Forschungsbericht 1999-2000   
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"Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche
Wertesysteme vom Mittelalter bis zur
französischen Revolution"

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Sprecher: Prof. Dr. Gerd Althoff

 
 
 
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Sonderforschungsbereiche
Sonderforschungsbereich 496 "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution"
Teilprojekt C5/Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer
 


Macht und Ritual im Zeitalter der Französischen Revolution

Die Französische Revolution bildete nicht nur die Achsenzeit der politischen Moderne, sondern es verband sich mit dem zäsurstiftenden Prozeß von 1789 nicht zuletzt auch die Setzung eines kulturellen Umbruchs, welcher die Revolution in den Rang eines kontinuierlichen Ereignisses erhob, das bis in die unmittelbare Gegenwart ausstrahlt. Die politisch-gesellschaftlichen Leitmotive von 1789 bezogen ihre epochal prägende Evidenz dabei nicht allein aus jenem Forderungskatalog, der die Legitimität und Begründung politischer Herrschaft u.a. an die Bindung und Wahrnehmung allgemein partizipatorischer Rechte band; vielmehr vermittelte sich erst über die analog gesetzten symbolischen Prägungen, Lebens- und Ausdrucksstile der Revolutionszeit jener fundamentale Zusammenhang, der die politisch-normativen Gehalte der Zäsur von 1789 in den subjektiven Sinnhaushalt ihrer sozialen Trägerschichten einlagerte. Dazu zählten gemeinschaftsbildende Tischbankette ebenso wie die Ausprägung einer spezifischen revolutionären Festkultur oder die Pflanzung von Freiheitsbäumen - mithin die Ausprägung eines "modernen" Zeichen- und Symbolsystems, dessen Verweiszusammenhänge in differenter Weise und in unterschiedlichen Formen an den politisch rationalen Aussagegehalt der Forderungen von 1789 anknüpften. Insofern hatte sich - in der Nachfolge Rousseaus - die Denk- und Diskurstradition der Aufklärungsgesellschaft des 18. Jahrhunderts Momenten der symbolischen Darstellung ihres (utopischen) Wissens gegenüber ebenso aufgeschlossen wie sie umgekehrt ein Stück ihres intellektuellen Bewußtseins aus dieser kulturellen Selbstbeschreibung bezog. Während der Französischen Revolution beruhte schließlich nicht zuletzt die Tradierung ihrer normativen Aussagen auf der Weitergabe ihrer symbolgeprägten Ontologie.

Unterschiedliche revolutionäre Praxisfelder werden im Rahmen des Forschungsprojekts auf vier Ebenen untersucht: Zum einen fragt das Projekt nach spezifischen Ausprägungen von revolutionärer Soziabilität und Öffentlichkeit und untersucht unter diesem Gesichtspunkt den Zeitraum von den revolutionären Clubs bis zu den sozialen Bewegungen der frühen Julimonarchie. Zum anderen werden Formen symbolisch inszenierter Öffentlichkeit auch im Rahmen eines deutsch-französischen Vergleichs analysiert. Entsprechende Fragestellungen sollen auf der Mikroebene ebenfalls für ausgewählte Kommunen (Amiens und Lille) thematisiert werden, während in einem vierten Projektbereich das Augenmerk dem symbolisch geführten Diskurs der Gegenrevolution gilt. Im ersten Projektjahr (2000) hat sich die Forschungstätigkeit primär auf zwei Bereiche konzentriert: Dabei wurden die theoretischen Ausgangshypothesen auf der Grundlage empirisch gewonnenen Materials auf ihre Validität überprüft; parallel wurde in der ersten Projektphase mit der Erhebung archivalischer Quellen begonnen. Recherchen sind von den verantwortlichen Projektmitarbeitern hauptsächlich in den Archives Nationales Paris, im nordrhein-westfälischen Hauptstaatsarchiv (Düsseldorf) sowie im Staatsarchiv Münster durchgeführt worden. Ergänzend wurde einschlägiges Bildmaterial in der Bibliothèque Nationale de France (Paris) eingesehen. Die empirischen Vorarbeiten sollen in der zweiten Projektphase (unter Einschluß der Erhebung kommunalen Archivmaterials in Amiens) zum Abschluß gebracht werden, wobei zeitgleich die Niederschrift erster Forschungsergebnisse beabsichtigt ist.

Beteiligte Wissenschaftler:

Dr. Th. Großbölting, Dr. A. Owzar, Dr. R. Schmidt, N. Scholz, Prof. Dr. H.-U. Thamer (Leiter)

Veröffentlichungen:

Thamer, H.-U.: Politische Rituale und politische Kultur im Europa des 20. Jahrhunderts, in: Jahrbuch für Europäische Geschichte, 1, 2000, S. 79-98

--,: Funktion, Sinn und Problematik von Nationaldenkmälern am Ende des 20. Jahrhunderts, in: Lux-Althoff, St. (Hg.), 125 Jahre Hermannsdenkmal. Nationaldenkmäler im historischen und politischen Kontext, Lemgo 2001, S. 113-120

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2001-10-18 ---- 2001-11-30