Vielfalt in der Kinder- und Jugendhilfe: Bedarfe junger Muslim*innen und religionssensible Fachlichkeit in NRW

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Das Forschungsprojekt VielfaltNRW untersucht mit drei unterschiedlichen Perspektiven die Berücksichtigung und Beteiligung muslimisch positionierter junger Menschen und islamischer Akteure in der Kinder- und Jugendhilfe von Nordrhein-Westfalen sowie die Frage nach einer religionssensiblen Fachlichkeit.  

Ein Kooperationsprojekt der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

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und der Stiftungsuniversität Hildesheim

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gefördert durch das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

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Laufzeit: Juni 2021 - Dezember 2023

 

Angebote der Kinder- und Jugendhilfe richten sich nach §1 SGB VIII an alle jungen, in Deutschland lebenden Menschen und sollen ihnen allen offenstehen. Dennoch wird deutlich, dass nicht alle Personengruppen gleichermaßen erreicht bzw. hinsichtlich ihrer Interessen und Bedarfen adressiert werden. Junge Muslim*innen werden in Deutschland inzwischen zwar vereinzelt als Zielgruppe der Kinder- und Jugendhilfe wahrgenommen, wenn es um religionssensible Unterstützungsangebote oder Beratungsmöglichkeiten geht. Die Mehrzahl der Angebote sind jedoch eher auf islamkritische und defizitorientierte Aspekte fokussiert denn auf Muslim*innen als selbstverständlicher Teil heterogener Jugendkulturen.
Zudem sind Angebote, die junge Muslim*innen gut erreichen, nur in seltenen Fällen anerkannter Teil der Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe. In der Regel sind diese ehrenamtlich durch islamische Akteure und Moscheevereine organisiert und nur wenige finanziell gefördert oder pädagogisch professionalisiert. Der Anspruch der Kinder- und Jugendhilfe, eine Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und eine Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen zu garantieren (vgl. § 3 Abs. 1 SGB VIII), ist hinsichtlich der religiösen Pluralität in Deutschland somit nicht durchgängig gewährleistet.
Darüber hinaus findet sich in diesem Kontext bisher nur wenig belastbares Wissen. So ist z.B. wenig bekannt, wie viele islamische Organisationen anerkannte Träger der Kinder- und Jugendhilfe sind, ob und wie junge muslimische Menschen in kommunale Angebotsplanung einbezogen werden und welche Rolle Religion und eine islamische Selbstverortung in der Ausbildung und Beschäftigung von Fachkräften spielt, obwohl auch diese Aspekte zu einer religionssensiblen Fachlichkeit innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe beitragen.  
Vor diesem Hintergrund geht das Forschungsprojekt Vielfalt in der Kinder- und Jugendhilfe: Bedarfe junger Muslim*innen und religionssensible Fachlichkeit in NRW drei Perspektiven bzgl. der Frage nach einer Berücksichtigung und Anerkennung muslimisch positionierter junger Menschen und islamischer Träger in der Kinder- und Jugendhilfe von Nordrhein-Westfalen nach.  

 

  • In einer ersten Perspektive stehen die Adressat*innen im Fokus. Zusammen mit jungen Muslim*innen soll mithilfe eines partizipativen Ansatzes ein Fragebogen entworfen werden, der junge Menschen danach fragt, welche Angebote der Kinder- und Jugendhilfe sie kennen und wahrnehmen und wie Angebote in NRW gestaltet und organisiert sein müssen, um muslimische Kinder und Jugendliche zu erreichen und gleichzeitig auch für nicht-muslimische Kinder und Jugendliche offen und attraktiv zu sein.  
  • Mithilfe von Gruppendiskussionen mit Vertreter*innen öffentlicher und freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe wird eine strukturelle Perspektive in den Blick genommen. Es soll analysiert werden, was unter islamischen Akteuren verstanden wird, wie in Kinder- und Jugendhilfeplanung und Jugendhilfeausschüssen in NRW die Bedeutung von Religion/Glaube für Träger- und Angebotsstrukturen berücksichtig wird und ob und in welcher Form eine Beteiligung junger (muslimischer) Menschen in der Angebotsgestaltung stattfindet.
  • Mit Blick auf künftige Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe sollen über einen ebenfalls partizipativ erstellten Online-Fragebogen zunächst junge muslimische Fachschüler*innen und Studierende der Sozialen Arbeit befragt werden. Hierbei liegt der Fokus auf dem Wissen über Kinder- und Jugendhilfe im Zusammenhang mit dem Islam und welchen Blick die zukünftigen Fachkräfte auf islamische Träger und muslimische Kinder und Jugendliche haben. Darüber hinaus werden mit Vertreter*innen von Ausbildungsinstitutionen und Anstellungsträgern Qualitative Interviews geführt, die den Themenbereich Kinder- und Jugendhilfe und Islam insbesondere in Bezug auf Wissensvermittlung und Einstellungspraxis fokussieren.  

Ergebnistransfer: Um mithilfe der Projektergebnisse einen gemeinsamen Austausch sowie Sensibilisierungs- und Verständigungsprozesse zwischen den beteiligten Akteuren anstoßen zu können, werden die Ergebnisse auf einer NRW-Transferkonferenz mit jungen Muslim*innen, der Fachöffentlichkeit sowie weiteren Interessierten diskutiert.