Blickt man auf die literaturwissenschaftliche Forschung zur Satire fällt auf, dass – von wenigen Ausnahmen abgesehen – Autorinnen darin keine Rolle spielen. Eine satirische Haltung oder Einstellung zur Welt und sich selbst, so die weit verbreitete Überzeugung, ist dem männlichen Geschlecht vorbehalten. Dies liegt nicht an fehlenden Beispielen, sondern vielmehr an wirkungsmächtigen Ausgrenzungsmechanismen, denn Autorinnen erfahren eine doppelte Abwertung: durch ihr Geschlecht und dem damit zusammenhängenden Vorurteil der Humorlosigkeit. Dabei sind diese Diskurse keine Erfindungen neueren Datums sondern literaturgeschichtlich verankert. Bereits im frühen 18. Jahrhundert beginnen Autorinnen Satiren zu schreiben: Während beispielsweise Christiana Maria von Ziegler (1695-1760) und Sidona Hedwig Zäunemann (1714-1740) gesellschaftskritische Scherzgedichte verfassen, nutzt Luise Gottsched (1713-1762) die Theaterbühne für ihre satirischen Komödien. Aufgrund ihrer jeweils exponentiellen Position für eine Tradition satirischer Schreibweisen sind die Texte im Hinblick auf u.a. folgende Fragen zu analysieren: Welches Verständnis von Satire liegt den Texten zugrunde? Wie schreiben sich die Autorinnen in bestehende Gattungsdiskurse ein? Lässt sich möglicherweise eine gattungsübergreifende ‚weibliche‘ Spezifik herausarbeiten? Damit einher gehen die grundlegenden Argumentations- und Rezeptionsstrukturen, die bis heute die Diskurse um Satire von Frauen determinieren. Es gilt also die Situation schreibender Frauen in dieser Epoche, die sowohl für die literaturhistorische Bewertung der Texte und ihrer Autorinnen als auch der darin enthaltenen Kritik an gesellschaftlichen Strukturen von Interesse sind, nachzuvollziehen. Damit erfolgt ein doppelter Zugriff: Der Satirebegriff wird sowohl in historischer als auch systematischer Perspektive im Hinblick auf genderspezifische Fragestellungen diskutiert.
- Lehrende/r: Britta Herrmann
- Lehrende/r: Vera Mütherig