Die Mystik, das Streben nach individuellem Kontakt zum Göttlichen und der beschwerliche innere Aufstieg der Seele zur Vereinigung mit Gott – der unio mystica – ist seit der Spätantike eines der vorwiegenden theologischen Probleme verschiedenster Religionen. Jedoch ist Mystik nicht gleich Mystik.

Das Seminar wird sich mit diesem Thema sowohl aus einer begriffsgeschichtlichen als auch aus einer diskursiven Perspektive befassen und hat das Ziel, die vielen verschiedenen Facetten des (christlichen) Mystik-Begriffs vom Mittelalter bis zur Neuzeit aufzuzeigen; dabei sollen gerade auch seine stetigen Veränderungen in den Blick genommen werden. Im Verlauf des Semesters werden mittelalterliche Schriften (Traktate, Predigten, Viten), die die Bedingungen einer mystischen Gottesschau theoretisch reflektieren oder sogar von ganz konkreten Begegnungen mit Jesus, Maria u.a. berichten, mit ausgewählten Texten der klassischen Moderne (um 1900) kontrastiert. Vor diesem Hintergrund sollen in der Seminardiskussion sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die grundlegenden Unterschiede dieser Texte in den Blick genommen werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragen, mit welchen literarischen Mitteln mystische Texte arbeiten, welche kulturellen und diskursiven Funktionen sie im Laufe der Jahrhunderte einnehmen und welchen Zweck die Mystik im Wandel der Zeit somit erfüllt.

Die Lektüreauswahl schließt u. a. Texte von Bernhard von Clairvaux, Mechthild von Magdeburg, Adelheid Langmann, Friedrich Nietzsche, Robert Musil und Rainer Maria Rilke mit ein; eine genaue Lektüreliste wird in der ersten Sitzung ausgehändigt.

Die Bereitschaft zu umfangreicher und intensiver Lektüre wird vorausgesetzt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2019