Extraversions-Fragebögen, Klassifikationssysteme psychischer Störungen, Prä-Post-Vergleiche von Depressionswerten - die gesamtgesellschaftliche Tendenz zur Quantifizierung sozialer Prozesse und Lebensbereiche scheint in den letzten Jahrzehnten auch auf die akademische Psychologie übergegriffen zu haben. Im wissenschaftlichen Diskurs dominiert der quantitativ-empirische Zugang zu psychischen Phänomenen, sei es im sozial-, entwicklungs- oder klinisch-psychologischen Bereich.

Welche erkenntnistheoretischen Prämissen liegen einer solchen am Empirismus orientierten wissenschaftlichen Psychologie zugrunde? Mit welchen Modellen und interdisziplinären Verknüpfungen arbeitet diese Psychologie? Welche Verengungen erfährt ihr Gegenstandsbereich möglicherweise durch die strikte Forderung nach der Operationalisierbarkeit und empirischen Abbildbarkeit ihrer Begriffe?

Welche (gesellschaftlichen) Ursachen und Auswirkungen hat das in der klinischen Psychologie herrschende Verständnis von Normalität, Pathologie und Psychotherapie? Diesen und ähnlichen Fragen möchten wir in unserem Arbeitskreis nachgehen, indem wir in möglichst interdisziplinärer Konstellation gemeinsam Literatur zur Philosophie der Psychologie lesen. Dabei werden wir immer auch danach fragen, inwiefern wissenschaftliche Entwicklungen ein Spiegel gesellschaftlicher Prozesse sind, und mithilfe einiger Texte aus der kritischen Theorie den Empirismus als ein "Symptom" einer bestimmten gesellschaftlichen Situation kritisch reflektieren.


Semester: Semesterunabhängig