Forschungsbericht 1997-98   
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Sprecher: Prof. Dr. Clemens Sorg

 
 
 
[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Sonderforschungsbereiche
Sonderforschungsbereich 293
Zellbiologie
 


Teilprojekt A8 (Sunderkötter/Schmid) : Differenzierung myeloischer Vorläuferzellen in Makrophagen während der Entzündung

Projektleiter:PD Dr. Cord Sunderkötter
Dienstanschrift:Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie
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Telefon:(0251) 835 6284,
(0251) 835 6501
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E-Mail:sunderk@uni-muenster.de

1.

Aktualisierung der Fragestellung
Allgemein gilt, daß bei immunologisch unspezifischen, akuten Entzündungen innerhalb der ersten Stunden zunächst viele polymorphkernige Granulozyten einwandern, aber nach 2-3 Tagen das Infiltrat zu einem großen Teil aus Makrophagen mit einem geringen Anteil an Granulozyten und Lymphozyten besteht. Die Erklärungen, wie es zu dieser Veränderung in der Infiltratzusammensetzung kommt, sind bislang nicht ausreichend. Verwandt hiermit sind die Fragestellungen, a) welche Mechanismen bei verschiedenen chronischen Entzündungen (primär chronische Polyarthritis, granulomatöse Erkrankungen) zu unterschiedlichen Infiltratzusammensetzungen und damit zu unterschiedlichen Verläufen führen, und b) ob den verschiedenen Vorstufen oder Differenzierungsformen von Makrophagen im Knochenmark und in entzündlichen Infiltrat nicht auch verschiedene Subpopulationen im Blut gegenüberstehen. Unsere Auswertungen anhand verschiedener muriner Entzündungsmodelle (inflammatorische Angiogenese in der Cornea, allergisches und toxisches Kontaktekzem, experimentelle Leishmaniasis, experimentelle Vaskulitis (Sunderkötter et al., 1991; Roth et al., 1992; Sunderkötter et al., 1993)) zeigten, daß es sich in der mononukleären Entzündungsphase nicht allein um eine relative Zunahme der Monozyten durch apoptotischen Untergang der Granulozyten handelt, da die Anzahl der Monozyten im Infiltrat auch absolut zunimmt (Sunderkötter et al., 1991). Diese Zunahme erfolgt auch nicht gleichzeitig über die Zeit, sondern hat nach zwei bis drei Tagen eine steileren Verlauf (Sunderkötter et al., 1991). Die Zusammensetzung der Leukozyten im Infiltrat ist auch nicht allein ein Spiegel der Leukozytenzusammensetzung im Blut, da in unseren murinen Entzündungsmodellen die Monozyten im Infiltrat zunehmen bevor es im Blut zu einer Monozytose kommt (Biermann et al., 1999). Es gäbe zwei weitere Möglichkeiten der Erklärung:
1.)

Die Expression der endothelialen Adhäsionsmoleküle ändert sich derart, daß Monozyten nach 36-72h selektiv aus dem Blut rekrutiert werden. Hierzu paßt zwar, daß bestimmte Adhäsionsmoleküle nacheinander exprimiert werden (für unsere Entzündungsmodelle siehe Henseleit et al., 1994 und 1996), aber a) geschieht dies bereits innerhalb der ersten 24h, also 24h-48h bevor die selektive Rekrutierung sichtbar wird, und b) hat man bislang kein Monozyten-spezifisches Adhäsions- und Chemokinsystem definieren können. Darunter zunächst eingereihte Rezeptor-Ligandenpaare wie VCAM-1 / VLA-4 sind auch an der Transmigration von Granulozyten beteiligt. Auch wenn es ein Monozyten-spezifisches Adhäsions- und Chemokinsystem gäbe, so bleibt zusätzlich eine zweite Möglichkeit:

2.)

Die Makrophagen im Infiltrat entstammen nicht alle dem klassischen Blutmonozyten mit nierenförmigen Kern, sondern gehen auch aus Blutzellen hervor, die nicht dem Bild des klassischen Monozyten entsprechen und die gegebenenfalls auch noch teilungsfähig und differenzierungsfähig sind. Dieser Fragestellung sind wir zuerst nachgegangen.

2.

Angewandte Methoden
Kultivierung von Leukozyten aus dem Knochenmark, der Milz und dem Blut. Immunhistologische, enzymhistochemische, ultrastrukturelle Analysen (einschl. der intrazytoplasmatischen Verteilung der Peroxidaseaktivität); FACS-Analysen, Proliferationsassay, Assay für Kolonie-bildende Vorläuferzellen, Apoptose- und Phagozytosenachweis. Zytokin Assays (Bioassay, ELISA). Sortierung bzw Einzelablage der Leukozyten mit Hilfe des Zellsorters (Cytomation). Beobachtung des Differenzierungsvermögens der sortierten Zellen mit und ohne Wachstumsfaktoren (z.B. M-CSF). Tiermodelle für akute und chronische, unspezifische und Zell-vermittelte Entzündungen (inflammatorische Angiogenese in der Cornea, experimentelle Vaskulitis, allergisches und toxisches Kontaktekzem, experimentelle Leishmaniasis). Verwendung von Mausstämmen mit genetischen Veränderungen, die Auswirkung auf das Infiltrat haben (Csfm op/Csfm op, CD18-defiziente Mäuse). Injektion neutralisieremder Antikörper gegen Adhäsionsmoleküle (z.B. anti-E-Selektin).

3.

Ergebnisse und ihre Bedeutung
3.1

Charakterisierung der Ringzelle
Auf der Suche nach den Vorläufern der Makrophagen im Infiltrat haben wir zunächst festgestellt, daß die murinen Monozyten und Makrophagenvorläufer nicht alle den klassischen Kriterien mit geschlossenem nierenförmigen Kern entsprechen, sondern daß zu ihnen auch ein Teil der Zellen mit ringförmigen Kernen gehört (nachfolgend Ringzelle genannt). Diese Zellen machen 50% des Knochenmarks aus und sind außerdem im Blut und im entzündlichen Infiltrat zu finden (Biermann et al., 1999). Bislang wurden sie fast immer den Granulozyten (PMN) zugerechnet. Unsere Charakterisierung dieser Zellen ergab, daß sie Vorläufer und reifere Formen der granulozytären und monozytären Zelllinie bilden und z.T. Vorläuferzellen unmittelbar jenseits des Stammzellstadiums enthalten (Biermann et al., 1999). Die hierfür von uns durchgeführte, gleichsam synoptische Gegenüberstellung morphologischer, ultrastruktureller, funktioneller, immun- und enzymhistochemischer Befunde, einschließlich der Studien mit dem Zell Sorter, erwies sich für die Fragestellung angemessener als die getrennte Beschreibung morphologischer, funktioneller o.ä. Charakteristika in manchen anderen Studien (so gilt der Antikörper GR-1 vielfach noch als spezifischer Granulozytenmarker, obwohl ein Vergleich von FACS bzw Sorter Daten mit morphologischen und funktionellen Befunden das GR-1 Antigen mindestens auch auf Myelozyten, Promonozyten und Monozyten ausweist). Insgesamt wurde aber auch deutlich, daß sich mit den bekannten Methoden Promonozyten von Myelozyten und Promyelozyten nicht immer zuverlässig voneinander trennen lassen. Es gab unter den mononukleären Zellen (Ringzellen und Zellen mit gefüllten Kernen) einige Zellen die morphologisch oder nach enzym- und immunhistochemischen Markern Kriterien für Zellen beider Linien erfüllten (mutmaßlich Zellen im Promyelozyten, Myelozyten oder Promonozytenstadium). Zur weiteren Analyse befassten wir uns mit der Selektion der Zellen am Zellsorter, welcher im Rahmen des SFB u.a. für dieses Teilprojekt beantragt worden war. Wir wurden dadurch in den Stand versetzt KM-Zellen nach immunhistochemischen Markerkombinationen (einschließlich ihrer Dichte), also z.B. nach GR-1low, GR-1high und BM8, zu isolieren und danach gleich ihre Morphologie zu beurteilen (der BM8 erkennt ähnlich wie der F4/80 murine Monozyten und Makrophagen). Die granulozytären Ringzellen befanden sich größtenteils in der GR-1high positiven Population. Die GR-1low positiven BM8-negativen Zellen bildeten eine heterogene Gruppe mit B-Lymphozyten, Promonozyten, Promyelozyten oder Myelozyten, Monozyten, und monozytären Ringzellen. Dagegen war die Fraktion der GR-1low positiven BM8-positiven Zellen angereichert mit Monozyten, Promonozyten, einigen Promyelozyten und monozytären Ringzellen. In Kultur mit M-CSF-haltigem Medium genommen, konnten aus diesen Populationen nach 3 bis 4 Tagen Makrophagen gewonnen werden, die meisten aus der GR-1low positiven BM8-positiven Fraktion. Ringzellen befanden sich aber außerdem angereichert in einer gesorteten Population, deren Zellen noch keine Marker für sogenannte "Lineage" (leukozytäre oder erythropoetische Zellinien) exprimierten (B220, CD3, GR-1, Mac-1, BM8, Terr 119), außerdem CD38-negativ, aber c-kit- und sca-1-positiv waren und damit zu den unmittelbaren Nachkommen der murinen hämatopoetischen Stammzellen gerechnet (Biermann et al., 1999). Auch im Blut befanden sich ebenfalls GR-1low BM8-negative und GR-1low BM8-positive monozytäre Zellen mit geschlossenem und ringförmigen Kern. Ihre Anzahl war zwar gering, aber ausreichend um zu zeigen, daß es auch im Blut mindestens zwei immunophänotypisch distinkte Populationen an monozytären Zellen gibt.

Aus dieser Arbeit ergibt sich:
1.)

Monozyten sind nicht morphologisch einheitlich und befinden sich unter Zellen die sonst für Granulozyten gehalten wurden.

2.)

Im Knochenmark und im Blut der Maus gibt es eine kleine Anzahl an Zellen die nicht immer eindeutig der granulozytären oder der monozytären Linie zugeordnet werden können.

3.)

Im Blut der Maus gibt es unterschiedliche Monozytenpopulationen.

Da es morphologisch oder phänotypisch verschiedene Monozytenpopulationen im Blut gibt, ist es möglich, daß sich darunter auch weniger differenzierte proliferationsfähige Monozyten befinden, welche bei einer Entzündung früh auswandern und erst im Gewebe zu allgemein erkennbaren Makrophagen werden. Darin könnte ein Grund für die markante Zunahme der Makrophagen nach 2-3 Tagen liegen. Außerdem ergibt sich hieraus die Frage, ob die unterschiedliche Zusammensetzungen der Infiltrate bei verschiedenen Entzündungsverläufen mit einer Rekrutierung unterschiedlicher Monozytenpopulationen mit unterschiedlichem Differenzierungsvermögen zusammenhängt

3.2

Charakterisierung unterschiedlicher Monozyten/Makrophagenpopulationen
Um verschiedene Subtypen an Monozyten genauer zu definieren, sind wir die Fragestellung von zwei verschiedenen Seiten angegangen:
1.)

Analyse der Phänotypen und der Funktion der M-CSF-unabhängigen Makrophagenpopulation in M-CSF-defizienten Csfmop/Csfmop Mäusen (unter Mitarbeit von Projekt B1).

2.)

Charakterisierung unterschiedlicher Monozytensubpopulationen im Blut aufgrund von Oberflächenmarkern, mit dem Ziel sie zu sorten und ihr Differenzierungsverhalten zu untersuchen.

3.2.1

Die M-CSF-unabhängige Makrophagenpopulation in Csfmop/Csfmop Mäusen (neue Ergebnisse nach Fertigstellung des Antrages, noch nicht veröffentlicht)
Da bei Csfmop/Csfmop Mäusen die Fraktion der M-CSF-abhängigen Makrophagenformen fehlt und im Blut weniger klassische Monozyten zirkulieren, haben wir untersucht, ob bei ihnen bestimmte Makrophagenphänotypen nicht vorhanden sind, und ob bestimmte Entzündungsreaktionen bei ihnen anders als bei den nicht mutierten Wildtypen ablaufen (mögliche Charakterisierung von Makrophagensubtypen über ihre Funktionen). Bei den Infiltraten im Rahmen des akuten allergischen und toxischen Kontaktekzems, der experimentellen Leishmaniasis und der kauterisierten Mauskornea fanden wir bei den Csfmop/Csfmop Mäusen signifikant weniger F4/80- oder BM8-positive und Scavenger Rezeptor tragende Zellen, aber signifikant mehr GR-1-positive Zellen (Granulozyten und Monozyten). Das Gleiche gilt für das Blut, in dem zwar die klassischen Monozyten verringert sind, sich aber viele GR-1-positive Ringzellen sowohl der granulozytären als auch der monozytären Fraktion befinden. Zwar ist beschrieben worden, daß bei 5 Wochen alten Csfmop/Csfmop Mäusen in der hämatopoetisch aktiven Milz mehr GR-1 und F4/80-positive Zellen und mehr Vorläuferzellen als im Wildtyp vorhanden sind, nach unseren Untersuchungen ist die höhere Anzahl an F4/80-positiven Zellen aber nicht deutlich und kann nicht aufkommen für die gegenüber dem Wildtyp drastisch verminderte Anzahl F4/80-positiver Zellen im KM. Trotz der unterschiedlichen Makrophagenpopulationen laufen einige immunologische Vorgänge bei beiden Mausstämmen ähnlich ab: Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Csfmop/Csfmop Mäusen und Wildtypen mit Bezug auf die Sensibilisierung und Auslösung eines allergischen Kontaktekzems und ebensowenig hinsichtlich der lokalen Ausbreitung bei der experimentellen Leishmaniasis. Bei der Analyse des Sekretionsmusters der T-Lymphozyten aus den drainierenden Lymphknoten stellten wir entsprechend fest, daß sowohl Csfmop/Csfmop Mäuse als auch Wildtypen eine Th1- Anwort ausbilden. Folglich scheint die fehlende M-CSF-abhängige Monozytenpopulation nicht notwendig zu sein für den regelhaften Ablauf einer T-Zell-spezifischen Immunantwort. Da in der Auslösephase der zellvermittelten Immunantwort zwar ein Infiltrat, aber keine Langerhanszellen notwendig sind (Grabbe und Schwarz, Projekt B1), müssen sich innerhalb des GR1-reichen, F4/80 und BM8-armen Infiltrates entsprechende immunkompetente Zellen befinden. Diese immunkompetente, M-CSF-unabhängige Population ist noch nicht weiter charakterisiert worden. Wichtig zu wissen wäre, in welchen Funktionen sie Einbußen hat (Wundheilung, Tumorabwehr) und ob sie aufgrund der unterschiedlichen Expression an Oberflächenmarkern definiert werden kann.

3.2.2

Das Infiltrat in CD18-defizienten Mäusen
Bei den CD18-defizienten Mäusen wandern während der experimentellen Leishmaniasis und bei der inflammatorischen Angiogenese initial deutlich weniger GR1-positive Zellen ein, während die Zahl der BM8- und F4/80-positiven Zellen sich vom Wildtyp nicht signifikant unterscheidet (Zusammenarbeit mit K. Scharffetter-Kochanek, Univ.-Hautklinik Köln und mit Projekt B1). Die Verringerung der GR-1-positiven Zellen geht auf Kosten der segmentkernigen Granulozyten und der granulozytären Ringzellen (mit segmentierten ringförmigen Kernen), während monozytäre Ringzellen und Zellen mit nicht- segmentierten Kernen vorhanden sind. Diese CD18-defizienten Mäuse werden im Rahmen eines anderen Projektes in Bezug auf die Auseinandersetzung mit Leishmanien (Phagozytose, T-Zell Antwort) untersucht. Die hier genannten Befunde haben aber widerlegt, daß CD18 für die Einwanderung von Monozyten wichtig ist. Gleichzeitig weisen sie auf eine kleine myeloische Population hin, die unabhängig von CD18 einwandert und kaum Granulozyten enthält (Schönlau et al., Manuskript eingereicht).

3.2.3

Charakterisierung unterschiedlicher Monozytenpopulationen im Blut mitttels FAC-Scan und Sorter (mit zusätzlichen Ergebnissen nach Verfassen des Antrages)
Trotz der umfangreichen Untersuchungen zur Differenzierung der Makrophagen im Knochenmark und zur unterschiedlichen Infiltratzusammensetzung im Gewebe, gibt es bislang kaum entsprechende Daten zu den Monozyten im murinen Blut, und das, obgleich sie die eigentlichen Vorläufer der Infiltratmakrophagen sind. Unsere hierzu inzwischen vorliegenden Ergebnisse bestätigen eine wichtige Hypothese unseres Vorantrages, nämlich daß es im Blut der Maus unterscheidbare Monozytenpopulationen gibt. Zunächst haben wir Unterschiede in Bezug auf ihre Oberflächenmarker gefunden, wodurch sie a) sortierbar werden, b) getrennt in verschiedenen Assays untersucht werden können und c) für eine Reinjektion in vivo verfügbar werden (siehe Arbeitsprogramm). Im Blut fanden wir neben den GR-1low, BM8-negativen und GR-1low, BM8-positiven Monozytenpopulationen (s.o.) eine Aufteilung der BM8-positiven Fraktion in BM8-positive, ERMP20 (Ly6C)-positive und BM8-positive, ERMP20-negative Monozyten. (ER-MP20 zeigt myeloische Knochenmarkszellen jenseits des M-CFC Stadiums). Ebenso zeigte sich, daß es im Blut Scavenger-Rezeptor-positive und Scavenger-Rezeptor-negative Monozyten gibt. Ausgehend von den Befunden im Knochenmark müßte es sich bei der ERMP20-positiven Fraktion um eine weniger differenzierte Fraktion handeln, bei den Scavenger-Rezeptor-positiven Zellen hingegen um eine differenziertere Population. Bislang ist nicht bekannt, - und auch für die Knochenmarkszellen nicht bewiesen -, ob es für die Monozyten nur eine einzige, lineare Entwicklungslinie im Blut gibt, ob also aus BM8-positiven, ERMP20 (Ly6C)-positiven Zellen immer BM8-positive, ERMP20 (Ly6C)-negative bzw Scavenger Rezeptor-positive Zellen werden, oder ob einige Zellen im normalen Blut nicht in dem jeweiligen Phänotyp verharren. Auf jeden Fall zirkulieren zur gleichen Zeit Monozyten unterschiedlichen Phänotyps im Blut. Unsere bisherigen Untersuchungen an den gesorteten Zellen haben erbracht, daß bei Anwesenheit von M-CSF zumindest die BM8-und ERMP20-positive Fraktion proliferationsfähige Zellen enthält. Bei der nachfolgenden Durchsicht entzündlicher Infiltrate konnten wir bestätigen, daß auch dort eine ERMP20-positive Fraktion zu finden ist. Es gibt somit im peripheren Blut unterschiedliche Phänotypen an Monozyten, von denen einer ex vivo noch proliferationsfähig ist und anscheinend auch in das Gewebe einwandert. Wir haben daraufhin untersucht, ob es bei einer chronischen Infektion wie der experimentellen Leishmaniasis zu einer relativen Verschiebung zwischen diesen Populationen kommt. In der Tat nimmt die BM8-positive, ERMP20 (Ly6C)-positive Fraktion zu (in einem Experiment von 0.4 auf 2.11%) während die BM8-positive, ERMP20-negative Fraktion leicht abnimmt (von 3.51% auf 2.5%). Das würde eine Verschiebung in Richtung der weniger differenziert erscheinenden Population bedeuten. Gleichzeitig nimmt aber der Anteil der Scavenger-Rezeptor tragenden Zellen zu (von 4 auf 8%). Dies spricht zumindest dagegen, daß sich die Zellen linear von BM8-positiv, ERMP20 (Ly6C)-positiv in Richtung BM8-positiv, ERMP20-negativ und Scavenger-Rezeptor-positiv entwickeln, sondern daß sich entweder eine bestimmte Monozytenpopulation anreichert oder - im Falle nur einer Linie - bestimmte Differenzierungswege verändert werden. Die Sortierung und weitere Analyse dieser verschiedenen monozytären Populationen ist Gegenstand des Nachfolgeantrags (1999-2002).

3.3

Bedeutung der Adhäsionsmoleküle für die Rekrutierung der Infiltratmakrophagen
Zur Rolle der Adhäsionsmoleküle für die Herkunft der Infiltratmakrophagen haben wir festgestellt, daß die Zunahme der F4/80-positiven Monozyten zwar mit einer zunehmenden Expression von VCAM-1 einhergeht (Henseleit et al., 1994), daß aber geringere Zahlen an F4/80-positiven Makrophagen in Leishmanien-infizierten Fußsohlen bestimmter Mausinzuchtstämme (Sunderkötter et al., 1993) nicht mit einer verminderten Expression von VCAM-1 verknüpft waren (Sunderkötter, unveröffentlicht). Die früh einwandernden, MRP14-positiven Leukozyten (Granulozyten, monozytäre und granulozytäre Ringzellen, zu MRP14 siehe auch Roth, Projekt A4 und Nacken/Sorg, Projekt A10) adhärieren in vitro an E-Selektin und ihre Zunahme im Infiltrat erfolgt gleichzeitig mit der Expression von E-Selektin (Henseleit et al., 1996), doch durch eine Blockierung von E-Selektin mittels neutralisierender Antikörper konnten wir im Korneamodel die Anzahl MRP14-positiver Zellen nicht signifikant reduzieren. Somit mag die Expression von E-Selektin und VCAM-1 zwar hinreichend sein um auch Monozyten zu rekrutieren, sie erklärt aber alleine nicht die selektive Rekrutierung bestimmter Makrophagen im Infiltrat. Unsere Untersuchungen zu einem Zusammenhang zwischen der Expression endothelialer Adhäsionsmoleküle und der Einwanderung unterschiedlicher Leukozytenpopulationen führte uns zu einer Beobachtung der wir im Rahmen der Vorarbeiten zu diesem Projekt weiter nachgegangen sind (in Zusammenarbeit mit Vestweber, Projekt A1). So konnten wir nachweisen, daß T-Lymphozyten nach Aktivierung in vitro und in vivo imstande sind die Expression von E-Selektin zu induzieren, ein Molekül welches sie für ihre eigene Transmigration in die Haut nutzen. Eine Blockierung reduziert den Anteil der einwandernden T-Zellen, ein Mangel an T-Zellen führt hingegen zu einer Abnahme der E-Selektin Expression im Gewebe (Sunderkötter et al., 1996). Zwar ist E-Selektin für die Einwanderung der meisten Monozyten offenbar nicht notwendig, aber es ist anzunehmen, daß hier ein Beispiel für ein allgemeineres Prinzip dargelegt wurde, nämlich daß bei chronischen Entzündungen bestimmte Leukozytenpopulationen die Expression für sie wichtiger Adhäsionsmoleküle oder Chemokine selber induzieren.

4.

Zusammenfassung und Schlußfolgerungen
1.)

Nicht alle Monozyten entsprechen der morphologisch klassischen Form mit nierenförmigem Kern, sondern können z.B. auch ringförmige Kerne enthalten. Leukozyten mit ringförmigen Kernen umfassen neben Granulozyten und Monozyten auch Vorläuferzellen aus beiden Linien.

2.)

Im Knochenmark und im Blut der Maus gibt es eine kleine Anzahl an Zellen die nicht immer eindeutig entweder der granulozytären oder der monozytären Linie zugeordnet werden können. Diese Gruppe könnte auf einen Zelltyp im Blut hinweisen, der noch jenseits des GM-CFU Stadiums die (Bi-)Potenz hat sich in entweder Granulozyten oder Monozyten auszudifferenzieren.

3.)

Diese Gruppe könnte z.B. unter den ERMP20-positiven Blutmonozyten zu finden sein, da diese noch proliferieren können und da im Knochenmark ERMP20 von Vorläufern sowohl der granulozytären als auch der monozytären Linie exprimiert wird. Neben den ERMP20-positiven und -negativen Zellen gibt es im Blut der Maus noch weitere, phänotypisch distinkte Monozytenphänotypen.

4.)

Da ERMP20-positive Zellen bei Entzündungen auch im Gewebe erscheinen, könnte dies ein Hinweis auf Einwanderung teilungsfähiger Zellen sein und ein Grund für die markante Zunahme der Infiltratmakrophagen

5.)

In Abwesenehit von M-CSF (Csfmop/Csfmop Mäuse) werden weniger BM8- oder F4/80-positive bzw Scavenger-Rezeptor tragende Zellen gebildet während die Population GR-1-positiver Zellen (granulozytäre und monozytäre Zellinie) im Blut bzw bei Entzündungen im Gewebe ansteigt.

Diese M-CSF-unabhängigen Monozyten/Makrophagen gewährleisten aber den regelrechten Ablauf einer zellvemittelten (Typ IV) Immunantwort.

5.

Stellung unserer Ergebnisse und unserer Fragestellung
Auf den Tagungen der Society of Leukocyte Biology sind unsere Analysen der Ringzelle sehr begrüßt worden, da alle die mit murinen Leukozyten arbeiten die Ringzelle zwar kennen, keiner sie aber näher untersucht hat und daher eingestandenermaßen die Meinung übernommen hat, es handele sich dabei allein um granulozytäre Zellen. P. Leenen aus Rotterdam, ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der murinen Makrophagendifferenzierung, hat bereits eins unserer Abstracts zitiert und sich unseren Befunden angeschlossen. Die Frage nach der Herkunft der Infiltratmakrophagen wird zur Zeit wenig gestellt. Folglich wurde daher wahrscheinlich auch der Suche nach verschiedenen Monozytenpopulationen im Blut nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. In wissenschaftlichen Diskussionen (Society of Leukocyte Biology, Keystone Treffen über Makrophagen) fand die Frage aber viel Anerkennung, da dabei auffiel, daß eine zufriedenstellende Antwort in der Tat bislang nicht gegeben werden kann. Das Interesse an dieser Fragestellung wird zunehmen, da sie zusammenhängt mit der Generierung von Stammzellen oder von dendritischen Zellen aus Zellen des peripheren Blutes sowie wahrscheinlich auch mit dem unterschiedlichen Verlauf chronischer Entzündungen.

Drittmittelgeber:

Deutsche Forschungsgemeinschaft

Beteiligte Wissenschaftler:

Dr. med. Cord Sunderkötter (Teilprojektleiter), Prof. Dr. W. Schmid (Teilprojektleiter bis 98), Dr. med. Heike Biermann (WM), Dr. Jutta Wenk (WM)

Veröffentlichungen:

Henseleit, U., K. Steinbrink, M. Goebeler, J. Roth, D. Vestweber, C. Sorg, C. Sunderkötter: E-selectin expression in experimental models of inflammation in mice. J. Pathol. 180: 317-325. - 1996

Sunderkötter, C., K. Steinbrink, U. Henseleit, R. Bosse, A. Schwarz, D. Vestweber, C. Sorg: Activated, but not naive T-cells induce expression of E-selectin in vitro and in vivo. Eur. J. Immunol. 26: 1571-1579. - 1996

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 1999-11-10 ---- 2000-08-01