Klinische Kardioanästhesie / Immungenetische Prädisposition
Natriuretische Peptide
Hintergrund:
Natriuretische Peptide bei operativen Intensivpatienten und herzchirurgischen Patienten
Bislang sind drei natriuretische Peptide
im menschlichem Blutplasma beschrieben worden. Das "atrial natriuretic peptide" (ANP), das "brain natiuretic peptide"
(BNP) und das "C-type natriuretic peptide" (CNP). ANP
und BNP sind kardiale Hormone mit natriuretischen und vasodilatatorischen Eigenschaften. Beide Hormone werden
vermehrt sezerniert bei Krankheiten, die zu einem
erhöhten Herzzeitvolumen oder einer zunehmenden intravasalen Druckbelastung führen. Hauptbildungsort
des ANP sind die myoendokrinen Zellen des
Herzmuskels, die sich im rechten und linken Vorhof befinden. Eine quantitativ geringere Sekretion erfolgt auch aus
endokrinen Zellen beider Herzkammern. Nachgewiesene
Reize für die ANP-Sekretion sind die Erhöhung des transmuralen Druckes und eine Zunahme der
Herzfrequenz. BNP wurde erstmalig 1988 im Schweinehirn als
zweites natriuretisches Peptid entdeckt. Beim Menschen wird BNP hauptsächlich im Ventrikel, aber auch im
Atrium des Herzens synthetisiert. Trotz der ähnlichen
Struktur von BNP und ANP, weisen eine unterschiedliche Genexpression, die unterschiedlichen Sekretionsorte und der
unterschiedliche Metabolismus auf separate
physiologische Eigenschaften hin. Der Bildungsort und die physiologischen Eigenschaften des CNP hingegen sind
bislang unbekannt.
Zerebrales Salzverlustsyndrom:
Drei
Hypothesen wurden in den letzten Jahrzehnten entwickelt, um Hyponatriämien bei akuten Hirnerkrankungen zu
erklären. Erstens das Syndrom der
inadäquaten ADH-Sekretion, das eine Dilutionshyponatriämie verursacht; zweitens eine Abnahme des
extrazellulären Natriums und eine Zunahme des
intrazellulären Kaliums bedingt durch eine Hemmung der Na+/K+-ATPase; und drittens das sogenannte
zerebrale Salz-Verlustsyndrom, charakterisiert durch eine
gesteigerte Natriurese und Diurese, die zu einer negativen Natriumbilanz führen. Als Ursache des zerebralen
Salz-Verlustsyndroms wird eine zerebrale Dysfunktion
hinsichtlich der Steuerung der renalen Natriumreabsorption angenommen. Jedoch konnte der postulierte hirneigene
natriuretische Faktor bislang nicht identifiziert werden.
Ergebnisse:
Natriuretische Peptide bei operativen Intensivpatienten und herzchirurgischen Patienten
Bei operativen
Intensivpatienten finden sich im Vergleich zur laboreigenen Kontrolle etabliert an gesunden Probanden sowohl
erhöhte ANP als auch erhöhte BNP
Konzentrationen. Während die ANP Konzentrationen bei allen Patienten unabhängig von der zugrunde
liegenden Erkrankung gleichmäßig
erhöht waren, zeigten die BNP Konzentrationen eine deutliche Variation und zwar abhängig von der
jeweiligen Erkrankung. So fanden sich deutlich erhöhte
BNP Konzentrationen vor allem bei Patienten mit spontanen Subarachnoidalblutungen und bei Patienten, die sich
herzchirurgischen Eingriffen unterziehen mussten.
Demgegenüber korrelierten die ANP und nicht die BNP Konzentrationen mit Parametern des Wasser- und
Elektrolythaushalts, so dass bei operativen Intensivpatienten
ANP in die Aufrechterhaltung des Wasser- und Elektrolythaushalts involviert ist. Weder ANP noch BNP sind
Prädiktoren für Morbidität und weiteren
Krankheitsverlauf kritisch kranker Patienten. Auf diesen Ergebnissen aufbauend wurden die Plasmakonzentrationen von
ANP und BNP bei Patienten untersucht, die sich einer
aortokoronaren Revaskularisation oder einem Mitral- oder Aortenklappenersatz unterziehen mussten. Erhöhte
ANP Konzentrationen waren bei allen Patienten
unabhängig von der Grunderkrankung während der Reperfusionsphase am Ende der extrakorporalen
Zirkulation nachweisbar. Die BNP Konzentrationen waren bei
den Patienten mit koronarer Herzerkrankung postoperativ erhöht in Abhängigkeit vom Ausmaß der
vorbestehenden myokardialen
Funktionseinschränkung und der intraoperativen Myokardischämie. Präoperativ erhöhte BNP
Konzentrationen waren assoziiert mit einer
postoperativen Letalität erhoben über einen Zeitraum von 2 Jahren. Die Patienten mit Mitral- und
Aortenklappenvitium hatten schon präoperativ deutlich
erhöhte BNP Konzentrationen, die sich perioperativ nicht änderten. ANP und BNP haben somit bei
herzchirurgischen Patienten ein unterschiedliches
Sekretionsmuster, wobei ANP in die akute Volumenregulation involviert ist und BNP in Abhängigkeit von der
Myokardischämie vermehrt sezeniert wird und bei
chronischer Volumen und/oder Druckbelastung des linken Ventrikels chronische erhöht ist ohne auf eine
kurzzeitige Myokardischämie zu reagieren.
Zerebrales Salzverlustsyndrom:
Bei Patienten mit aneurysmabedingter
Subarachnoidalblutung konnte in einer klinischen Studie eine gesteigerte Diurese, Natriurese und fraktionelle
Natriumausscheidung bei unveränderter Kaliumauscheidung
gefunden werden im Vergleich zu einer Kontrollgruppe von Patienten, bei denen ein Hirntumor entfernt wurde. Die
BNP-Konzentrationen waren bei den Patienten mit
Subarachnoidalblutung schon präoperativ und im gesamten weiteren Untersuchungsverlauf im Vergleich zu den
Tumorpatienten erhöht, bei parallel supprimierten
Aldosteron-Konzentrationen, während ANP-, Kortisol-, ADH- und Renin-Konzentrationen in beiden Gruppen
im Normbereich lagen. Erhöhte vermutlich zerebral
sezernierte BNP-Konzentrationen führen zu einer konsekutiven Suppression der Aldosteron-Konzentrationen
und tragen auf diesem Weg zu der Entwicklung eines
zentralen Salzverlustsyndroms bei. Erhöhte BNP und zum Teil auch ANP Konzentrationen fanden sich sowohl
bei Kindern mit angeborenem Hirntumor als auch bei
Kindern mit einem zerebralen Infarkt aufgrund einer traumatischen Dissektion der Arteria Carotis, die klinisch ebenfalls
ein zerebrales Salzverlustsyndrom entwickelt hatten.
BNP und auch ANP sind demnach ein Teil eines Regelkreises dessen Extreme das Syndrom der inadäquaten
ADH Sekretion und das zerebrale Salzverlustsyndrom sind.
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