Westfälische Wilhelms-Universität Münster: Forschungsbericht 2003-2004 - Sonderforschungsbereich 496 "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution"

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2003 - 2004

 

 
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Sonderforschungsbereich 496
"Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution"

Tel. (0251) 83-27913/14
Fax: (0251) 83-27911
e-mail: sfb496.sekretariat@uni-muenster.de
www: www.uni-muenster.de/SFB496
Salzstr. 41
48143 Münster
Direktorin: Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger

Forschungsschwerpunkte 2003 - 2004  
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Projekt C5 (Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer)
"Macht und Ritual im Zeitalter der Französischen Revolution"

 
Das Teilprojekt C5 des Sonderforschungsbereiches 496 beschäftigte sich im Rahmen einer erweiterten Fragestellung mit dem Themenkomplex "Macht und Ritual im Zeitalter der Französischen Revolution". In den Jahren 2003 und 2004 lag der Arbeitsschwerpunkt auf den Jahren 1793-1799 der Revolution, die durch den tiefgreifenden Regimewandel von der Terreur zu Thermidor und Directoire gekennzeichnet sind. Es wurde die Frage problematisiert, welche Rolle symbolische Zeichensysteme in einer polarisierten politisch-sozialen Ordnung für die Stabilisierung politischer Macht gespielt haben. Dabei konnten nicht nur Erkenntnisse über Herrschaftsmechanismen im nachrevolutionären Frankreich im Besonderen, sondern auch über die Bedeutung symbolischer Kommunikation für die Legitimation von Herrschaft in der Moderne im Allgemeinen gewonnen werden.

In einem ersten Projektbereich wurden Symbolkämpfe in Thermidor und Directoire auf ihre gesellschaftlich-politischen Funktionen hin untersucht. Symbolkämpfe sind kein Selbstzweck: Gekämpft wurde für, mit bzw. um die in den Symbolen aufscheinenden Werte und Überzeugungen der sie hervorbringenden und einsetzenden Gruppen. In der Projektarbeit ging es darum, Konfliktlinien, Erwartungshaltungen und Überzeugungen verschiedener politischer und gesellschaftlicher Lager genauer herauszuarbeiten.

Die Auswertung von Quellenbeständen der französischen Nationalbibliothek sowie der Archives Nationales in Paris ergab darüber hinaus Aufschluß über eine gezielte Symbolpolitik von staatlicher Seite. Zur Repräsentation der eigenen Macht sowie zur Erziehung des Volkes zu Staatsbürgern setzten die politischen Entscheidungsträger ganz im Rousseauschen Sinne auf die Macht der Symbole: Man entwickelte neue Autoritätsmarken (Siegel der Republik, Amtstrachten), suchte durch pompöse Inszenierungen die neue Gesellschaft zu integrieren (Feste und Begräbnisrituale) und durch neue Distinktionsmöglichkeiten die Werte der Republik zu propagieren (zivile und militärische Auszeichnungen, Kokarde, revolutionärer Kalender). Über Pamphlete und Karikaturen konnten Auseinandersetzungen um solche symbolischen Formen des Politischen im zeitgenössischen Diskurs rekonstruiert werden.

In einem zweiten Projektbereich wurde die spezifische Rolle des Soldaten als eines neuen "Helden" untersucht, der im Zeitraum des Direktoriums im Rahmen eines neu entdeckten "Kults der Person" zum Mittelpunkt einer repräsentativen Symbolik aufgewertet wurde. Der Symbolvorrat der Direktorialzeit stellte einen spezifischen Zusammenhang zwischen dem militärischen "Märtyrer" und den normativen Ansprüchen einer erneut im Umbruch begriffenen Gesellschaft her. Dieser Mythos wurde durch Maler und Schriftsteller popularisiert, was nicht nur der Glorifizierung der Revolutionsarmee und ihrer Feldherren diente, sondern nicht zuletzt auch der Legitimation der bestehenden politischen Ordnung.

Der Projektleiter hat seine Studien zum Funktionswandel politischer Bankette von der Revolution von 1789 bis zur Februarrevolution von 1848 zu einer Synthese zusammengeführt und dabei neben der einheitsstiftenden Funktion der Bankette deren Differenzierung und Polarisierung je nach dem historisch-politischen Ort, den sozialen Trägergruppen bzw. Adressaten und der herrschenden Verfassungsordnung herausgestellt. Darin ist ein Beleg für den Funktionswandel von äußerlich ähnlichen oder identischen Ritualen in Abhängigkeit vom jeweiligen politisch-sozialen Kontext wie für deren wachsende Tendenz zur Pluralisierung zu sehen.

In allen drei Projektbereichen konnte die Ambivalenz zwischen beschworener Einheit und realer oder drohender Pluralität als wesentlicher Aspekt einer modernen politischen Kultur herausgearbeitet werden. Symbolische Kommunikation hatte im Zeitalter der Französischen Revolution einerseits nach innen bewußtseinsbildende, gruppenstabilisierende Funktion (Phänomen der Fraktionsbildung; Integrationsfunktion der staatlichen Symbolpolitik bzw. der politischen Bankette), wirkte andererseits aber auch nach außen abgrenzend und konfliktgenerierend (Fraktionskämpfe an sich bzw. oppositionelle Bewegungen).

Projektdauer:

seit 01.01.2000

Drittmittelgeber:

DFG

Beteiligte Wissenschaftler:

Priv.-Doz. Dr. Th. Großbölting, Priv.-Doz. Dr. A. Owzar, Dr. R. Schmidt, Ch. Schröer, Prof. Dr. H.-U. Thamer (Leiter)

Veröffentlichungen:

Symbolische Politik und politische Zeichensysteme im Zeitalter der Französischen Revolutionen 1789-1848, hg. von Rolf Reichardt, Rüdiger Schmidt und Hans-Ulrich Thamer (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme. Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496), Münster 2005 (im Druck)

Großbölting, Th.: "Im Reich der Arbeit". Die Repräsentation gesellschaftlicher Ordnung in Industrie- und Gewerbeausstellungen 1790-1913, München 2005 (im Druck)

Owzar, A.: Forschungsstand und offene Fragen, in: Gerd Dethlefs, Armin Owzar, Gisela Weiß (Hgg.): Das Königreich Westphalen und das Großherzogtum Berg. Quellen, Forschun gen und Deutungen, Münster 2005 (im Druck)

--: Das Königreich Westphalen und das Großherzogtum Berg. Quellen, Forschun gen und Deutungen, Tagungs bericht, in: Westfälische Forschungen 54 (2004), S. 401-414

--: "Par la grâce de Dieu et les constitutions Empereur des Fran çais". La représentation anachronique de l'empire napoléonien dans les régions occupées, in: Natalie Scholz, Christina Schröer, Hans-Ulrich Thamer (Hgg.): Le combat pour la représentation. La politique symbolique en France (1789-1830), Rennes 2005 (im Druck)

--: Eine Staatsnation auf Widerruf. Zum politischen Bewußtseinswandel im Königreich West phalen, in: Andreas Gestrich, Helga Schnabel-Schüle (Hgg.), Fremde Herrscher - fremdes Volk. Inklusions- und Exklusions figuren bei Herrschafts wechseln in Europa des 18. bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhun derts (im Druck)

Schmidt, R.: Die Eroberung des revolutionären Raums: Paris um 1789, in: Christoph Dartmann, Marian Füssel, Stefanie Rüther (Hgg.): Raum und Konflikt. Zur symbolischen Konstituierung gesellschaftlicher Ordnung in Mittelalter und Früher Neuzeit (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme. Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, 5), Münster 2004, S. 225-242

-- : 'L'Invention' du héros militaire en France révolutionnaire, in : Natalie Scholz, Christina Schröer, Hans-Ulrich Thamer (Hgg.): Le combat pour la représentation. La politique symbolique en France (1789-1830), Rennes 2005 (im Druck)

--: Konformismus und Resistenz: Französischer Staatskult im Großherzogtum Berg, in: Gerd Dethlefs, Armin Owzar, Gisela Weiß (Hgg.): Das Königreich Westphalen und das Großherzogtum Berg. Quellen, Forschun gen und Deutungen, Münster 2005 (im Druck)

--: Zur Metaphysik expressiver Macht: Rituale der Terreur, in: Frank Becker u.a. (Hgg.), Politische Gewalt in der Moderne, Festschrift H.-U. Thamer zum 60. Geburtstag, Münster 2003, S. 1-36

--: Die Mobilisierung der Provinz: Revolutionärer Wandel und politische Festkultur in Amiens, in: Symbolische Politik und politische Zeichensysteme im Zeitalter der Französischen Revolutionen 1789-1848 [wie oben] (im Druck)

--/ Reichhardt, R./ Thamer, H.-U.: Symbolische Praxis und die Kulturgeschichte des Politischen. Frankreich im Revolutionszeitalter, in: Symbolische Politik und politische Zeichensysteme im Zeitalter der Französischen Revolutionen 1789-1848 [wie oben] (im Druck)

Scholz, N.: Monarchie in der Moderne. Repräsentationen und Imaginationen im Frankreich Ludwigs XVIII., Darmstadt 2005 (im Druck)

-- : La monarchie sentimentale: un remède aux crises politiques de la Restauration? in: Dies., Christina Schröer, Hans-Ulrich Thamer (Hgg.): Le combat pour la représentation. La politique symbolique en France (1789-1830), Rennes 2005 (im Druck)

--: Verzeihender Vater statt siegreicher Held. Zur Rückkehr Ludwigs XVIII. im visuellen und sprachlichen Diskurs der Restauration, in: Symbolische Politik und politische Zeichensysteme im Zeitalter der Französischen Revolutionen 1789-1848 [wie oben] (im Druck)

Schröer, Ch. : Le combat pour les symboles. Du 9 Thermidor au 18 Brumaire, in: Natalie Scholz, Christina Schröer, Hans-Ulrich Thamer (Hgg.): Le combat pour la représentation. La politique symbolique en France (1789-1830), Rennes 2005 (im Druck)

Thamer, H.-U.: Die Französische Revolution, München 2004

--: Die Aneignung der Tradition: Destruktion und Konstruktion im Umgang der Französischen Revolution mit Monumenten des Ancien Régime, in: Symbolische Politik und politische Zeichensysteme im Zeitalter der Französischen Revolutionen 1789-1848 [wie oben] (im Druck)

--/ Reichardt, R./ Schmidt, R.: Symbolische Praxis und die Kulturgeschichte des Politischen. Frankreich im Revolutionszeitalter, in: Symbolische Politik und politische Zeichensysteme im Zeitalter der Französischen Revolutionen 1789-1848 [wie oben] (im Druck)

--: Entre unanimité et conflit. La politisation des banquets publics, 1789-1799, in: Natalie Scholz, Christina Schröer, Hans-Ulrich Thamer (Hgg.): Le combat pour la représentation. La politique symbolique en France (1789-1830), Rennes 2005 (im Druck)

--: Die Wiederkehr des Gleichen oder das Verblassen der Tradition, in: Gerd Althoff (Hg.), Zeichen - Rituale - Werte. Internationales Kolloquium des Sonderforschungsbereichs 496 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme. Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, 3), Münster 2004, S. 573-588

 

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