Die Europäische Union hat ein Demokratiedefizit. Diese Aussage scheint so selbstverständlich, dass sie kaum der weiteren Erläuterung bedarf. Über den Kern des Demokratiedefizits lässt sich jedoch trefflich streiten: Fehlen der Europäischen Union schlicht die Voraussetzungen (lingua franca, gemeinsame Öffentlichkeit, geteilte Wertvorstellungen etc.), die es für die Etablierung einer Demokratie bedarf? Oder ist das politische System der EU zu stark auf Konsens, Aushandlung und Kuhhandel gepolt, sodass es für die Bürgerinnen und Bürger kaum mehr durchsichtig ist. Die EU hat sich selbst dieser Probleme angenommen. So wurde in den Vertragsreformen der letzten Jahrzehnte der demokratische Charakter der EU gestärkt. Deutlichstes Zeichen ist der Machtzuwachs des Europäischen Parlaments als direkt von den Bürgern gewählte Institution. Der Anteil von Richtlinien, die im Verfahren der Mitentscheidung unter maßgeblicher Beteiligung des Parlaments beschlossen wurden, hat deutlich zugenommen. Zudem bemüht sich die Europäische Kommission um eine Öffnung gegenüber der Zivilgesellschaft. Die Meinung der organisierten Interessen, aber auch des einzelnen Bürgers soll stärker in den politischen Prozess einfließen. Die frühzeitige Veröffentlichung von Gesetzgebungsvorhaben oder Konsultationsprozesse im Vorfeld von geplanten Regelungen sollen die EU gegenüber den Wünschen und Interessen der Bürger öffnen. Gleichwohl steht die demokratische Legitimität der Europäischen Union nach wie vor im Kreuzfeuer der Kritik.

Im Seminar lesen und diskutieren wir ausgewählte aktuelle Texte der Legitimitätsforschung und fragen nach Möglichkeiten zur Überwindung des Demokratiedefizits.

Neben europapolitischen Kenntnissen vermittelt der Kurs auch methodische Fertigkeiten, indem die Debattierkompetenz der Studierenden trainiert wird. In Kooperation mit dem Europaministerium des Landes NRW und den Universitäten Köln, Düsseldorf, Bochum, Siegen und Duisburg-Essen führen wir einen Debattierwettbewerb durch, auf den wir uns in mehreren Seminarsitzungen vorbereiten. Eingeübt werden verschiedene Debattierstile, die zunächst in einer Seminarsitzung mit einer Vertreterin der Staatskanzlei Düsseldorf angewendet werden.

Am 19. Januar findet dann an der Universität Duisburg-Essen eine eintägige Abschlusskonferenz statt, bei der die beteiligten Universitäten gegeneinander in einem Debattierwettbewerb antreten. Der Kurs wird durch Mittel der Staatskanzlei NRW gefördert.

 

 

Studien- und Prüfungsleistungen:

Als Studienleistung wird die Teilnahme am Debattierwettbewerb gefordert. Prüfungsleistungen können gemäß den Prüfungsordnungen der verschiedenen Masterstudiengänge erbracht werden.

 

 

Einführende Lektüre:

  • Cramme, Olaf/Hobolt, Sara B. (Eds.) (2015): Democratic Politics in a European Union under Stress. Oxford: Oxford University Press.
  • Kohler-Koch, Beate/Rittberger, Berthold (Eds.) (2007): Debating the Democratic Legitimacy of the European Union. London: Rowman & Littlefield Publishers.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2018/19