Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Psychologisches Institut I -
Psychologische Diagnostik und
Klinische Psychologie

Fliednerstr. 21
48149 Münster
Geschäftsführende Direktorin: Prof. Dr. de Jong-Meyer
 
Tel. (0251) 83-3 41 23
Fax: (0251) 83-3 41 13
e-mail: @psy. uni-muenster.de
www: http://wwwpsy.uni-muenster.de/inst1.html
[Startseite
(Rektorat)] [Inhaltsverzeichnis] [vorherige
Seite] [nächste
Seite]
     

[Pfeile  braun]

Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 07 - Psychologie und Sportwissenschaft
Psychologisches Institut I - Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie
Arbeitsbereich Prof. Dr. R. de Jong-Meyer


Analyse und Veränderung motivationaler Faktoren bei Alkoholabhängigen

Veränderungen motivationaler Faktoren stehen im Mittelpunkt aktueller Kurzinterventionen bei Alkoholabhängigen. Durch die eigenen Arbeiten in diesem Forschungsfeld soll empirisch belegt werden, dass Kurzinterventionen unter Berücksichtigung aktueller Befunde zu Motivations- und Selbstregulationsprozessen spezifischer als bisher gestaltet werden können und dass die bislang im Mittelpunkt von Programmen stehenden alkohol- bzw. abstinenzbezogenen Ziele ergänzt bzw. ersetzt werden sollten durch die Förderung von nicht-alkoholbezogenen Zielen in verschiedenen Lebensbereichen.

Ein Ausgangspunkt der eigenen Projekte war der “Motivational-Structure-Questionnaire - MSQ“ (Cox, Klinger und Blount, 1996), für den eine Adaptation für eine Gruppen-Anwendung unter stationären Behandlungsbedingungen (Schroer, Fuhrmann, de Jong-Meyer & Cox: Zielaktivierung und Zielklärung - ZAK) entwickelt wurde. Das Verfahren erfasst Ziele in verschiedenen Lebensbereichen, die jeweils bei Zielannäherung erwarteten affektiven Konsequenzen, die persönliche Anstrengungsbereitschaft, die Zeitperspektive bei Zielannäherung, die Erfolgserwartung sowie weitere Indikatoren der Motivationsstruktur. Mit der Erwartung, dass die intensive Auseinandersetzung mit nicht-trinkbezogenen Zielen eine gute Voraussetzung sowohl für die Zielannäherung wie - indirekt - für Abstinenz schafft, wurde der therapeutengeleitete Einsatz der Motivationsstrukturanalyse als Kurz-Intervention bei Alkoholabhängigen in verschiedenen Entwöhnungsstadien untersucht (Dissertation Schroer, in Kooperation mit der Westfälischen Klinik für Psychiatrie, Reker, Fuhrmann). Außer der Wirksamkeitsüberprüfung (im Vergleich zum Gruppentraining Sozialer Kompetenz) wurden unterschiedliche Selbstregulationskompetenzen und -defizite mit der nachfolgenden Behandlungsaktivität, dem Trinkverhalten und dem subjektiven Wohlbefinden der Patienten in Beziehung gesetzt. Die Ergebnisse der 2001 vorgelegten Dissertation belegten eine vergleichbare Effektivität über die Gesamtgruppe der Patienten. Das Manual wurde seither um Module zur Zielpriorisierung und zur Förderung der Zielerreichung ergänzt und an weiteren Stichproben überprüft.

Weiterentwicklungen und Adaptationen der Motivationsstrukturanalyse und darauf aufbauender Interventionen standen auch im Mittelpunkt einer Kooperation mit Prof. Cox (Bangor, Wales, Großbritannien), die von 1998 bis 2001 durch eine Drittmittelförderung aus dem “Programm zur Förderung des projektbezogenen Personenaustauschs mit Großbritannien“ (Deutscher Akademischer Austauschdienst DAAD sowie British Council) unterstützt wurde. Als Ergebnisse der Treffen konnten die Indikatoren aus MSQ und ZAK reduziert und präzisiert sowie die Instruktions- und Auswertungsbögen vereinheitlicht werden. Layout und Benutzerfreundlichkeit (u. a. computerisierbare Rückmeldung der Ergebnisse) wurden verbessert. Sowohl in Deutschland wie in Großbritannien wurde begonnen, das Verfahren in die stationäre bzw. ambulante Routineversorgung zu implementieren. Eine in der eigenen Arbeitsgruppe entwickelte Bibliotherapie-Adaptation wird evaluiert. In zwei Beiträgen für die von Cox und Klinger herausgegebene Monographie “Motivating People for Change: A Handbook of Motivational Counseling“ wurden die therapeutischen Interventionen sowie die Ergebnisse der bisherigen Studien zusammenfassend dargestellt.

Neben der Weiterentwicklung klinischer Interventionen sind beide Arbeitsgruppen daran interessiert, Prozesse der schemageleiteten Informationsaufnahme und -verarbeitung mit Indizes der Motivationsstruktur in Beziehung zu setzen. Zum Thema “Selektive Aufmerksamkeit für alkoholbezogene sowie für zielbezogene Stimuli“ wurden Studien initiiert, von denen einige erfolgreich abgeschlossen werden konnten. So wurde das “Emotionale Stroop-Paradigma“ mit oder ohne gleichzeitige Exposition von alkoholbezogenen Hinweisreizen bei stationär behandelten alkoholabhängigen Patienten eingesetzt, um Interferenzeffekte auf alkoholbezogene Worte mit denen zu vergleichen, die auf Worte mit Bezug zu persönlich relevanten Zielen auftreten. Es konnte gezeigt werden, dass auch Worte mit Bezug zu wichtigen persönlichen Zielen die Reaktionszeiten gegenüber neutralen Worten verlangsamten. Für Alkoholpatienten zu Beginn ihrer Entwöhnung erzeugten Alkoholworte und Worte mit Bezug zu wichtigen persönlichen Anliegen (insbesondere den gerade problematisch eingeschätzten) vergleichbare Interferenzen.

Drittmittelgeber:

British German Academic Research Collaboration-ARC

Beteiligte Wissenschaftler:

M. Cox, Ph. D., (Bangor, Wales, Großbritannien), Dipl. Psych S. Eickelmann, Dr. A. Gerlach, Dipl.-Psych. A. Fuhrmann (Westfälische Kliniken für Psychiatrie, Münster), Prof. Dr. R. de Jong-Meyer (Leiterin), Dr. J. Lindenmeyer (Salus Klinik Lindow), Dipl. Psych T. Mi' Ari, Dr. B. Schroer, Dr. B. Wilken

Veröffentlichungen:

de Jong-Meyer, R., & Wilken, B. (2001). Die Förderung motivationaler und selbstregulativer Prozesse bei Alkoholabhängigen. In: R. Dohrenbusch & F. Kaspers (Hrsg.). Fortschritte der Klinischen Psychologie und Verhaltensmedizin. Lengerich: Pabst Verlag, 295-322.

de Jong-Meyer, R., Eickelmann, S., Lindenmeyer, J. & Gerlach, A. (2002). Selektive Aufmerksamkeit Alkoholabhängiger bei alkoholbezogenen und motivational bedeutsamen Stimulusworten: Keine Expositionseffekte im Stroop-Paradigma. Sucht, 48, 422-430.

de Jong-Meyer, R. (2003). Systematic Motivational Analysis as Part of a Self-Help Technique Aimed at Personal Goal Attainment. In W.M. Cox and E. Klinger (Eds.) Motivating People for Change: A handbook of Motivational Counseling. New York: Wiley, 259-281.

Mi'Ari, T., Lindenmeyer, J.& de Jong-Meyer, R. (2003). Deutsches Inventar zur Effektivität von Bewältigungsstrategien in rückfallkritischen Situationen (EBRS). In: A. Glöckner-Rist, F. Rist, & H. Küfner (Hrsg), Elektronisches Handbuch zu Erhebungsinstrumenten im Suchtbereich (EHES). Version 3.00 . Mannheim: Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen.

Mi'Ari, T., Lindenmeyer, J. & de Jong-Meyer, R. (2003). Rückfallrisikosituationen für alkoholabhängige Patienten (PRSA). In: A. Glöckner-Rist, F. Rist, & H. Küfner (Hrsg), Elektronisches Handbuch zu Erhebungsinstrumenten im Suchtbereich (EHES). Version 3.00. Mannheim: Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen.

Schroer, B. M. (2001). Zielaktivierung und Zielerklärung (ZAK): Evaluation einer gruppentherapeutischen Kurzintervention in der Entzugsabteilung alkoholabhängiger Menschen. (unveröffentlichte Dissertation)

Schroer, B. M., Fuhrmann, A. & de Jong-Meyer, R. (2003). A clinical application of the Motivational Structure Questionnaire in Groups: Clarifying the motivational structure during psychotherapy. In W.M. Cox and E. Klinger (Eds.) Motivating People for Change: A Handbook of Motivational Counseling. New York: Wiley.

 
 

Hans-Joachim Peter
EMail: vdv12@uni-muenster.de
HTML-Einrichtung: Izabela Klak
Informationskennung: FO07AB03
Datum: 2003-10-01 ---- 2003-11-07