„So viel Geschichte wie heute war nie ...“ Mitunter ist auch die Rede von einer Vergangenheitsbesessenheit unserer Gegenwart. Und in der Tat: Geschichte scheint derzeit allgegenwärtig. Historische Jubiläen haben Konjunktur. Auf die Lutherdekade folgt das Bauhausjubiläum. Historische Ausstellungen und Museen erfreuen sich steigender Besucherzahlen. Im Fernsehen prägen historische Dokumentationen und Spielfilme das Programm. Und mit Geschichte wird Politik gemacht. So sucht die AFD die Grenzen des Sagbaren im Umgang mit dem Holocaust zu verschieben und spricht vom Renovierungsbedarf deutscher Erinnerungskultur. Ebenso bewegt der Streit um die Deutung der Vergangenheit BürgerInnen in Städten und Gemeinden – dies zeigen anhaltende Debatten um Straßenumbenennungen. Mit Geschichte wird jedoch nicht allein Bildung betrieben und Politik gemacht, sondern auch Geld verdient. Insofern sind Mittelalterfeste, Museumsevents oder die Ampelmännchen-T-Shirts Hinweise auf einen ständig wachsenden Geschichtsmarkt.

Wie lassen sich diese durchaus heterogenen Phänomene des öffentlichen Umgangs mit Geschichte systematisch beschreiben? Welche Funktion hat Geschichte in der Lebenswelt? Mit dem Konzept der Geschichtskultur soll im Rahmen der Vorlesung diesen Fragen nachgegangen werden. Ausgehend von der theoretischen Profilierung der Konzepte Geschichtskultur und Erinnerungskultur werden zentrale Institutionen (Museum, Archiv) und Medien (Film, Denkmal, Gedenktage) der Geschichtskultur vorgestellt. Darüber hinaus sollen in exemplarischen Zugriffen die sich wandelnden Konstruktionsmuster geschichtskulturellen Sinns analysiert werden.

HistorikerInnen und GeschichtslehrerInnen sind Akteure im Feld der Geschichtskultur und daher ist die theoretische Auseinandersetzung mit Struktur und Funktion des öffentlichen Umgangs mit Geschichte grundlegend.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2018/19