Westfälische Wilhelms-Universität
Münster
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Psychologisches Institut I - Psychologische Diagnostik und Klinische Psychologie Fliednerstr. 21 48149 Münster Geschäftsführende Direktorin: Prof. Dr. de Jong-Meyer |
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Fax: (0251) 83-3 41 13 e-mail: @psy. uni-muenster.de www: http://wwwpsy.uni-muenster.de/inst1.html |
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002 Fachbereich 07 - Psychologie und Sportwissenschaft |
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Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozesse bei Affektiven Störungen
Unspezifität des
autobiographischen Gedächtnisses bei Depressiven
Pathologische
Prozesse der Informationsverarbeitung stehen im Zentrum von aktuellen Depressionsmodellen. Mit den von der
Arbeitsgruppe um Williams angeregten Arbeiten zur Art des Abrufs autobiographischer Erinnerungen wurde
die Qualität der Gedächtnisantwort als eigenes Forschungsfeld etabliert (Williams, 1996). Eine Reihe
aktueller Studien dieser und weiterer angelsächsischer Gruppen zeigte, dass depressive Patienten im
Vergleich zu Kontrollpersonen häufiger autobiographische Erinnerungen nennen, die nicht auf einen
bestimmten Tag und einen bestimmten Ort bezogen werden können. In der eigenen Arbeitsgruppe
wurden seit 1998 empirische Untersuchungen zu diesem Phänomen der Unspezifität des
autobiographischen Gedächtnisses bei Depressiven durchgeführt. Es gelang
zunächst eine Replikation der Spezifitätsbefunde bei sorgfältig diagnostizierten ambulanten
und stationär behandelten depressiven Patienten. Weitere Fragestellungen betrafen die
Valenzabhängigkeit des Phänomens (positive versus negative autobiographische Situationen) und
die Selbst- versus Fremdreferenz (Situationen, die das Individuum selbst betroffen hatten, versus solche, die
für eine nahestehende andere Person bedeutsam gewesen waren). In einer weiteren Studie ging es um
die Konsequenzen eines unspezifischeren Abrufs von Erinnerungen. Es zeigte sich, dass depressive Patienten
mit vermindertem Zugriff auf spezifische autobiographische Erinnerungen auch Schwierigkeiten haben,
spezifische Zukunftsvorstellungen zu generieren, derzeit für sie bedeutsame Anliegen spezifisch zu
repräsentieren und/oder Problemlösungen in spezifischer Weise anzugehen. In dieser Studie
ergaben sich darüber hinaus Hinweise für die von Williams postulierte, aber noch nicht belegte
mnemonic interlock-Annahme. Unspezifität entwickelt sich nach dieser Annahme als Folge
des Vermeidens der mit spezifischen Vorstellungen einhergehenden Emotionen. Die Gedächtnissuche
wird auf der Ebene intermediärer kategorialer Deskriptionen abgebrochen. Das Misslingen des Abrufs
spezifischer Informationen soll allerdings zu weiteren Iterationen des Suchvorgangs mit anderen
intermediären Deskriptionen führen und damit langfristig zur Entstehung eines hoch elaborierten
Netzwerks kategorialer Deskriptionen beitragen, welches dann auch bei der Enkodierung aktueller negativer wie
positiver Ereignisse wirksam wird. Wir konnten zeigen, dass bei Depressiven sequentielle Abfolgen
unspezifisch-kategorialer Erinnerungen häufiger sind als bei Nicht-Depressiven. Sie bleiben sozusagen an
den unspezifischen Erinnerungen im Sinne des Mnemonic Interlock hängen, was dem bei
Grübeln/Rumination ablaufenden Gedankenkreisen ähnelt.
Auf der Grundlage der eigenen Untersuchungen
und Publikationen wurden zum Thema Übergenereller Abruf autobiographischer Erinnerungen
und basale Cortisolspiegel bei depressiven Patienten bei der DFG Drittmittel beantragt, die mit Bescheid
vom 15.1. 2003 inzwischen bewilligt wurden.
Selektive
Aufmerksamkeit für negative Stimuli und Bedingungen für Vigilanz versus Vermeidung
Über die Aufmerksamkeits-Allokation bei für Depression vulnerablen Personen liegen erst
vereinzelte experimentelle Studien vor. Mit auf dem Visual Dot Probe-Paradigma basierenden Experimenten
(Dissertationsprojekt Höping) wurde überprüft, ob eine verstärkte Tendenz zur
Vermeidung negativer, Selbstaufmerksamkeit induzierender Stimuli ein Vulnerabilitätsfaktor für die
Entwicklung depressiver Erkrankungen ist. Bei für Depression vulnerablen Personen (ehemals Depressive
nach Remission), aktuell an Depression Erkrankten und gesunden Kontrollpersonen wurde die
Aufmerksamkeitsablenkung auf negative, Persönlichkeitseigenschaften beschreibende Worte erfasst und
untersucht, wie sich Selbstaufmerksamkeitsinduktion und mentale Belastung auf die Aufmerksamkeitssteuerung
auswirken. Die Dissertation wird 2003 vorgelegt werden.
Inhibitorische Aufmerksamkeitskontrolle
als Vulnerabilitätsmarker für Depression
Aktuelle Studien
weisen darauf hin, dass Muster der asymmetrischen Aktivation im Frontalhirn einen biologischen
Vulnerabilitätsmarker für Depression darstellen könnten. Gegenstand einer experimentellen
Grundlagenstudie (Stichprobe von 41 klinisch unauffälligen jungen Erwachsenen; Dissertationsprojekt
Barnhofer) war die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen präfrontaler Aktivationsasymmetrie
unter Ruhebedingungen und einer selbstregulativen Kompetenz, die aufgrund aktueller Befunde als kognitiver
Vulnerabilitätsmarker für Depression diskutiert wird (Tomarken & Keener, 1998). Die dort genannte
selbstregulative Unterdrückung von motivationalen Interferenzen wurde als Fähigkeit zur
inhibitorischen Aufmerksamkeitskontrolle von positiven und negativen semantischen Stimuli operationalisiert.
Als Indikator wurde das Phänomen des negativen Primings (die auf die aktive Hemmung von
Stimulusrepräsentationen zurückzuführende Verlängerung der Reaktionszeit auf
Stimuli, die entsprechenden Instruktionen folgend unmittelbar zuvor ignoriert werden sollten) herangezogen.
Negatives Priming wurde in einer computergestützten lexikalischen Entscheidungsaufgabe erfasst. Die
Bearbeitung dieser Aufgabe erfolgte dabei unter den Bedingungen positiver als auch negativer
Stimmungsinduktion. Als Indikator der frontalen Aktivationsasymmetrie wurde das Verhältnis der EEG
alpha-Aktivität im Ruhezustand an homologen Ableitungsorten im Bereich des präfrontalen Cortex
herangezogen. Die Dissertation wurde 2002 abgeschlossen.
Drittmittelgeber: Beteiligte Wissenschaftler: Veröffentlichungen: |
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