Wie viele Morde werden jedes Jahr in Deutschland verübt, wie wahrscheinlich ist es gar, selbst Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden und wie viele Menschen arbeiten als Polizisten, um diese Verbrechen zu verhindern oder zumindest aufzuklären? Mit welchem Risiko sind bestimmte medizinische Eingriffe, etwa aus dem Bereich der Schönheitschirurgie, verbunden? Und würden Menschen, die seit Jahren regelmäßig Krimis wie den „Tatort“ und Arztserien wie „Grey’s Anatomy“ oder „Emergency Room“ konsumieren diese Fragen anders beantworten als solche die nur selten oder gar nicht fernsehen oder Inhalte über Online-Streamingdienste konsumieren? Die Kultivierungstheorie versucht insbesondere auf die letzte Frage eine Antwort zu geben.

Grundgedanke dieser Theorie langfristiger Medienwirkungen ist, dass Menschen einen Großteil ihrer Erfahrungen aus Medieninhalten, insbesondere aus der Fernsehwelt, ziehen und ihre Realitätsvorstellungen aus den dort gezeigten Versionen von Realität konstruieren. Die Kernhypothese der Kultivierungstheorie besagt, dass so genannte Vielseher die Welt eher so wahrnehmen, wie sie im Fernsehen und anderen Medien dargestellt wird, während Wenigseher in ihren Realitätseinschätzungen den tatsächlichen Gegebenheiten näher kommen.

Im Seminar soll diese Grundidee zunächst herausgearbeitet und anschließend erweitert werden. Dazu werden die Forschungsmethoden ebenso kritisch betrachtet wie intervenierende Variablen und das Internet als neues Medium, dessen Inhalten ebenfalls ein Kultivierungspotential zugeschrieben wird und das zugleich die Mediennutzungsgewohnheiten der Rezipienten verändert. Dazu sollen zunächst ausgewählte empirische Studien zum Forschungsgegenstand rezipiert werden. In einem zweiten Schritt soll von den Studierenden eine eigene Kultivierungs-Fragestellung entwickelt und am Forschungsstand und unter Einbezug von Sekundärdaten erprobt werden. Diese Schritte dienen bereits als Vorarbeit für die Prüfungsleistung des Seminars.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2019