Neutrino-Oszillationen im Neutrino-Strahl vom CERN nach Gran Sasso

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Die Frage ob Neutrinos massebehaftete Teilchen sind, ist nicht nur für das Standardmodell der Teilchenphysik von fundamentaler Bedeutung. Neutrinos gibt es in drei verschiedenen Flavour-Sorten, die elektronischen νe, die myonischen νμ und die tauonischen ντ.
Neutrinos sind neben den Photonen die am häufigsten im Kosmos existierenden Teilchen und etwa 1010 -mal häufiger vertreten als gewöhnliche, baryonische Materie. Dieser Faktor zeigt, dass Neutrinos selbst bei einer geringen Ruhemasse einen erheblichen Anteil an der Gesamtmasse des Universums ausmachen können. Sie sind damit Kandidaten für einen Teil der im Universum nicht auffindbaren “Dunkelmaterie”. Diese Dunkelmaterie, so weiß man, kann nicht baryonischen Ursprungs sein, und sollte etwa 90-95% der Gesamtmasse des Universums ausmachen.

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Unsere eigene Sonne ist eine besonders intensive Neutrino-Quelle, und es is seit langem bekannt, dass ein großer Teil dieser Sonnen-Neutrinos auf dem Weg zur Erde auf mysteriöse Weise verschwindet. Eine natürliche Erklärung dafür liefert das Phänomen der Neutrino-Oszillation. Dieses besagt, dass der Flavour-Zustand (νe, νμ, ντ) eines Neutrinos sich längs einer durchlaufenen Wegstrecke zeitlich ändert. Voraussetzung dafür ist, dass Neutrinos eine endliche Ruhemasse besitzen. Die Wahrscheinlichkeit W(1 → 2) für eine Umwandlung/Oszillation von einem Zustand 1 in einen Zustand 2 ergibt sich aus der Quantenmechanik

W(1 → 2) ∝ sin2(Δm2 L /E),

mit Δm dem Massenunterschied der beiden Neutrinos, L der durchlaufenen Wegstrecke und E der Neutrino-Energie. Je kleiner Δm, um so größer sollte die durchlaufene Wegstrecke sein, um einen messbaren Effekt zu erzielen. Im CERN/Gran Sasso “long baseline neutrino oscillation” Projekt wird am CERN ein νμ-Strahl erzeugt und auf den OPERA-Neutrino-Detektor im 732 km entfernten Gran Sasso Tunnel gelenkt. Der OPERA-Detektor besteht aus etwa 13 Mio. Bleiplatten (ca. 2000 t), zwischen denen fotografische Kernspuremulsionsschichten eingelagert sind. Die Signatur für eine Oszillation von νμ nach ντ ist die Beobachtung eines geladenen Tauons in einer Neutrino-Reaktion im Detektor. Der Einsatz von Kernspuremulsionen ist diktiert durch die Tatsache, dass das τ-Lepton nur eine kurze Lebensdauer besitzt und lediglich eine Spur von etwa 100 μm hinterlässt.

Die Aufgabe ist es, die richtige Emulsionsplatte nach einer Reaktion zu lokalisieren, die Platte zu entwickeln und die darin enthaltenen Spuren mittels automatischer Scanning-Mikroskope zu analysieren. Die Datennahme beginnt etwa 2006.

In unserer Arbeitsgruppe wird zur Zeit ein Messstand zur Messung der Restaktivität der Bleiplatten aufgebaut. Außerdem sind wir an der Entwicklung der Scanning- Technologie und Detektorauslese beteiligt.

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CERN
OPERA (INFN)