Der Kurs behandelt theoretische Debatten zum Konzept von Global Governance in den Internationalen Beziehungen, welche Fragen der (globalen) Regierbarkeit unterschiedlicher Handlungsfelder in den Fokus rücken. Governance beschreibt die Steuerung von Handlungen und Prozessen im Bereich öffentlicher Angelegenheiten welche auf festen Regeln, Ordnungen oder Regulierungsmechanismen basiert sowie hierarchieförmig, marktförmig oder netzwerkförmig ausgeprägt sein kann. Der Governance-Begriff ist dabei nicht ausschließlich technisch zu verstehen; er ist insofern stets normativ, da angewandte Mechanismen und Steuerungslogiken spezifischer Governance-Modelle auf den Interessen und Wertvorstellungen verschiedener Akteure basieren. Governance-Prozesse sind damit sowohl im Kontext ihrer Problemlösungskapazität, der (un)intendierten Effekte des Regierens, der Auswirkungen der Globalisierung auf die Transformation von Governance-Prozessen, und wechselnder Akteurskonstellationen (Rolle staatlicher und nicht-staatlicher Akteure) zu analysieren.

Inhaltlich beschäftigt sich das Seminar mit einem spezifischen Feld der globalen Umweltpolitik: der „Waste Governance“, der politischen Steuerung, Kontrolle und des Managements globaler Abfallströme und sozio-ökonomischer Verschwendungs­praktiken. Die Produktion und Distribution von Müll, Abfall und sonstigen materiellen Restbeständen resultieren gegenwärtig in immensen grenzüberschreitenden sozialen, ökonomischen und ökologischen Problemlagen, welche politische Lösungsansätze auf verschiedenen Ebenen notwendig machen, darunter die Verschmutzung der Ozeane durch (Mikro-)Plastikmüll, die Bildung sogenannter „Slumscapes“ in Städten wie Buenos Aires oder Rio de Janeiro, der Handel mit nuklearen Abfällen, oder die Auswirkungen der globalen Nahrungsmittelverschwendung. Die meisten dieser Ströme unterliegen spezifischen Regulierungsanforderungen: „food waste“, „e-waste“, „plastic waste“, „nulcear waste“, „textile waste“ und weitere sind Bestandteil dezidierter Governance-Strukturen, welche unterschiedliche Akteure, Normen und Wissensbestände verbinden. Viele dieser Prozesse verlaufen zudem asynchron zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden (in dem Sinne, dass „waste flows“ häufig von Nord nach Süd führen) und verknüpfen dadurch Fragen globaler Gerechtigkeit und struktureller Ungleichheit mit bestehenden Governance-Ansätzen.

Die zunehmende Komplexität dieser Waste-Problematiken macht eine interdisziplinäre Perspektive notwendig, da Fragen der politischen Regulierung, Steuerung und Legitimation (Politikwissenschaft) von Waste aufs Engste mit Effekten auf die natürliche Umwelt (Naturwissenschaften), den Auswirkungen auf den menschlichen Organismus (Medizin), deren globale Verbreitung (Geographie), den gesellschaftlichen Umgang (Soziologie) sowie Maßnahmen der Wertschöpfung (Wirtschaftswissenschaften) verbunden sind. Diesen Herausforderungen will sich das Seminar stellen, indem die Studierenden gemeinsam eine Forschungsagenda erarbeiten, wie diese Zusammenhänge angemessen untersucht werden können.

 

Leistungsanforderungen

Regelmäßige Lektüre der weitestgehend englischsprachigen Referenztexte und deren systematische Vorbereitung für die Diskussion im Seminar werden vorausgesetzt. Zentrale Ziele des Seminars sind, neben der Vermittlung inhaltlicher Kenntnisse, das Erlernen des Umgangs mit (englischsprachigen) wissenschaftlichen Texten sowie die begründete, theoriegeleitete Diskussion politikwissenschaftlicher Untersuchungs­gegenstände. Das Seminar legt zudem einen Schwerpunkt auf die Erarbeitung von Forschungsdesigns in der Politikwissenschaft.

Studienleistung:

Mitarbeit in einer themenspezifischen Forschungsgruppe; Vorstellung von Gruppenergebnissen zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Laufe des Semesters (nähere Informationen in der ersten Sitzung).

Prüfungsleistung:

Erarbeitung eines Forschungs-Dossiers (Hausarbeit) zu „Global Waste Governance and Politics“ (nähere Informationen in der ersten Sitzung).

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2019/20