Platzwechsel, Fehlanpassung und Relaxation in festen Ionenleitern:
Leitfähigkeitsspektren und Modelle
Ziel des Teilprojekts ist
es, auf der Grundlage experimenteller Leitfähigkeitsspektren Modelle für die
Gesetzmäßigkeiten zu entwickeln, nach denen die korrelierten Sprungbewegungen der Ionen in
ionischen Materialien mit ungeordneten Strukturen ablaufen. Die Ziele, die wir uns für die erste
Förderungsperiode (2000 bis 2003) gesetzt hatten, wurden voll erreicht.
Zu den experimentellen Zielen gehörten Untersuchungen der frequenzabhängigen
komplexen ionischen Leitfähigkeit an einer Reihe von Modellsystemen, zu denen u. a. der
optimierte kristalline Ionenleiter Rubidiumsilberiodid in seinen Phasen alpha, beta und gamma gehört,
ebenso wie die Phasen beta und gamma des berühmten Ionenleiters Silberiodid, sowie
Natriumgermanat- und Natriumboratgläser verschiedener Zusammensetzungen. Die Experimente
erstreckten sich jeweils über weite Frequenzbereiche, im Extremfall über 18 Dekaden, von
0.1 mHz bis 100 THz. Im Fall des Rubidiumsilberiodids ist es uns außerdem gelungen, den
ionischen Halleffekt nachzuweisen und zu zeigen, dass die Hall-Beweglichkeit ebenso groß ist wie die
Drift-Beweglichkeit, die man erhält, wenn man annimmt, dass alle Silberionen beweglich sind.
Das Konzept der Fehlanpassung und Relaxation (Concept of Mismatch and Relaxation, CMR)
wurde sehr erfolgreich weiterentwickelt. Es gelang insbesondere, die zeitliche Entwicklung der Ionendynamik
in zwei gekoppelten Differentialgleichungen so zu beschreiben, dass sich einerseits eine verblüffende
Übereinstimmung mit den experimentellen Spektren ergibt und andererseits eine anschauliche
Interpretation der in den Gleichungen gemachten Aussagen möglich ist. Dabei wurden insbesondere die
folgenden Ziele erreicht.
- Die im Impedanzgebiet vorliegenden Leitfähigkeitsspektren, die eine besonders
hohe experimentelle Genauigkeit aufweisen, werden mit dem CMR genauer reproduziert als mit jedem anderen
Modell.
- Der mit steigender Frequenz beobachtete graduelle Übergang in ein Verhalten, bei dem die
Leitfähigkeit proportional zur Frequenz ansteigt und bei fester Frequenz kaum noch von der Temperatur
abhängt, wird richtig wiedergegeben.
- Im Millimeter- oder Submillimeterwellengebiet gibt es ein thermisch aktiviertes
Hochfrequenzplateau der Leitfähigkeit.
- Die nicht Arrhenius-artige Temperaturabhängigkeit der Gleichstromleitfähigkeit fragiler
ionischer Schmelzen wird richtig beschrieben und sinnvoll erklärt.
- Das bei Temperaturen um und unter 100 K häufig beobachtete "Nearly Constant Loss"
Verhalten wird auf lokale Bewegungen wechselwirkender Ionen zurückgeführt und erklärt.
Ein entsprechendes Verhalten ist in Rubidiumsilberiodid bei 113 K experimentell nachgewiesen worden.
- Das Niederfrequenzverhalten des Imaginärteils der Leitfähigkeit, d. h. des Realteils
der Dielektrizitätsfunktion, wird richtig beschrieben. Dazu ist eine physikalisch sinnvolle Modifikation
des CMR erforderlich, die mit der Einführung einer dritten Differentialgleichung gelingt.
In seiner gegenwärtigen Form wird das Modell als MIGRATION Concept bezeicht, wobei das Akronym
die folgende Bedeutung hat: MIsmatch Generated Relaxation for the Accommodation and Transport of IONs.
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Beteiligte Wissenschaftler:
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