Folgt man Habermas, bildet die normative Verpflichtung von Kommunikationsteilnehmern auf den Geltungsanspruch der Wahrheit den zentralen Kitt menschlicher Gesellschaft: Wir können nur (manchmal) erfolgreich lügen, weil wir im Normalfall selbstverständlich davon ausgehen, dass Sprache zum Sagen der Wahrheit benutzt wird. Wenn wir davon ausgehen müssten, dass Sprecher nur ausnahmsweise mal die Wahrheit sagen, sonst aber lügen, wäre Kommunikation sinnlos, Demokratie wohl unmöglich und schon der Alltag nicht mehr zu bewältigen. Trotzdem aber scheinen immer größere Teile moderner Gesellschaften Lust darauf zu haben, sich belügen zu lassen, und das nicht nur in den USA. „Das ist so entspannend, weil ich mich dann nicht mit der Realität beschäftigen muss”, so eine Studentin im ersten Semester. Geht hier das Abendland unter oder nehmen Teile der Gesellschaft gerade nur eine Auszeit von den Anstrengungen der Auseinandersetzung mit den Fakten? Ist das eine veritable Krise der Demokratie oder ganz im Gegenteil Zeichen einer krisenfreien Zeit, in der Wahrheit gerade nicht so wichtig ist? Aber was wäre, wenn eine größere Krise ausbräche? Welchen Medien würden wir vertrauen, wenn wir (wieder) vertrauen müssten? Genug Fragen für ein Befragungsprojekt zu den Einstellungen von Medienrezipienten zu Wahrheit und Lüge in Zeiten der Ruhe und Zeiten der Krise.

Leistungsanforderung:
Mitarbeit im Projekt, Projektbericht

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2019