Arbeitsstelle für die Neuere Geschichte Großbritanniens und Commonwealth

Geschichte / Bibliothek / Aufgaben

Die Juniorprofessur ging hervor aus der Arbeitsstelle für die neuere Geschichte Großbritanniens und des Commonwealth. Diese birgt eine Spezialbibliothek zur britischen Geschichte. Gegründet wurde die Arbeitsstelle 1968 durch Prof. Dr. Gerhard A. Ritter zur Auswertung der am 01.01.1968 freigegebenen Akten der britischen Regierung und Ministerien für die Periode von 1916 bis 1937. Mit der Bereitstellung dieser neuen Quellenbestände verband sich die Hoffnung, nicht nur die Erforschung der britischen Geschichte, sondern auch der internationalen Beziehungen dieses Zeitraums, die bis dahin weitgehend auf die Verwendung deutscher, italienischer und amerikanischer Akten angewiesen war, auf eine neue Basis stellen zu können. Die Arbeitsstelle wurde in den ersten drei Jahren ihres Bestehens von der Geisteswissenschaftlichen Sektion der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften gefördert, anschließend teilweise von der Stiftung Volkswagenwerk.

Der Kernbestand der Arbeitsstelle besteht aus einem vollständigen (Mikrofilm-)Bestand der Protokolle des britischen Kabinetts für die Zeit von 1916 bis inzwischen 1945, ein Teil der dazugehörigen Kabinettsakten, der wichtigsten Kabinettbeschlüsse sowie der Akten verschiedener Ministerien. Dieser einzigartige Bestand hat die Arbeitsstelle zu einem Forschungszentrum zur britischen Geschichte gemacht.

Unter Leitung von Prof. Dr. Klaus Hildebrand wurde das Mikrofilmarchiv der Arbeitsstelle entsprechend der vom ihm bearbeiteten und betreuten Forschungsprojekte auf den Zeitraum 1865 – 1914 ausgedehnt. Dabei ging es um „Großbritannien und die Reichsgründung. Die deutsche Frage als Problem der britischen Weltpolitik 1848-1890“ und „Großbritannien und das Deutsche Reich am Vorabend des Ersten Weltkriegs 1890-1914“.

Zur Bearbeitung des Aktenmaterials wurde von Anfang an eine Spezialbibliothek (von inzwischen etwa 6000 Titeln) zur britischen Geschichte und zur Geschichte der internationalen Beziehungen im 20. Jahrhundert aufgebaut – durch den damaligen Assistenten von Prof. Ritter, Dr. Gustav Schmidt, nachmals Lehrstuhlinhaber für Internationale Politik an der Ruhruniversität Bochum. Unter Leitung von Prof. Dr. Klaus Hildebrand wurden diese Bestände auf das 19. Jahrhundert ausgeweitet. Die Bibliothek umfasst sowohl die Bereiche Innenpolitik, Verfassungs- und Parteigeschichte, Militaria, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte als auch Außenpolitik sowie Publikationen zur Geschichte des Empire/Commonwealth. Großer Wert wurde auf die Anschaffung von Quellenpublikationen, Parlamentsdrucksachen und regierungsamtlichen Material zur Ergänzung der verfilmten Aktenbestände gelegt. Darüber hinaus werden verschiedene, in Münster nicht vorhandene Fachzeitschriften zur britischen Geschichte bezogen und laufend fortgeführt.

Im Rahmen der verschiedenen Forschungsprojekte entstanden Dissertationen, Aufsätze, Habilitationsschriften und Monografien, die überwiegend aus den Quellenbeständen und mit Hilfe der Sekundärliteratur der Bibliothek der Arbeitsstelle erarbeitet worden sind.

Unter der Leitung von Prof. Dr. Heinz Durchardt wurde die Sammlung der Bibliothek auf die Frühe Neuzeit ausgedehnt. Sein Assistent Dr. Roland G. Asch – heute Lehrstuhlinhaber in Freiburg – war als ausgewiesener Kenner der britischen Geschichte Geschäftsführer der Arbeitsstelle. Gemäß seinem Forschungsprojekt lag der Schwerpunkt der Anschaffungen auf dem 17. Jahrhundert. Unter Leitung von Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger (seit 1997) wurde der frühneuzeitliche Sammelschwerpunkt beibehalten.

Weitere Forschungen und Lehre zu Großbritannien und zum Commonwealth finden statt zum Verlagswesen im 19. Jahrhundert (Prof. Dr. Olaf Blaschke), zur Außenpolitik Großbritanniens im 19. Jahrhundert (Prof. Dr. Rolf Ahmann) sowie zur Kolonialgeschichte Nordamerikas, insbesondere zu Beziehungen zwischen Briten und Indigenen, sowie zu Kanada, besonders in Bezug auf Migration (Prof. Dr. Heike Bungert). Auch in diesem Rahmen werden die Bestände der Arbeitsstelle weiter aufgestockt

Die Juniorprofessur für die die Neuere Geschichte Großbritanniens und Commonwealth wurde 2009 eingerichtet und mit Dr. André Krischer besetzt. Die aktuellen Lehr- und Forschungsinteressen richten sich auf die Zeit zwischen der Reformation und dem Beginn des Ersten Weltkrieges. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die englisch-britische Geschichte als ein Laboratorium für langfristige Wandlungsprozesse darstellt, die mit klassischen Einteilungen der historischen Epochen in Frühe Neuzeit / Neuzeit oder Vormoderne / Moderne nicht optimal erfasst werden kann. Auch aus den Mitteln der Juniorprofessur werden die Bestände der Arbeitsstelle erweitert, sowohl zur Geschichte der Frühen Neuzeit als auch zur Geschichte des „langen“ 19. Jahrhunderts. Zudem wird soziologische Literatur, die für die Erforschung der britischen Geschichte einschlägig ist, erworben.