In dem aktuellen medialen ‚Hype‘ um die Geschichte von „1968“ 50 Jahre danach hat speziell die psychiatriegeschichtliche Bedeutung der damaligen Ereignisse bislang kaum eine Rolle gespielt. Dabei hat der gesellschaftliche Auf- und Umbruch im Übergang von den 1960er zu den 1970er Jahren auch einen grundlegenden langfristigen Klima- und Strukturwandel im Umgang mit seelisch Kranken angestoßen. Es erschienen die Klassiker von Klaus Dörner („Bürger und Irre“), Michel Foucault („Wahnsinn und Gesellschaft“) und Erving Goffman („Asyle“). In Heidelberg bildete sich das weithin beachtete und heftig umstrittene „antipsychiatrische“ Sozialistische Patientenkollektiv (SPK). Vor allem aber formierte sich jetzt (im Zeichen der vom deutschen Bundestag eingesetzten „Psychiatrie-Enquete“) erstmals auch eine breite Reformbewegung zur Überwindung der rückständigen inhumanen „Verwahr-Psychiatrie“.

Drei ‚Kräftefelder‘ traten in ein spannendes dynamisches Wechselverhältnis: die Psychiatrie (als Institution und Profession), ihr allgemeines politisch-gesellschaftliches Umfeld sowie die antiautoritären Programme und Aktionen der 68er Protestbewegung. Dieses dynamische Ineinandergreifen möchte die Übung herausarbeiten. Ziel ist auch ein besseres Verständnis der historischen und aktuellen Besonderheiten im Handlungsfeld der „mental health care“.

Arbeitstechnisch soll sich in jeder Sitzung ein einführendes Überblicks-/Kurzreferat mit der gemeinsamen Diskussion ausgewählter Schrift- und Filmquellen verbinden. Ein Leistungsnachweis kann durch einen Essay erworben werden. Die Veranstaltung wird über „Learnweb“ online begleitet. Zu Beginn erfolgt auch die Bereitstellung einer Auswahlbibliographie zum Thema.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2018/19