, Nähe und Distanz. Es sind Beziehungen dieser Art, die sowohl den einzelnen Menschen in seiner persönlichen Entwicklung und Wahrnehmung – Ontogenese – prägen, als auch gleichzeitig das Fundament darstellen, wie wir uns als Menschen im Austausch mit ande-ren verhalten und zu verhalten haben – Soziogenese. Wenn Individuen mit ihren persönlichen Erfahrungen zusammenkommen, werden Sie im Miteinandersein gefordert, indem sie gegenseitige Differenzen sowie Ambivalenzen und Konflikte aushandeln. In gravierenden Fällen kommt es bei diesen Aushandlungsprozes-sen zu Gewalt, wenn Stärken und Schwächen in Form von verbalen und/oder körperlichen Machtspielen gegenseitig ausgetragen werden. Dabei erscheint es für Außenstehende ambivalent, dass gerade dem Men-schen, dem sich physisch und psychisch nahe gefühlt, ebenso physischer und psychischer Schaden zugefügt wird. Im Seminar werden erst einmal aus sozialisatorischer Perspektive soziale Beziehungen durchleuchtet, um das zwischenmenschliche und daher spannungsgeladene Verhältnis zu untersuchen. Dafür werden Soziali-sationstheorien diskutiert, um anschließend den Versuch zu unternehmen, Gewalt als Begriff und in seiner Vielfältigkeit (soziologisch) zu erfassen. Das Ziel des Seminars besteht darin, aus den behandelten Sozialisationstheorien und Gewaltverständnissen ein eigenes reflektiertes Verständnis zu entwickeln, das zudem ermöglicht, Beziehungen und Gewalt kontextabhängig und anwendungsorientiert in ihren unterschiedlichen Ausprägungen zu deuten. Benotete und unbenotete Leistungen sind sowohl schriftlich (Hausarbeit, Essay), als auch mündlich (Präsentation) möglich. Die nötige Literatur wird im Seminar besprochen und erarbeitet.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2019/20