Die Weimarer Republik steht schon seit langem im Fokus der öffentlichen Erinnerungskultur. Dies ist nicht allein der Vielzahl geschichtswissenschaftlicher Beiträge zu den rund 14 Jahren der ersten deutschen Demokratie zu verdanken, sondern gerade in der jüngsten Vergangenheit der Verdienst populärer Medien, von den Kriminalromanen Volker Kutschers bis hin zu deren erfolgreicher Verfilmung, der Serie Babylon Berlin. Bücher wie Serie folgen den Abenteuern des Kriminalpolizisten Gereon Rath und seiner Kollegin Charlotte Ritter im Berlin der ‚goldenen Zwanziger‘, einem Schmelztiegel von Vergangenheit und Moderne, einem Moloch aus Lebensfreude, Armut, Sex und Gewalt. Vor allem die Figur der ‚Charly‘ Ritter verkörpert als Prototyp der sogenannten ‚Neuen Frau‘ die Fortschrittlichkeit dieser neuen Zeit.

„Ein großes Reich herrlicher Möglichkeiten erschließt sich uns“, jubelte auch die, nicht fiktive, sondern historische Frauenrechtlerin Gertrud Bäumer anlässlich der Chancen, die die neue Staatsform der Demokratie und die Einführung des Frauenwahlrechts allen Frauen zu versprechen schien. Eine Hoffnung, die gerade zu Beginn der Weimarer Republik von vielen Frauen aller Gesellschaftsschichten geteilt wurde. Doch inwieweit und für wen konnten sich diese Erwartungen am Ende erfüllen? Welchen Widerständen sahen sich um die Sicherung und Erweiterung ihrer Rechte kämpfende Frauen gegenüber? Und hatte ‚Charly‘ Ritter reale historische Vorbilder?

All diesen und noch vielen weiteren Fragen soll die geplante Übung auf der Grundlage der vorliegenden Literatur, vor allem aber des umfangreichen Quellenmaterials, das die ‚erste Frauenbewegung‘ und ihre Zeitgenossen hinterlassen haben, auf den Grund gehen. Ebenso werden aktuelle theoretische Ansätze der Frauen- und Geschlechtergeschichte sowie neueste historische Forschungen zur Weimarer Republik Beachtung finden.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2019