Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Institut für Planetologie

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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 14 - Geowissenschaften
Institut für Planetologie
Planetenphysik


Kernbildung in terrestrischen Planeten

Kernbildung in terrestrischen Planeten ist noch immer wenig verstanden, obwohl dieser Prozess von entscheidener Bedeutung für das Verständnis der thermischen Evolution eines Planeten und der Geschichte seines Magnetfeldes ist. Isotopendaten schlagen eine Kernbildung innerhalb einiger zehner Millionen Jahren vor. Für die Modellierung eines solchen Vorgangs stellt sich damit das Problem, zu erklären, wie sich Eisen schnell genug durch das Planeteninnere bewegen kann, insbesondere wenn der planetare Mantel nicht geschmolzen ist. Es wurde untersucht, ob eine temperatur- und/oder spannungsabhängige Rheologie des Mantelmaterials eines Planeten helfen kann, die Differentiation in Eisenkern und Silikatmantel zu beschleunigen.

Es wird ein Modell-Planet angenommen, welcher homogen akkretiert ist und nahe der Oberfläche einen Magmaozean gebildet hat. Am Boden des Magmaozeans akkumuliert Eisen aufgrund seiner höheren spezifischen Masse. Dieses Eisen ist auch spezifisch schwerer als das unterliegende Mantelgestein und initiiert somit eine Rayleigh-Taylor Instabilität, woraufhin sich große Eisendiapire bilden, die zum Planetenzentrum wandern.

Nach Woidt (1978) hängt die Form einer Intrusion (Diapir), welche sich durch ein Medium verschiedener Dichte und Viskosität bewegt, stark vom Viskositätskontrast beider Medien ab. Woidt zeigte, dass der Diapir die Form einer fast perfekten Kugel annimmt, wenn die Viskosität des intrudierenden Materials signifikant kleiner ist, als die des umgebenden Mediums. Diese Situation liegt auch vor, wenn sich flüssiges Eisen infolge einer Rayleigh-Taylor Instabilität durch silikatisches Materialbewegen muss.

Es wird ein einzelner, heißer Diapir modelliert, der durch silikatisches Gestein fällt, das eine temperatur- und spannunsgabhängige Viskosität hat. Momentan ist es wegen des immensen numerischen Aufwands noch nicht möglich, eine dreidimensionale Geometrie zu berechnen, weshalb eine Betrachtung des Flusses um einen Kreiszylinders unternommen wurde. Es wurden die inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen gekoppelt an die Massen- und Energierhaltung für eine temperatur- und spannungsabhängige Rheologie gelöst. Weiterhin wurde der Strömungswiderstand als Funktion der Sinkgeschwindigkeit berechnet. Die Endgeschwindigkeit des Diapirs wurde ermittelt, indem die Körperkraft mit dem Strömungswiderstand verglichen wurde. Nach der Diskretisierung des Untersuchungsgebietes und Verfeinerung der Gitteraufteilung wurden die Gleichungen mit Hilfe einer finiten Elemente Methode unter Anwendung eines Multigrid-Algorithmus gelöst. Dazu wurde ein Programm namens FEATFLOW benutzt, welches von Turek et. al. entworfen wurde, um instationäre Strömungsprobleme zu behandeln. Da es im Moment nicht möglich ist, einen flüssigen Zylinder zu berechnen, wurde ein fester Zylinder untersucht.

Da der Zylinder heißer ist als seine Umgebung und die Reibungskräfte auf seiner Oberfläche am größten sind, ist die resultierende Viskosität unmittelbar an der Zylinderoberfläche am kleinsten. Folglich tritt eine Reduktion der Scherkräfte auf, welche den Strömungswiderstand entscheidend verringern. Der Strömungswiderstand des Zylinders ist am kleinsten, wenn eine temperatur- und spannungsabhängige Viskositätbenutzt wird. Für eine rein temperaturabhängige Rheologie ist der Strömungswiderstand allerdings immer noch erheblich gegenüber einer Rheologie mit konstanter Viskosität reduziert. Die Endgeschwindigkeit eines Zylinders in einem Medium mit temperaturabhängiger Rheologie ist etwa 30 mal größer als die Stokesgeschwindigkeit (Endgeschwindigkeit beikonstanter Viskosität). Für eine temperatur- und spannungsabhängige Viskosität ist die Endgeschwindigkeit ungefähr um einen Faktor 50 höher. Die hohen Endgeschwindigkeiten ergeben bei Anwendung auf die planetare Kernbildung deutlich kürzere Kernbildungszeiten. Für die untersuchten Parameter kann mit einer Kernbildungszeit für die Erde von etwa 30 bis 40 Millionen Jahren (oder kürzer) gerechnet werden. Diese Resultate sind mit den isotopisch ermittelten Werten von Kleine et. al. gut vereinbar. Desweiteren kann die Reduktion des Strömungswiderstandes auch kleineren Diapiren helfen, das Planetenzentrum innerhalb einer realistischen Zeit zu erreichen, die bei konstanter Viskosität im Planetenmantel steckenblieben.

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Tilman Spohn, Dipl. Geophys. Ruth Ziethe, Dr. Doris Breuer

Veröffentlichungen:

Ziethe, R., 2001: Kernbildung in terrestrischen Planeten, Vortrag in der Vortragsreihe 'Angewandte Numerik und Simlulation, Institut f. Angewandte Mathematik, Uni Dortmund

Ziethe, R., Spohn, T., Breuer, D., Turek, S., 2002: Core Formation: A New Modelling Approach, Geophys. Res. Abstr. (on CDROM), 4, PS1.01

Ziethe, R., Spohn, T., Turek, S., 2002: Core Formation: A New Modelling Approach, ESLAB 36, Earth-Like Planets and Moons, ESTEC Noordwijk

Ziethe, R., Spohn, T., 2002: Fe-diapirs sinking in a temperature dependent viscosity mantle: A model for planetary core formation, 5. wissenschaftliches Kolloquim des Schwerpunktprogramms 'Bildung,Transport und Differentiation von Silikatschmelzen', Hannover

Ziethe, R., Spohn, T., 2002: Fe-diapirs sinking in a temperature dependent viscosity mantle: A model for planetary core formation, AGU Fall Meeting, San Francisco

Ziethe, R., Spohn, T., and Turek, S., 2003: Core formation: A New Modelling Aproach, ESA SP-514, 137-143

Populärwissenschaftliche Veröffentlichungen:

Ziethe, R., 2002: L'interieur de la Lune, Pour La Science, 62-69

 
 

Hans-Joachim Peter
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Datum: 2003-04-16 ---- 2003-05-15