Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Klinik und Poliklinik für
Phoniatrie und Pädaudiologie

Kardinal-von-Galen-Ring 10
48149 Münster
Direktorin: Prof. Dr. A. Lamprecht-Dinnesen
 
Tel. (0251) 83-56859
Fax: (0251) 83-56889
e-mail: phonpaed@uni-muenster.de
www: http://www.klinikum.uni-muenster.de/institute/phon/
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Klinik und Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie
Genese von Hörstörungen


Molekulargenetische Untersuchung zur Ototoxizität von Cisplatin

Das Zytostatikum Cisplatin wird im Kindesalter bei Osteosarkomen, Hirntumoren, Neuroblastomen und Keimzelltumoren mit großem Erfolg eingesetzt. Aufgrund der hohen Überlebensrate der Kinder sind therapiebedingte irreversible Nebenwirkungen wie die Ototoxizität besonders zu berücksichtigen. Angaben zur Inzidenz der Ototoxizität im Kindesalter bewegen sich zwischen 48 und 100 Prozent. Ein Drittel der betroffenen Kinder wird hörgerätepflichtig. Trotz der bekannten Dosisabhängigkeit der Cisplatin-Ototoxizität und definierter Risikofaktoren zeigt sich in klinischen Studien und in Tierversuchen eine bisher nicht geklärte interindividuell unterschiedliche Toleranz, die in einer eigenen retrospektiven Studie bestätigt werden konnte. Ziel des laufenden Projektes ist es, mögliche genetische Faktoren zu identifizieren, die im Zusammenhang mit der individuellen Cisplatin-Toleranz eine Rolle spielen. Ihr Nachweis könnte zu durchgreifenden Therapiemodifikationen im Sinne einer Dosisanpassung an das individuelle Risiko führen. Zunächst wurde eine klinische Datenbasis erarbeitet. Im Zeitraum von 1988 bis 1998 wurden gemeinsam von der Abteilung für Pädiatrische Onkologie/Hämatologie und der Klinik und Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie 104 Kinder und Jugendliche betreut, die wegen eines malignen Tumorleidens mit dem Zytostatikum Cisplatin behandelt wurden. Es wurden zwei Kollektive mit jeweils 10 Musterpatienten definiert: die Gruppe H mit geringer Cisplatin-Toleranz (frühzeitiger und massiver Hörverlust) und die Gruppe N mit hoher Cisplatin-Toleranz (Normalgehör trotz hoher Cisplatin-Gesamtdosis). Vergleichende molekulargenetische Untersuchungen des mitochondrialen Genoms gaben keine Hinweise auf eine kausale Beteiligung der mtDNA an der Cisplatinwirkung im Gegensatz zu ihrer bekannten Bedeutung für die Aminoglykosid-Ototoxizität. Die Zuordnung der Patienten zu den Haplogruppen nach Torroni 1997 ergab Hinweise auf eine mögliche Prädisposition, da es in der Gruppe H eine Überrepräsentation des Haplotyps J gab, der in anderen Untersuchungen ebenfalls mit mitochondrial bedingten Erkrankungen assoziiert wurde. Im Vergleich einiger kerncodierter Gene, bei denen ein Zusammenhang mit der Cisplatinwirkung plausibel war, konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Patientengruppen gefunden werden. Cisplatin induziert die p53-abhängige Apoptose. Zwischen den Gruppen N und H fand sich ein statistisch signifikanter Unterschied bzgl. des Polymorphismus im Codon 72, der zu einem Arginin/Prolin-Austausch führt.

Die Schädigungen einer Zelle durch Sauerstoffradikale und reaktive Sauerstoffverbindungen spielen bei der cytotoxischen Wirkung des Cisplatins eine zentrale Rolle. Zum jetzigen Zeitpunkt konzentrieren sich die Untersuchungen daher auf funktionelle Polymorphismen in den Genen der Glutathion-S-Transferasen und verschiedener Antioxidations-Enzyme. Dabei wurden Allele identifiziert, deren Häufigkeit zwischen den Gruppen signifikant verschieden ist, und die damit als potentielle Risikofaktoren anzusehen sind. Weitere vergleichende molekulargenetische Untersuchungen bzgl. DNA-Antioxidationsenzymen sind geplant.

Drittmittelgeber:

Brenninkmeyer-Stiftung 401.960538, Geers-Stiftung S 030/01.005/99, Folgeantrag gestellt

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Joachim Boos, Dr. Claudia Lanvers-Kaminsky, Prof. Dr. Heribert Jürgens, Prof. Dr. Jürgen Horst, Priv.-Doz. Dr. B. Dworniczak, Dr. Sabine Preisler-Adams, Dr. Ulrike Peters, Prof. Dr. Antoinette Lamprecht-Dinnesen, Priv.-Doz. Dr. Eberhard Seifert, Dr. Markus Hahn, Antje Hebeisen, Dirk Deuster

Veröffentlichungen:

M. Hahn, U. Peters, S. Preisler-Adams, K. Niemeyer, A. Hebeisen, E. Seifert, J. Boos, J. Horst, H. Jürgens, A. Lamprecht-Dinnesen, 2001: Beeinflussen Sequenzvarianten im mitochondrialen Genom die individuelle Sensiblilität gegenüber der ototoxischen Wirkung von Cisplatin? Aktuelle phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 2000/2001 Band 8, Hrsg. M. Gross, E. Kruse, Median-Verlag von Killisch-Horn GmbH, Heidelberg, ISBN 3-922766-74-9

U. Peters, S. Preisler-Adams, C. Lanvers-Kaminsky, H. Jürgens, A. Lamprecht-Dinnesen, 2003: Sequence variations of mitochondrial DNA and individual sensitivity to the ototoxic effect of Cisplatin. Anticancer Research: in press

 
 

Hans-Joachim Peter
EMail: vdv12@uni-muenster.de
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Datum: 2003-08-07