Schaut man in die Publizistik der 1950er Jahre, dann war der Nationalsozialismus eine „gottlose Zeit“ – und das Gegenrezept war die Rechristianisierung. Schaut man hingegen in das politische, das religiöse, aber auch das weltanschauliche Feld der 1930er Jahre, dann tummeln sich dort die verschiedensten religiösen und religiös inspirierten Gruppen: Nicht nur die Kirchen und traditionellen „Religionsanbieter“, sondern auch Deutsche Christen und Bekennende Kirche, völkische Gruppierungen und verschiedene Ausformungen der NS-Bewegung selbst versprachen Lebensorientierung und Sinndeutung, die weit über das Jetzt hinausgingen. Im Gegensatz zur Nachkriegsdeutung also wollen wir die 1930er und 1940er Jahre als eine Phase hoher religiöser Energie und Deutungskämpfe untersuchen. Wo grenzten sich die traditionellen Religionen von der NS-Bewegung ab, wo gab es Überschneidungen, gemeinsame Ziele und ein Potenzial für die politische Mobilisierung? In einem ersten Schritt werden wir Konzepte von Religion, Weltanschauung und politischer Religion klären, um dann auf verschiedenen Ebenen das Interagieren der einzelnen Akteure und Akteursgruppen in den Blick zu nehmen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2018/19