Zentrale Hörverarbeitung
Messungen zur Reorganisation des auditorischen Cortex nach Cochlea-Implantation mit Hilfe der Elektro-
und Magnetoenzephalographie
Der auditorische Kortex besteht aus mehreren Arealen, die jeweils funktionell organisiert sind. Er besitzt die
Fähigkeit, sich nach peripherer Verletzung oder Deprivation plastisch zu reorganisieren. Mittels
Elektroenzephalographie (EEG), aber insbesondere mittels Magnetoenzephalographie (MEG) können
diese Prozesse kortikaler Plastizität auch beim Menschen nicht-invasiv sichtbar gemacht und zu
Wahrnehmungs- und Verhaltensprozessen in Beziehung gesetzt werden. Veränderung des relativen
Gewichts von Afferenzen in einem Projektionsareal, etwa durch ausbleibende Aktivität nach
Deafferenzierung oder durch intensives Training, kann zur Reorganisation der entsprechenden kortikalen
Anordnung führen. Die Versorgung mit einem Cochlea-Implantat stellt dazu ein annähernd ideales
Modell dar. Die Erfassung der kortikalen Veränderungen nach der Implantation liefert wichtige
Informationen über den Ablauf der plastischen Reorganisation. Die elektrophysiologischen
Veränderungen können in Korrelation zu Ergebnissen der intensiv durchzuführenden
postoperativen Hör-Sprach-Rehabilitation gesetzt werden.
Die Messung neuromagnetischer Felder mit der Magnetoenzephalographie bietet gegenüber der
Elektroenzephalographie Vorteile in der Lokalisierbarkeit der kortikalen Quellen und im
Signal-/Rausch-Verhältnis. Bei herkömmlichen Cochlea-Implantaten stellen die durch die
magnetische Fixierung der Sendespule bedingten Artefakte ein unüberwindbares Hindernis für die
Messung von auditorisch evozierten Feldern dar. CI-Systeme von den Herstellerfirmen Cochlear und Advanced
Bionics gibt es in einer Ausführung, die auf den unter der Kopfhaut implantierten Permanentmagneten
verzichten können. Diese Änderung wurde vorgenommen, um bei Patienten klinisch notwendige
MRT-Messungen ohne Einschränkung durchführen zu können. Mit dem magnetfreien System
sind die MEG-Messungen bei CI-Trägern nun prinzipiell möglich geworden. Zusätzlich stellt
die Unterdrückung des Stimulationsartefakts eine weitere Herausforderung dar, der mit messtechnischen
Lösungen und mit einer speziellen Datenanalyse begegnet werden muss. Diese erweiterte Messtechnik
wurde in einer Vorstudie mit zwei CI-Patientinnen entwickelt.
Bei
Messungen an zwei Patienten mit einem magnetfreien Cochlea-Implantat konnte reproduzierbar der Nachweis
auditorisch evozierter kortikaler Magnetfelder mit einer annähernd normalen Feldverteilung und Latenz
erbracht werden. Es gelang, über einen Zeitraum von zwei Jahren stabile Quellen der auditorischen
Aktivität nachzuweisen und Prozesse der kortikalen Reorganisation aufzudecken. Es konnten
unterschiedliche Verarbeitungs- und Reorganisationsprozesse bei unterschiedlichen Stimulustypen
nachgewiesen werden. Die
Entwicklung des Sprachverständnisses zeigt eine ähnlich Dynamik wie die Entwicklung der
kortikalen Komponenten. Dies zeigt, dass die elektrische Stimulation des Hörnerven adäquat im
auditorischen Kortex verarbeitet wird und in einem entsprechenden Sprachverständnis resultiert.
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