Arbeitsbereich Prof. Dr. R. de Jong-Meyer
Analyse und Veränderung motivationaler Faktoren bei Alkoholabhängigen
In Risikosituationen nicht (mehr) zu trinken und die Abstinenzentscheidung trotz antizipierter positiv und negativ verstärkender Alkoholwirkungen aufrecht zu
erhalten, setzt hohe Motivation bei einem (ehemals) Abhängigen voraus. In eigenen Arbeiten in diesem Forschungskontext wurden Messinstrumente zum Erkennen
von Rückfall-Risikosituationen und zum Repertoire an Bewältigungsstrategien in solchen Situationen präsentiert, deren deutschsprachige Adaptationen
auf Reliabilität und Validität hin untersucht worden waren.
In bezug auf die Analyse und Veränderung motivationaler Prozesse, die ein langfristiges Herauskommen aus der Abhängigkeit fördern
könnten, befasste man sich bisher vorwiegend mit Prozessen der Distanzierung oder Löschung von mit Alkoholkonsum assoziierten Anliegen. Ausgangspunkt
der eigenen Arbeiten ist dagegen die These, dass die Beeinflussung alkohol- bzw. abstinenzbezogener Anliegen und Schemata ersetzt werden sollte durch die
Förderung von nicht-alkoholbezogenen Anliegen/Schemata in verschiedenen Lebensbereichen. Dies wurde aus dem motivationalen Abhängigkeitsmodell von
Cox und Klinger abgeleitet. Der von diesen Autoren als zentrales Diagnose- und Veränderungsinstrument entwickelte Fragebogen zur Motivationsstrukturanalyse
wurde übersetzt und für verschiedene Anwendungskontexte (Bibliotherapie, Gruppen-Setting) adaptiert. Das Verfahren erfasst Ziele in verschiedenen
Lebensbereichen, die jeweils bei Zielannäherung erwarteten affektiven Konsequenzen, die persönliche Anstrengungsbereitschaft, die Zeitperspektive bei
Zielannäherung, die Erfolgserwartung sowie weitere Indikatoren der Motivationsstruktur. Mit der Erwartung, dass die intensive Auseinandersetzung mit
nicht-trinkbezogenen Zielen eine gute Voraussetzung sowohl für die Zielannäherung wie auch - indirekt - für Abstinenz schafft, wurde eine um
Zielklärung erweiterte Motivationsstrukturanalyse als manualisierte Kurz-Intervention (Schroer, Fuhrmann, de Jong-Meyer & Cox: Zielaktivierung und
Zielklärung - ZAK) bei Alkoholabhängigen in verschiedenen Entwöhnungsstadien untersucht. Die Patienten wurden in drei Gruppensitzungen
angeleitet, sich ihre aktuellen Ziele imaginativ zu vergegenwärtigen, sie zu präzisieren, affektive Konsequenzen der Zielverfolgung zu antizipieren, den
zeitlichen Rahmen einzugrenzen sowie weitere zielbezogene Schritte durchzuführen. Verglichen mit der bereits als wirksam etablierten Intervention
"Gruppentraining Sozialer Kompetenz" ergaben sich vergleichbar günstige Effekte (Schroer (2001): Zielaktivierung und Zielklärung (ZAK):
Evaluation einer gruppentherapeutischen Kurzintervention in der Entzugsbehandlung alkoholabhängiger Menschen). Das Manual wurde um Module zur
Zielpriorisierung und zur Förderung der Zielerreichung ergänzt und an weiteren Stichproben überprüft. Die Motivationsstrukturanalyse und
darauf aufbauende Interventionen standen im Mittelpunkt einer bis 2001 aus dem "Förderprogramm des projektbezogenen Personenaustauschs mit
Großbritannien" (Deutscher Akademischer Austauschdienst DAAD sowie British Council) unterstützten Kooperation mit Prof. Cox (Bangor, Wales). In
zwei Beiträgen für das von Cox und Klinger 2003 herausgegebene "Handbook of motivational counseling" wurden die deutschsprachigen
Adaptationen sowie die Ergebnisse von Evaluationen und Studien dargestellt.
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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