Das JohEv ist ein überaus anspruchsvolles Buch. Es ist zugleich ein Meisterwerk der Weltliteratur, ein überaus komplexes theologisches Gebilde, eine dramatische und dramaturgische Erzählung, die sich seit den Tagen der Alten Kirche einer großen Beliebtheit erfreut und bis heute nichts von ihrer Frische verloren hat. Der Johannesevangelist gilt als Erster der Evangelisten, der maßgeblich seinen eigenen Christusglauben in sein Werk hat einfließen lassen. Zugleich ist das JohEv nach wie vor ein Geheimnis. Die These, die der streitbare wie auch leidenschaftliche Tübinger Johannesforscher E. Käsemann in den 1960er Jahren vorgelegt hat, ist bis heute gültig geblieben: „Das Evangelium ist im Ganzen historisch noch immer ein Rätsel, und alle Erhellung des Details hat daran kaum etwas geändert.”Zielsetzung der Vorlesung im SoSe 2019 ist es, ein wenig Licht auf dieses Rätsel zu lenken, ohne den Anspruch erheben zu wollen, es lösen zu können. Nach einer gründlichen einleitungswissenschaftlichen Verortung (wo ist das JohEv auf der „Landkarte” der urchristlichen Literatur eigentlich zu verorten?), werden einige christologische hochstehende Perikopen – darunter auch der johanneische Prolog – einer gründlichen Interpretation zugeführt. Leitfrage der Exegese ist die  Spannung johanneischer Christologie und Offenbarungstheologie, in der der Mensch Jesus von Nazareth als der „Exeget Gottes” schlechthin präsentiert wird.

Semester: SoSe 2019