Das Konzept der Wortsprachen und Silbensprachen wird u.a. verwendet, um grundlegende Sprachwandelerscheinungen, die sich in der deutschen Sprache seit dem Althochdeutschen vollzogen haben, zu erfassen. Der Grundgedanke dabei ist, dass sich das Deutsche von einer Sprache, in der Silben die Grundeinheit darstellten, zu einer ortorientierten Sprache entwickelt hat. Während Silbensprachen dazu tendieren, Sprachwandelprozesse zur Optimierung von Silbenstrukturen und Silbengrenzen zu nutzen, profilieren Wortsprachen die größere Einheit des Wortes (im Deutschen ist dies in der Regel mit einem trochäischen Fuß gleichzusetzen), d.h. dass u.a. der betonte Wortstamm gegenüber Prä- unf Suffixen herausgestellt wird und die Grenzen des Wortes (oft zum Schaden der Silbengrenzen) besonders hervorgehoben werden.

Das Konzept der Wort- und Silbensprachen ist aus Sicht der Sprachwandelforschung deshalb besonders bemerkenswert, weil es als ein übergeordnetes Prinzip verstanden werden kann, unter dem eine ganze Reihe unterschiedlicher Sprachwandelprozesse subsummiert werden kann, die gleichgerichtet sind. Dies ist für eine grundlegende Sprachwandeltheorie besonders bedeutsam. Außerdem lässt sich das Konzept als ein universales in dem Sinne verstehen, dass es nicht nur Sprachwandel im Deutschen zu erklären in der Lage ist, sondern auch in anderen Sprachen, besonders in den nahe verwandten und typologisch ähnlichen Sprachen Englisch, Niederländisch und Niederdeutsch. 

Im Seminar werden wir uns zunächst dem Konzept selbst nähern, um dann mit einem Schwerpunkt auf der deutschen Sprache konkrete Wandelphänomene zu beleuchten. Anschließend werden wir auch einen Blick in andere Sprachen werfen.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2018/19
ePortfolio: No