Forschungsbericht 1997-98   
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Sprecher: Prof. Dr. Clemens Sorg

 
 
 
[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Sonderforschungsbereiche
Sonderforschungsbereich 293
Zellbiologie
 


Teilprojekt A1 (Vestweber): Untersuchungen zur Regulation, Funktion und physiologischen Bedeutung der Liganden endothelialer Selektine

Projektleiter:Prof. Dr. Vestweber, Dietmar
Dienstanschrift:Institut für Zellbiologie, ZMBE
Von-Esmarch-Str. 56,
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Telefax:(0251)835 8616
E-Mail:vestweb@uni-muenster.de

1.

Vorarbeiten zur ersten Förderperiode
Als Vorarbeit zur letzten Förderperiode haben wir den E-selektin-Liganden ESL-1 (150 kD) durch Affinitätsisolierung mit Hilfe eines E-selektin-IgG Fusionsproteins (1) auf myeloiden Zellen der Maus identifiziert (2), gereinigt und nach Mikrosequenzierung kloniert (3). Mit Hilfe rekombinanter ESL-IgG Fusionsproteine und polyklonaler anti-ESL-1 Antikörper konnte die Funktion von ESL-1 als E-Selektinligand demonstriert werden: E-Selektin transfektierte Zellen binden spezifisch an ESL-IgG (immobilisiert auf Plastik) und anti-ESL-1 Antikörper inhibieren die Bindung von neutrophilen Granulozyten an E-Selektin exprimierende Endothelzellen (3). Wie die anderen Liganden für L- und P-Selektin muß auch ESL-1 durch eine Fukosyl-transferase modifiziert werden, um als Selektin-Ligand zu funktionieren. Das Proteingerüst von ESL-1 zeigt eine sehr breite Gewebeverteilung (z.B. auch in Fibroblasten und Epithelzellen), ist aber nur auf myeloiden Zellen in der Lage an E-Selektin zu binden (also nur dort "funktionell" glykosyliert). Wie bei den L- und P-Selektin-Liganden hat ESL-1 auf anderen Zelltypen wahrscheinlich noch eine andere Funktion. Neben ESL-1 wurde ein 130 kD Glykoprotein (Dimer 230 kD) auf neutrophilen Granulozyten der Maus als Ligand sowohl von E- als auch von P-Selektin durch Affinitätsisolierung mit den entsprechenden Selektin-IgG Fusionsproteinenen identifiziert (4). Dieses Protein konnten wir in der ersten Förderperiode als PSGL-1 identifizieren (5). Ein weiterer Ligand mit einem Molekulargewicht von 160 kD (reduziert 80 kD) wurde mit P-Selektin-IgG isoliert. Die Identität dieses Moleküls ist noch ungeklärt.

2.

Ausgangsfragestellungen
Hauptziele des Vorantrages waren Untersuchungen:

  1. zur Zelladhäsionsfunktion von ESL-1,
  2. zur möglichen Funktion der Signaltransduktion von ESL-1 und
  3. zur Frage, welche Liganden für E-selectin auf Lymphozyten zu identifizieren sind.
Auf Grund der weiter unten ausführlich geschilderten technischen Schwierigkeiten war es bisher unmöglich, brauchbare monoklonale Antikörper gegen ESL-1 zu generieren. Deshalb konnten bisher nur Teilbereiche der Zielsetzungen 1) und 2) bearbeitet werden. Da sich bei der Bearbeitung der Fragestellung 3) unerwartet eine Vielzahl von interessanten Ergebnissen und neuen Fragestellungen ergab, wurde dieser Bereich in stärkerem Ausmaß als ursprünglich geplant bearbeitet. Dabei wurde dieser Bereich ausgedehnt auf die Frage wie Lymphozyten und andere Leukozyten mit endothelialen Selektinen in vitro und in vivo interagieren und welche Rolle dabei PSGL-1 und moegliche andere Liganden spielen.
3.

Ergebnisse
3.1

Ergebnisse aus der ersten Förderperiode zu ESL-1:
Trotz intensiver Anstrengungen (12 Fusionen), ist es uns nicht gelungen, mAk gegen Maus ESL-1 auf klassischem Wege herzustellen. Ratten wurden zu diesem Zweck mit unterschiedlichen ESL-IgG Fusionsproteinen immunisiert. Obwohl in jedem Fall Rattenseren mit einem, wenn auch geringen, Titer an anti-ESL-1 Antikörpern erhalten wurden, war es nicht möglich Hybridome zu etablieren, die anti ESL-1 Antikörper produzierten. Wir vermuten, daß die starke Verwandtschaft von Ratten und Maus ESL-1 auf zweifache Weise der Herstellung von Antikörpern hinderlich ist. Zum einen steht diese hohe Verwandtschaft der Immunogenität des Moleküls entgegen (daher die geringen Antikörpertiter), zum anderen könnte es sein, daß die hohe Expressionsdichte von ESL-1 im Golgi der Hybridomazellen zu Problemen bei der Sekretion von anti-ESL-1 Antikörpern führt. Auf Grund dieser Schwierigkeiten entschlossen wir uns zur Zusammenarbeit mit der Firma Morphosys in München, um unter Anwendung des "phage-display" Verfahrens rekombinante scFv-Antikörper (single chain Fv-Fragmente) gegen ESL-1 herzustellen. Es wurden eine Reihe von scFv-Fragmenten selektioniert, von denen zwei eine Affinität aufweisen, die ausreichend ist um ESL-1 zu immunpräzipitieren. In ersten Vorexperimenten stellte sich heraus, daß diese in E. coli produzierten rekombinanten Antikörperfragmente zwar gut an ESL-1 binden, daß sie aber nur in Techniken einsetzbar sind, in denen Detergenzien verwandt werden, die unspezifische Bindung ("stickyness") verhindern. In Immunofluoreszenzexperimen-ten an intakten Zellen ist die unspezifische Bindung nicht akzeptabel, wie sich mit Kontroll-scFv Fragmenten zeigte. Wir führen dies darauf zurück, daß ein zu hoher Anteil der scFv-Fragmente möglicherweise nicht ausreichend nativ gefaltet ist. Auf Grund der hohen unspezifischen Bindung an Zellen haben wir die Antikörper nicht in Adhäsionsassays eingesetzt. Um das Problem der unzureichenden nativen Faltung der rekombinanten Antikörperfragmente zu lösen, wurden die cDNAs der Antikörper von uns in eukaryontische Expressions-Vektoren umkloniert und sowohl in CHO Zellen als auch in COS-7 Zellen zur Expression gebracht. Während Kontroll scFv sich auf diese Weise gut herstellen liessen, war die Ausbeute der anti-ESL-1 scFv-Fragmente fast null. Wir nehmen an, daß die rekombinanten Antikörper an das endogene ESL-1 im Golgi der transfektierten Zellen bindet und dadurch Sekretionsprobleme auftreten. In der Tat konnten wir zeigen, daß beide anti ESL-1 scFv-Fragmente Maus, Hamster und Human ESL-1 gleich gut in Immunpräzipitationen erkennen. Es soll nun getestet werden, ob diese rekombinanten Antikörper im Bacculovirus-System exprimiert werden können. Wir werden dies beginnen, sobald wir wissen, daß die Antikörper- Fragmente das endogene ESL-1 der Fliegenzellen nicht erkennen. Wegen der hier ausführlich geschilderten technischen Probleme konnten die ursprünglich geplanten funktionellen Experimente zu ESL-1 bisher nicht durchgeführt werden. Insbesondere die geplanten in vivo Experimente waren nicht möglich, da bisher nur polyklonale Kaninchen-Antiseren mit geringem Titer zur Verfügung stehen. Auch die in vitro Adhäsionstests unter Flussbedingungen (Punkt "1a") und die Experimente zur Signaltransduktionsfunktion (Punkt "2a") konnten nur in preliminärer Form mit polyklonalen Antikörpern durchgeführt werden. (Daten zur Signaltransduktion werden weiter unten zusammen mit PSGL-1 dargestellt). Um die gewonnen Ergebnisse zur Publikationsreife zu bringen, sind monoklonale Antikörper gegen ESL-1 unumgänglich. Trotz der limitierten Verfügbarkeit affinitätsgereinigter Antikörper gegen ESL-1 ist es jedoch gelungen, die subzelluläre Lokalistion von ESL-1 mit Hilfe der Immunogold-Markierung zu analysieren. Das Ratten Homologe zu ESL-1, MG160, wurde in neuronalen Zellen als Golgi-Molekül beschrieben. Für ESL-1 konnten wir unter Anwendung einer Reihe unterschiedlicher Techniken zweifelsfrei nachweisen, daß es zwar ebenfalls stark im Golgi angereichert ist, daß es sich aber auch klar auf der Zelloberfläche sowohl von myeloiden Zellen (neutrophile Granulozyten) als auch von lymphozytären Zellen detektieren lässt (6). Mit Hilfe von Immunogoldmarkierung und Raster-Elektronenmikroskopie, die in Zusammenarbeit mit Dr. Schwarz am MPI in Tübingen durchgeführt wurde, konnten wir zeigen, daß ESL-1 auf den Mikrovilli von Lymphozyten angereichert ist (80% der Markierung) und nur schwach auf dem restlichen, planaren Zellkörper zu finden ist (20% der Markierung) (6). Dies bestätigt, daß ESL-1 für den Prozess der Kontaktaufnahme zwischen Leukozyten und Endothelzellen gut erreichbar ist. Auch PSGL-1 und L-Selektin sind auf Mikrovilli konzentriert, allerdings sind sie im Gegensatz zu ESL-1 auf den Spitzen der Mikrovilli markierbar, während ESL-1 entlang der Mikrovilli zu finden ist. Dies könnte bedeuten, daß ESL-1 eine Funktion ausübt, die erst unmittelbar nach der ersten Zellkontaktvermittlung via L-Selektin oder PSGL-1 zum tragen kommt. Das humane Homolog zu ESL-1 wurde kloniert. Die Sequenzidentität zu Maus ESL-1 beträgt 98%. Da etwa zeitgleich das humane Homolog zu Ratten MG160 veröffentlicht wurde und die Sequenz identisch mit humanem ESL-1 ist, haben wir unsere Daten nicht publiziert. Auf Grund der grossen Probleme, mAk gegen Maus ESL-1 herzustellen, wurde bisher davon abgesehen, die cDNA für human ESL-1 dazu zu benutzen, um Antikörper gegen human ESL-1 herzustellen. Die quantitative Analyse der Bindung von ESL-1 und PSGL-1 an E- und P-selectin ("Surface Plasmon Resonance") sind noch nicht abgeschlossen, da die Resourcen sehr stark auf die weiter unten aufgeführten funtionellen Analysen zum Selektinliganden PSGL-1 konzentriert wurden. Die weitere Bearbeitung der quantitativen Analyse der Selektin-Liganden-Bindung wird zur Zeit mit Mitteln des Instituts durchgeführt. Ein anderer Aspekt zur biochemischen Analyse der Interaktion von ESL-1 mit E-selectin bezog sich auf die Frage, warum ESL-1 mit hoher Spezifität an E-selectin bindet, obwohl E-selectin nur Zucker-Reste erkennt. In Transfektionsexperimenten mit verschiedenen a(1,3)-Fukosyltransferasen (FucT) in CHO Zellen konnten wir zeigen, daß ESL-1 in a(1,3)-Stellung fukosyliert werden muß um an E-Selektin zu binden. Interessanterweise stellte sich heraus, daß die Fukosyltransferasen IV und VII selektiv nur ESL-1, nicht aber andere Glykoproteine fukosylieren (7). Im Gegensatz dazu konnte die Fukosyltransferase III eine große Zahl von Glykoproteinen glykosylieren, die dadurch in die Lage versetzt wurden, mit hoher Affinität an E-Selektin zu binden. Die Fuc-TVII und Fuc-TIV sind die beiden einzigen in myeloiden Zellen exprimierten a(1,3)-FucTs. Der Mechanismus und die Determinanten, die diese selektive und funtionell relevante a(1,3)-Fukosylierung von ESL-1 ermöglichen, soll in Zukunft untersucht werden. Um zu testen, welche der beiden FucT in neutrophilen Granulozyten für die Fukosylierung von ESL-1 und PSGL-1 verantwortlich ist, wurden neutrophile Granulozyten von Mäusen untersucht, die defizient sind für entweder eines der beiden Gene oder für beide Gene von Fuc-TIV oder Fuc-TVII (hergestelt von John Lowe, Ann Arbor, USA). Wir konnten zeigen, daß Fuc-TVII essentiell ist für die Fukosylierung und damit für die Selektinbindung von PSGL-1, während Fuc-TIV wesentlich ist für die Selektinbindung von ESL-1 (Huang, Zöllner, Moll, Maly, Thall, Lowe and Vestweber: P-selectin glycoprotein ligand-1 and E-selectin ligand-1 are differentially modified by fucosyltransferases Fuc-TIV and Fuc-TVII in mouse neutrophils. Zur Veröffentlichung eingereicht)

3.2

Ergebnisse aus der ersten Förderperiode zu PSGL-1:
Um zweifelsfrei zu zeigen, daß der von uns auf Maus myeloiden Zellen identifizierte 130 kD (Dimer 230 kD) Ligand für E-selectin und P-selectin das Maus-Homologe zu human PSGL-1 ist, haben wir polyklonale und monoklonale Antikörper (mAk) gegen Maus PSGL-1 hergestellt. Mit diesen Antikörpern konnten wir einerseits den 130 kD Liganden als PSGL-1 identifizieren (5) und andererseits die Funktion von Maus PSGL-1 in vitro und vor allem in vivo untersuchen. PSGL-1 war ursprünglich auf humanen myeloiden Leukozyten durch Expressionsklonierung identifiziert worden und Maus PSGL-1 wurde mit Hilfe der humanen cDNA durch Hybridisierung kloniert. Wir haben die cDNA von Maus PSGL-1 mit Hilfe der publizierten Sequenz durch PCR kloniert, Fusionsproteine aus dem extrazellulären Teil von Maus PSGL-1 und entweder einem myc-tag oder dem Fc-Teil von human IgG1 hergestellt und nach Transfektion aus dem Kulturüberstand von CHO Zellen gereinigt. Mit diesen Fusionsproteinen und alternativ mit einem Peptid das die ersten 19 N-terminalen Aminosäuren von Maus PSGL-1 abdeckt, wurden sowohl polyklonale als auch monoklonale Ratten Antikörper gegen PSGL-1 hergestellt. Unsere mAk sind die weltweit einzigen mAk gegen PSGL-1. Mit Hilfe dieser Antikörper konnten wir erstmals die Funktion von Maus PSGL-1 untersuchen. Mit dem adhäsionsblockierenden mAk 2PH1 konnten wir zeigen, daß PSGL-1 essentiell ist für die Einwanderung von neutrophilen Granulozyten (PMNs) in das entzündete Peritoneum der Maus (5). Zusammen mit einer anderen Arbeit unsere Gruppe an Lymphozyten (8) zeigen diese Studien zum ersten mal die Bedeutung von PSGL-1 für den Prozess des Gefässaustritts von Leukozyten in vivo. Dies sind die ersten und bisher einzigen Daten zur in vivo Funktion eines Selektinliganden. In Studien zur Rolle der endothelialen Selektine und ihrer Liganden für die Einwanderung von Lymphozyten in entzündete Gewebe, gelang es uns in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Alf Hamann (Uniklinik Eppendorf, Hamburg) zu zeigen, daß Th1 Zellen, in vitro differenziert aus primär isolierten Maus- Lymphozyten, nicht jedoch Th2 Zellen in entzündete Hautareale der Maus einwandern können (DTH Reaktion) (9). Diese Einwanderung war vollständig blockierbar durch mAk gegen Maus E- und P-Selektin. Außerdem konnten nur Th1 Zellen, nicht jedoch Th2 Zellen, an P- und E-Selektin binden (9). Diese Arbeit legte den Schluß nahe, daß nur TH1, nicht jedoch Th2 Zellen Selektinliganden auf ihrer Oberfläche tragen. Dies wurde von uns weiter untersucht und wir konnten zeigen, daß zwar Th1 Zellen gleich viel PSGL-1 auf ihrer Oberfläche tragen wie Th2 Zellen, daß aber nur die Th1 Zellen PSGL-1 in einer Weise posttranslational modifizieren, die es befähigen, an P-Selektin zu binden (8). In der Tat ist PSGL-1 auf Th1 Zellen wesentlich für den Eintritt dieser Zellen in entzündete Areale der Haut, denn wir konnten diese Einwanderung mit Antikörpern gegen PSGL-1 blockieren (8). Eine weitere Untersuchung von in vivo aktivierten ("antigen-experienced") CD4+Lymphozyten, isoliert aus den Lymphknoten einer DTH-Maus zeigte, daß ein deutlich erhöhter Prozentsatz dieser Zellen (im Vergleich zur unbehandelten Maus) an E- und P-selektin bindet (10). Diese Zellen konnten mit Hilfe eines Zellsorters und unserer E-und P-Selektin-IgG Fusionsproteine positiv selektiert werden, und es zeigte sich, daß diese Zellen sehr gut in entzündete Haut einwandern, während negativ selektierte (d.h. nicht selektinbindende) Zellen nicht in die Haut einwanderten. Selektinbindende Zellen waren wiederum vollständig in ihrem Einwandern blockierbar mit Antikörpern gegen E- und P-Selektin (10). Umgekehrt konnte gezeigt werden, daß die Expression von E-selektin in vivo durch den Kontakt von Antigen-aktivierten T-Zellen mit dem Endothel induzierbar ist (11). Interessanterweise spielen in einem anderen Entzündungsmodell (der "Experimentellenen Autoimmunen Enzephalomyelitis", EAE) die beiden endothelialen Selektine keine Rolle bei der Einwanderung von Lymphozyten ins Gehirn (12). In Zusammenarbeit mit Prof. B. Arnold und Prof. G. Hämmerling konnte gezeigt werde, daß die E- und P-Selektin vermittelte Einwanderung von T Zellen in die Haut essentiell ist für die Ausbildung von immunologischer Toleranz in der neugeborenen Maus (13). Dies etabliert auch die funktionelle Bedeutung von kurz nach der Geburt konstitutiv in Gefäßen der Peripherie exprimiertem E- und P-selectin. Untersuchungen zur Expression der funktionellen Glykoform von PSGL-1 auf Lymphozyten wurden an einem antigen-spezifisch aktivierten CD8+T-Zell Klon der Maus (4G3) durchgeführt. Wir fanden, daß PSGL-1 der einzige Ligand auf diesen Zellen war, der an P- und an E-Selektin bindet (14). Interessanterweise war PSGL-1 auch das einzige Glykoprotein, das mit dem sLex-ähnlichen Zuckerepitop HECA452 modifiziert wurde. Außerdem konnte nur PSGL-1 von frisch aktivierten T-Zellen an beide endothelialen Selektine binden, während PSGL-1 von späteren Zellstadien nur an P-Selektin binden konnte. Dies lässt den Schluss zu, daß die Bindung von PSGL-1 an beide endothelialen Selektine während der Aktivierung und Deaktivierung von T-Zellen differentiell reguliert wird und daß es E-selektin spezifische Bindungskriterien für PSGL-1 geben muss. Neben Lymphozyten wurden auch Mastzellen auf ihre Fähigkeit hin untersucht, an die endothelialen Selektine zu binden. Wir konnten zeigen, daß Mastzellen, die in vitro aus Knochenmarkskulturen der Maus generiert wurden, in Adhäsionsassays unter Flußbedingungen ("flow-assays") mit Hilfe von PSGL-1 an P-selektin aber nicht an E-Selektin binden können (15). Dies zeigte, vielleicht ähnlich wie im Fall des CD8+T-Zellklons, daß PSGL-1 in einer Glykoform exprimiert werden kann, die nur zur Bindung an P- aber nicht an E-Selektin ausreicht. Mit Hilfe des "yeast-two hybrid selection system" wurde versucht, assoziierte Proteine für PSGL-1, ESL-1 und L-Selektin zu finden. Dies wurde sowohl für die humanen als auch für die Maus Proteine versucht. In jedem Fall wurden Konstrukte als Sonden benutzt die den gesamten zytoplasmatischen Teil des jeweiligen Proteins umfassten. Als cDNA library wurde zum einen eine von Clontech vertriebene library von humanen Leukozyten benutzt und zum anderen haben wir poly-A+-RNA aus primär isolierten Maus Lymphozyten der Milz gereinigt und davon ausgehend von Clontech eine cDNA library erstellen lassen. Trotz einjährigen intensiven screenings ließen sich auf diese Weise keine assoziierten Proteine finden, obwohl in Kontrollexperimenten mit anderen Sonden zu erwartende assoziierte Proteine gefunden wurden. PSGL-1 als auch ESL-1 wurden auf ihre Fähigkeit hin getestet, Signale ins innere von PMNs zu vermitteln. Zu diesem Zweck wurden PMNs aus Mäusen isoliert und mit P- bzw. E-Selektin-IgG, oder mit anti PSGL-1 oder anti-ESL-1 Antikörpern inkubiert und diese mit sekundären Antikörpern kreuzvernetzt. Intrazellulärer Ca++-Flux und die Induktion von "Reactive Oxygen Intermediates" wurden durch die Selektin-IgGs und die anti PSGL-1 Antikörper, nicht jedoch durch die anti ESL-1 Antikörper ausgelöst. Die Bindung der PMNs an ICAM-1 transfektierte CHO Zellen wurde mit anti PSGL-1 und mit P-Selektin-IgG stimuliert (16). Dies bedeutet, daß die Stimulierung von PSGL-1 zur Aktivierung von ?2-Integrinen führt. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Cerletti (Mario Negri Süd, Italien) konnten wir zeigen, daß die Tyrosin-Phosphorylierung eines 110 kD Proteins in diesen Prozess involviert ist (17).

3.3

Ergebnisse aus der ersten Förderperiode zu anderen Liganden der endothelialen Selektine:
Bei der Suche nach den Liganden für E- und P-Selektin auf humanen neutrophilen Granulozyten (PMNs) konnten wir zeigen, daß L-Selektin als einer der Hauptliganden von humanen PMNs mit E-Selektin-IgG affinitätsisoliert wird (18). Dies bestätigte frühere Arbeiten, in denen auf der Basis indirekter Evidenz L-Selektin als Ligand für E-Selektin vorgeschlagen wurde. In unserer Studie konnten wir diese Interaktion erstmals direkt darstellen. Wir konnten außerdem zeigen, daß nur L-Selektin auf humanen, nicht aber auf Maus PMNs in einer selektinbindenden Glykoform vorliegt. Die früher postulierte Bindung von P-Selektin an L-Selektin konnte nicht bestätigt werden. In einer weiteren Studie, die in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Dr. Mark Jutila (Bozeman University , Montana, USA) erstellt wurde, konnten diese Daten bestätigt werden. In dieser Arbeit wurden systematisch E-Selektin Liganden auf ?/? T Zellen des Rinds mit denen auf humanen PMNs und humanen Lymphozyten verglichen. Liganden ähnlich den 200 kD und 250 kD Liganden von ?/? T Zellen des Rinds wurden auch auf humanen Lymphozyten gefunden. Ein 120 kD Ligand wurde nur auf humanen Lymphozyten gefunden (19). Ein früher bereits in Zusammenarbeit mit Dr. Peter Altevogt identifizierter Ligand für P- Selektin, das CD24, wurde in einer weiteren Arbeit nun auf humanen Tumorzellen (breast carcinoma, small cell lung carcinoma) als P-Selektinligand charakterisiert (20). Interessanterweise binden diese Zellen an P-Selektin, obwohl sie PSGL-1 nicht exprimieren. In Kooperation mit der Gruppe von Prof. Konrad Messmer konnte gezeigt werden, daß Plättchen der Maus in vivo in einem Ischemie/Reperfusions Modell an endotheliales P-Selektin binden (21). Zur Zeit wird untersucht, ob PSGL-1 hier als P-Selektinligand auf Plättchen in Frage kommt.

Drittmittelgeber:

Deutsche Forschungsgemeinschaft

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Dietmar Vestweber (Teilprojektleiter), Dipl.-Biol. Kerstin Lühn (WM), Dipl.-Biol. Gunther Pendl (WM), Dr. Martin Wild (WM)

Veröffentlichungen:

Borges, E., R. Eytner, T. Moll, M. Steegmaier, A. Matthew, P. Campbell, K. Ley, H. Mossmann, D. Vestweber: The P-selectin glycoprotein ligand-1 is important for recruitment of neutrophils into inflamed mouse peritoneum - Blood 90: 1934-1942 - 1997

Steegmaier, M., E. Borges, J. Berger, H. Schwarz, D. Vestweber: The E-selectin ligand ESL-1 is located in the Golgi as well as on microvilli on the cell surface - J. Cell Science 110: 687-694 - 1997

Zöllner, O., D. Vestweber: The E-selectin ligand-1 is selectively activated in Chinese hamster ovary cells by the alpha (1,3)-fucosysltransferases IV and VII - J. Biol. Chem. 271: 33002-33008 - 1996

Borges, E., W. Tietz, M. Steegmaier, T. Moll, R. Hallmann, A. Hamann, D. Vestweber: P-selectin glycoprotein ligand-1 (PSGL-1) on T helper 1, but not on T helper 2 cells binds to P-selectin and supports migration into inflamed skin - J. Exp. Med. 185: 573-578- 1997

Austrup, F., D. Vestweber, E. Borges, M. Lohning, R. Brauer, U. Herz, H. Renz, R. Hallmann, A. Scheffold, A. Radbruch, A. Hamann: P- and E-selctin mediate recruitment of T-helper-1 but not T-helper-2 cells into inflamed tissues - Nature 385: 81-83 - 1997

Tietz, W., Y. Allemand, E. Borges, D. von Laer, R.R. Hallmann, D. Vestweber, A. Hamann: CD4+T cells only migrate into inflamed skin if they express ligands for E- and P-selectin - J. Immunol. 161: 963-970 - 1998

Sunderkötter, C., K. Steinbrink, U. Henseleit, R. Bosse, A. Schwarz, D. Vestweber, C. Sorg: Activated T cells induce expression of E-selectin in vitro and in an antigen-dependent manner in vivo - Eur. J. Immunol. 26: 1571-1579 - 1996

Engelhardt, B., D. Vestweber, R. Hallmann, M. Schulz: E- and P-selectin are not involved in the recruitment of inflammatory cells across the blood-brain barrier in experimental autoimmune encephalomyelitis - Blood 90: 4459-4472 - 1997

Alfering, J., A. Tafuri, D. Vestweber, R. Hallmann, G.J. Hämmerling, B. Arnold : T cell zraffic controls neonatal tolerance to tissue-antigens - Science 282: 1338-1341 - 1998

Borges, E., G. Pendl, R. Eytner, M. Steegmaier, O. Zöllner, D. Vestweber: The binding of T-cell-expressed P-selectin glycoprotein ligand-1 to E- and P-selectin is differentially regulated - J. Biol. Chem. 272: 28786-28792 - 1997

Steegmaier, M., J.E. Blank, E. Borges, D. Vestweber: P-selectin glycoprotein ligand-1 mediates rolling of mouse bone marrow-derived mast cells on P-selectin but not efficiently on E-selectin - Eur. J. Immunol. 27: 1339-1345 - 1997

Blanks, J.E., T. Moll, R. Eytner, D. Vestweber: Stimulation of P-selectin glycoprotein ligand-1 on mouse neutrophils activates b2-integrin mediated cell attachment to ICAM-1 - Eur. J. Immunol. 28: 433-443 - 1998

Zöllner, O., M.C. Lenter, J.E. Blanks, E. Borges, M. Steegmaier, H.G. Zerwes, D. Vestweber: L-selectin from human, but not from mouse neutrophils, binds directly to E-selectin - J. Cell. Biol. 136: 707-16 - 1997

Jones, W.M., G.M. Watts, M.K. Robinson, D. Vestweber, M. Jutila: Comparison of E-selectin-binding glycoprotein ligands on human lymphocytes, neutrophils and bovine gammadelta T-cells - J. Immunol. 159: 3574-3583 - 1997

Aigner, S., Z.M. Sthoeger, M. Fogel, E. Weber, J. Zarn, M. Ruppert, Y. Zeller, D. Vestweber, R. Stahel, M. Sammar, P. Altevogt: CD24, a mucin-type glycoprotein, is a ligand for P-selectin on human tumor cells - Blood 89: 3385-3395 - 1997

Massberg, S., G. Enders, R. Leiderer, S. Eisxenmenger, D. Vestweber, F. Krombach, K. Messmer: Platelet-endothelial cell interactions during ischemia/reperfusion: the role of P-selectin - Blood 92: 507-515 - 1998

 
 
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