Die Auswertung von Quellenbeständen der
französischen Nationalbibliothek sowie der Archives Nationales in Paris ergab darüber hinaus Aufschluß über eine gezielte Symbolpolitik
von staatlicher Seite. Zur Repräsentation der eigenen Macht sowie zur Erziehung des Volkes zu Staatsbürgern setzten die politischen
Entscheidungsträger ganz im Rousseauschen Sinne auf die Macht der Symbole: Man entwickelte neue Autoritätsmarken (Siegel der Republik, Amtstrachten),
suchte durch pompöse Inszenierungen die neue Gesellschaft zu integrieren (Feste und Begräbnisrituale) und durch neue Distinktionsmöglichkeiten die
Werte der Republik zu propagieren (zivile und militärische Auszeichnungen, Kokarde, revolutionärer Kalender). Über Pamphlete und Karikaturen
konnten Auseinandersetzungen um solche symbolischen Formen des Politischen im zeitgenössischen Diskurs rekonstruiert werden.
In einem zweiten Projektbereich wurde die spezifische Rolle des Soldaten als eines neuen "Helden" untersucht, der im Zeitraum des Direktoriums im Rahmen
eines neu entdeckten "Kults der Person" zum Mittelpunkt einer repräsentativen Symbolik aufgewertet wurde. Der Symbolvorrat der Direktorialzeit stellte
einen spezifischen Zusammenhang zwischen dem militärischen "Märtyrer" und den normativen Ansprüchen einer erneut im Umbruch
begriffenen Gesellschaft her. Dieser Mythos wurde durch Maler und Schriftsteller popularisiert, was nicht nur der Glorifizierung der Revolutionsarmee und ihrer
Feldherren diente, sondern nicht zuletzt auch der Legitimation der bestehenden politischen Ordnung.
Der Projektleiter hat seine Studien zum Funktionswandel
politischer Bankette von der Revolution von 1789 bis zur Februarrevolution von 1848 zu einer Synthese zusammengeführt und dabei neben der einheitsstiftenden
Funktion der Bankette deren Differenzierung und Polarisierung je nach dem historisch-politischen Ort, den sozialen Trägergruppen bzw. Adressaten und der
herrschenden Verfassungsordnung herausgestellt. Darin ist ein Beleg für den Funktionswandel von äußerlich ähnlichen oder identischen Ritualen
in Abhängigkeit vom jeweiligen politisch-sozialen Kontext wie für deren wachsende Tendenz zur Pluralisierung zu sehen.
In allen drei Projektbereichen konnte die Ambivalenz zwischen beschworener Einheit und realer oder drohender Pluralität als wesentlicher Aspekt einer modernen
politischen Kultur herausgearbeitet werden. Symbolische Kommunikation hatte im Zeitalter der Französischen Revolution einerseits nach innen
bewußtseinsbildende, gruppenstabilisierende Funktion (Phänomen der Fraktionsbildung; Integrationsfunktion der staatlichen Symbolpolitik bzw. der
politischen Bankette), wirkte andererseits aber auch nach außen abgrenzend und konfliktgenerierend (Fraktionskämpfe an sich bzw. oppositionelle
Bewegungen).