Die Gemeyne Bicht des Daniel von Soest schildert in satirischer Überzeichnung Szenen aus der Soester Reformation. Der Titel knüpft an die Tradition einer allgemeinen Beichte an, einem im Gottesdienst von der Gemeinde gemeinsam gesprochenen Sündenbekenntnis. Die auftretenden Figuren des Spiels sind leicht als die Vertreter der reformatorischen Seite zu identifizieren. Sie werden als durchtriebene, nur auf den eigenen Vorteil bedachte und gotteslästerliche Menschen gezeichnet. Die handelnden Personen werden geschickt mit auffälligen äußeren Merkmalen oder körperlichen Gebrechen in Verbindung gebracht, so dass das Stück für die Gegner der Reformation einen beträchtlichen Unterhaltungswert gehabt haben dürfte. Hinzu kommen mehrere Lieder, die zum Teil auf weithin bekannte Melodien gesungen werden konnten. Die Gemeyne Bicht war ganz gewiss ein populärer Text. Bereits vor der Drucklegung (Köln 1539) war er auch schon außerhalb Soests bekannt. Der Text steht durchaus in dramatischer Tradition, wird in der Forschungsliteratur aber auch als „Buchkomödie” bezeichnet. Die in den Text eingestreuten Lieder fügen sich in die Tradition der Fastnachtspiele und des Reformationsdramas. Szenische Darbietungen der Gemeynen Bicht sind nicht nachgewiesen.

Im Seminar sollen literaturwissenschaftliche und linguistische Zugänge zum Text geschaffen werden. Dabei wird es einerseits um gattungsspezifische Merkmale und literarische Traditionen, anderseits um Besonderheiten der spätmittelalterlichen westfälischen Schreibsprache gehen. Darüber hinaus ist vorgesehen, arbeitsteilig eine Neuedition des Textes zu erstellen. Eine Lese-Fassung wird vorab erstellt und den Seminarteilnehmerinnen und –teilnehmern zu Beginn des Semesters über Learnweb zur Verfügung gestellt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2018/19
ePortfolio: No