Westfälische Wilhelms-Universität
Münster
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Medizinische Klinik und Poliklinik C Albert Schweitzer Str. 33 48149 Münster Direktor: Univ. Prof. Dr. Günter Breithardt |
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Fax: (0251) 83-47864 e-mail: breithg@uni-muenster.de www: http://medc.uni-muenster.de/ |
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002 Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
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Geschlechtshormone und koronare Herzerkrankung in der Postmenopause
Vor der Menopause ist das kardiovaskuläre Risiko von Frauen um ein Vielfaches geringer als
bei gleichaltrigen Männern. Dann jedoch steigt die Häufigkeit von Herzinfarkt,
Schlaganfällen und kardiovaskulär bedingten Todesfällen dramatisch an. In
diesem Zusammenhang haben die Daten der aktuellen Hormonersatz-Therapiestudien grosse
Zweifel aufkommen lassen, ob Frauen von einer derartigen Therapie profitieren und auch, ob
der geschilderte protektive Effekt vor der Menopause überhaupt auf Östrogene
zurückzuführen ist. Viele Faktoren tragen bei Frauen in der Postmenopause zu
einer beschleunigten Atherosklerose bei. Besonders gefährlich ist das sogenannte
metabolische Syndrom: es ist charakterisiert durch das Vorliegen einer gestörten
Glukosetoleranz oder sogar eines manifesten Diabetes mellitus, einer Dyslipidämie mit
erhöhten Triglyzeriden und niedrigem HDL Cholesterin, Übergewicht mit
klassischerweise männlichem Verteilungsmuster des Körperfettes, und einer
arteriellen Hypertonie. In menstruierenden Patientinnen sind Übergewicht und
Insulinresistenz häufig vergesellschaftet mit Zeichen der Vermännlichung, wie
Oligomenorrhoe, einer männer-typischen Behaarung, erhöhten Serumspiegeln von
Testosteron und erniedrigtem Spiegeln von Sex Hormone Binding Globulin (SHBG) sowie zum
Teil auch dem Syndrom der polyzystischen Ovarien. SHBG fungiert als Transporter von
Geschlechtshormonen im Blutkreislauf und ist bei Frauen erniedrigt, wenn viele Androgene in
der Zirkulation vorhanden sind. Wir untersuchten den Einfluss und die Wechselwirkungen
dieser verschiedenen Faktoren auf eine koronare Arteriosklerose bei Frauen in der
Postmenopause. Die Studie wurde von der Medizinischen Klinik und Poliklinik C (Kardiologie
und Angiologie) und dem Institut für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin des
Universitätsklinikums Münster durchgeführt. Sie wurde unterstützt
durch Fördermittel des "Interdisziplinären Zentrum für klinische Forschung
(IZKF)" in Münster. Alle konsekutiven Patientinnen, die unserer Klinik zur
Abklärung und Behandlung einer koronaren Herzerkrankung oder von
Herzrhythmusstörungen zugewiesen wurden, wurden um Ihre Einverständnis zum
Studieneinschluss gefragt. Insgesamt wurden 87 Frauen rekrutiert, von denen Blut für
verschiedene Hormon- und Stoffwechselanalysen abgenommen wurde. Alle Patientinnen
wurden koronarangiographiert, und die Filme mit verschiedenen Wertungssystemen analysiert.
Danach konnten die Frauen in eine Gruppe ohne jegliche koronare Arteriosklerose und eine
Gruppe mit Läsionen unterteilt werden. In Abhängigkeit davon wurden dann
klinische Parameter wie Körperfettverteilung, Zeichen der Virilisierung und die
verschiedenen Hormon- und Stoffwechselparameter analysiert. Frauen mit koronarer
Herzkrankheit hatten höhere Serumspiegel von Triglyzeriden, LDL Cholesterin, und
Insulin, wie auch niedrigere HDL-Cholesterinspiegel und eine reduzierte
Insulinsensitivität. Ähnliche Daten waren bereits in zahlreiche früheren
Studien gezeigt worden. Als neuen Befund konnten wir zeigen, dass postmenopausale Frauen
mit koronarer Herzkrankheit (KHK) signifikant niedrigere Serumspiegel von SHBG aufweisen.
Mit multivariaten statistischen Analyseverfahren zeigte sich zudem, dass SHBG mit einer KHK
unabhängig von anderen Risikofaktoren, wie Lipiden aber auch Insulin, assoziiert war.
Früher wurde bereits gezeigt, dass niedrige SHBG Spiegel einen Risikofaktor für
die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2 darstellen. In dieser Studie konnten wir nun
zusätzlich zeigen, dass niedrige SHBG Spiegel mit einer KHK in postmenopausalen
Frauen assoziiert sind. Dabei bleibt es unklar, ob Androgene und SHBG den Stoffwechsel des
Fettgewebes und die Insulinsensitivität regeln, oder ob umgekehrt Adipozyten und Insulin
die Ausschüttung der Geschlechtshormone steuern und so das kardiovaskuläre
Risiko beeinflussen. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass in unsere Studie SHBG ein sensitiverer
Marker für Insulinresistenz war, als Insulin selbst oder andere Parameter, wie
Körperfettverteilung oder Blutglukose. Eine unmittelbare Konsequenz für die
klinische Routine lässt sich aus diesen Studiendaten zum jetzigen Zeitpunkt nicht ableiten.
Es handelt sich um eine erste Beobachtung aus einer klinischen Querschnittsanalyse, die durch
weitere, prospektive Studien untermauert werden muss. Sollte dieser Sachverhalt jedoch
bestätigt werden, würde SHBG eine klinische Bedeutung als Risikomarker oder
Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen bei Frauen in der Postmenopause
haben und könnte so auch als Unterstützung in der Diagnostik dienen.
Wissenschaftlich wirft die Beobachtung interessante und wichtige Fragen über den
pathophysiologischen Zusammenhang zwischen SHBG und Atherosklerose auf.
Projektdauer:
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Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter