Einführungen in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
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Alltagsgeschichte

3. Familie, soziale Differenzierung und (materielle) Reproduktionskosten

3.4. DIE ENTINSTITUTIONALISIERUNG SEIT DEN 1960ER JAHREN

Bis in die frühen 1990er Jahre ging der Anteil von Familien mit Kindern zugunsten von Alleinlebenden und "koresidierenden Familienfremden" (WGs) zurück (1972/1993 46/36% bzw. 26/35% und 2/5%).
Voraussetzungen für Singles als neue Lebensform: Einkommenssteigerung und Rationalisierung der Hausarbeit (Singles im mittleren Lebensalter haben überdurchschnittliches Einkommen und Bildungsstatus); Steigerung der staatlichen Transferleistungen (Alters- und Witwenrenten), die älteren Menschen das Alleinleben erleichtern; Entkriminalisierung/-diskriminierung von nicht-ehelichen Sexualbeziehungen.
Ca. 50–75% der Singles jüngeren und mittleren Alters unterhalten relativ stabile heterosexuelle Beziehungen. Dies bedeutet, dass eine intime Beziehung weitgehend aus der Institution der häuslichen Ökonomie ausdifferenziert ist, gleichzeitig aber auch individuell gestaltet wird (bzw. werden muss).
Die mögliche, aber auch erforderliche Individualisierung von Intimbeziehungen kann auch deren erhöhte Fragilität (sichtbar in steigenden Scheidungsraten) erklären. Insbesondere Frauen deuten den Single-Status positiv als Element von Autonomie.
Mit der Ausdifferenzierung von Intimbeziehungen aus ökonomischen Institutionen und aus der biologischen Reproduktion verlor auch der Übergangsritus der Heirat seine Funktion. Er wurde ersetzt durch eine strukturell offene Ablösungsphase vom Elternhaus, in der Nesthocker-Status, Single-Status, WG, nichteheliche Lebensgemeinschaft auch der Selbstfindung eines Lebensentwurfs in einer nach Lebensstilen differenzierten Gesellschaft dienen.

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