Forschungsbericht 1997-98   
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und operative Intensivmedizin

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Direktor: Prof. Dr. med. H. Van Aken

 
 
 
[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin
Experimentelle und klinische Hämostaseologie, Frau PD Dr. B. Kehrel (Leiterin), Dipl. Chem. Brodde, Dr. rer. nat. Dörmann, Dipl. Chem. Glauner, Dr. Jahn, Dipl. Biol. Jasinski, Dipl. Biol. Jurk, N. Köhler, Dr. Mundthal, R. Raestrup, Dipl. Chem. Zippel, cand. Med. Bichel, cand. Med. Bödecker, cand. Med. Dahme, cand. Med. Maas, cand. Med. Schriek
 


Interaktion von Staphylokokken mit Thrombozyten in der Pathogenese endovaskulärer Infektionen: zell- und molekularbiologische Untersuchungen

Zu den schwersten Verlaufsformen invasiver, durch S. aureus verursachter Infektionen zählen solche, die durch ihre endovaskuläre Manifestation charakterisiert sind. Die Kolonisation endothelialen Gewebes durch S. aureus ist ein multifaktorieller Prozeß, bei dem bakterielle Faktoren (Adhäsine), Endothelfaktoren, Plättchen und Plasmafaktoren in konzertierter Weise interagieren. Die Interaktion von S. aureus mit Thrombozyten wurde sowohl in Oberflächen-Adhäsions-Assays als auch mittels einer neuen "1-Laser-Methode" in durchflußzytometrischen Untersuchungen evaluiert. Es konnte gezeigt werden, daß Plasmaproteine auch in Suspension die Bindungsrate von S. aureus an Thrombozyten steigern, und daß im Vergleich zu nicht in vitro aktivierten Thrombozyten die Interaktion von S. aureus mit Thrombin-aktivierten Plättchen signifikant erhöht war.

Durch die Aktivierung verändern Proteine wie GPIIb/IIIa ihre Konformation und werden in die Lage versetzt, Plasmaproteine zu binden. GPIIb/IIIa bindet nach Aktivierung Adhäsionsproteine wie Fibrinogen, vWF, Thrombospondin und andere. Adhäsionsproteine werden aus den Granula freigesetzt und ein Teil davon bindet an die Plasmamembran zurück. Granulamembranproteine kommen durch die Verschmelzung der Granulamembranen mit der Plasmamembran an die Plättchenoberfläche. Diese Ergebnisse legen nahe, daß Fibrinogen als Brückenbildner zwischen S. aureus und Thrombozyten dienen könnte. Daher wurde der Einfluß von zwei Peptiden, die die Bindung von Fibrinogen an S. aureus und / oder Thrombozyten hemmen, ausgetestet. Das Dodecapeptid HHLGGAKQAGDV aus der gamma Kette des Fibrinogens(400-411) hemmt partiell die S. aureus-Assoziation mit aktivierten Thrombozyten, hat aber, wie erwartet, keinen Einfluß auf die Assoziation mit ruhenden Thrombozyten. RGDS führt auch zu einer partiellen Hemmung der Assoziation. Die Rolle des vWF und der Speichergranulaproteine wurde mit Hilfe von Patienten untersucht, denen diese Proteine vollständig fehlten. Die Plättchen eines Patienten mit Typ 3 von Willebrandscher Erkrankung zeigten in Suspension unter statischen Bedingungen eine normale Assoziationsrate von S. aureus. Unter diesen Bedingungen kann vWF nicht an Thrombozyten binden, was das Ergebnis erklärt. Entsprechende Untersuchungen mit aktiviertem vWF und in Suspension unter Scherstress stehen noch aus. Untersuchungen an immobilisierten Thrombozyten in Gegenwart von Plasmaproteinen in der Fließzelle bei Scherstressbedingungen zeigten jedoch deutlich die Notwendigkeit des vWF für die Assoziation. Granulaproteine sind für die S. aureus-Thrombozyten-Assoziation von besonderer Bedeutung. Die Plättchen einer von unserer Arbeitsgruppe neu diagnostizierten Patientin mit der äußerst seltenen "a-d-storage pool disease" zeigten eine deutlich erniedrigte Assoziationsrate. Die Aktivierung dieser Plättchen mit Thrombin erbrachte keine Erhöhung der Assoziationsrate. Untersuchungen mit den Plättchen von zwei Patienten mit dem äußerst seltenen Gray-platelet-Syndrom (Fehlen der a-Granula) zeigten ebenfalls eine extrem niedrige Assoziationsrate und bestätigten damit die Bedeutung der a-Granulaproteine für die Assoziation von S. aureus. CD 36-defiziente Plättchen assoziierten mit S. aureus wie gesunde Plättchen.

Die oben ausgeführten Ergebnisse legen eine Beteiligung des Fibrinogens an der Interaktion mit Thrombozyten nahe. Da im Gegensatz zur Bindung an Thrombozyten die Bindungsparameter der Fibrinogenbindung an S. aureus nicht gut charakterisiert sind, haben wir diese mit FITC-markiertem Fibrinogen in Bindungsstudien durchflußzytometrisch untersucht. Fibrinogen bindet dosisabhängig in einer Sättigungskinetik an S. aureus. Die Fibrinogenbindung an den Stamm Newman ist über 300fach höher als die Bindung an E.coli oder RP62A von S. epidermidis. Die Bindung von Fibrinogen an S. aureus ist spezifisch wie Verdrängungsversuche mit unmarkiertem Liganden gezeigt haben.

Untersuchungen mit clumping-factor'-negativen S. aureus Mutanten, mit koagulasenegativen Mutanten und mit Protein A-Negativmutanten legen eine Beteiligung von Protein A und 'clumping factor', nicht aber von Koagulase, an der Fibrinogenbindung nahe. So wurde kein Unterschied in der Fibrinogenbindung an Wildtyp und koagulasenegative S. aureus Stämme gefunden. Die Fibrinogenbindung an die Protein A-Negativmutante von S. aureus ist bis zu 75% niedriger als die Fibrinogenbindung an den Wildtyp. Fibrinogen bindet an Clumpingfaktor negativen S.aureus vom Stamm Newman deutlich geringer, wenn die angebotene Fibrinogenkonzentration niedrig ist. Durch Erhöhung der Fibrinogenkonzentration läßt sich aber eine fast normale Zahl an gebundenen Molekülen erzielen. Das Ergebnis spricht für das Vorhandensein von mindestens zwei unterschiedlichen Bindeproteinen für Fibrinogen auf S. aureus Newman. Ein Bindeprotein mit hoher Affinität zum Fibrinogen aber niedriger Kopienzahl auf dem Bakterium (d.h. mit über dieses Protein vermittelter niedriger Bindungskapazität) könnte nach diesen Ergebnissen der Clumpingfaktor sein. Der Widtyp des Stammes 8325-4 bindet ca. 80 fach so viel Fibrinogen wie die Clumpingfaktor Negativmutante. Für 8325-4 ist der Clumpingfaktor das entscheidende Fibrinogenbindeprotein. Untersuchungen erfolgten mittels Durchflußzytometrie. Die Bindung von vWF an S. aureus war spezifisch und folgte einer Sättigungskinetik. Unterschiedliche S. aureus Stämme banden Stamm-charakteristische Mengen an vWF. Untersuchungen mit Protein-A-negativen Dspa::TcR-Mutanten unterschiedlicher Wildtypstämme (S. aureus Cowan1, 8325-4 und Newman) sowie mit spa-komplementierten Mutanten ergaben hierbei im Vergleich zum Wildtyp eine signifikante Reduktion der Bindung von vWF an die Mutante. Die Bindung von vWF an S. aureus ließ sich mit einem polyklonalen Antikörper gegen Protein A dosisabhängig inhibieren. Zusammengenommen weisen diese Befunde erstmalig nach, daß Protein A neben seiner IgG-bindendenden Funktion ein entscheidendes S. aureus Adhäsin für vWF darstellt. Die Interaktion von S. aureus mit Thrombozyten führte bei einigen Blutspendern (6 von 52) zur Expression von P-Selektin auf der Thrombozytenoberfläche. Interessanterweise war die Aktivierbarkeit der Thrombozyten durch S. aureus ein spezifisches Merkmal der Blutspender. In vielfach wiederholten Testungen ergab sich, daß bei Vorliegen der Thrombozyten-Aktivierbarkeit eines Spenders durch S. aureus diese Beobachtung ausnahmslos reproduziert werden konnte. Umgekehrt ließen sich Plättchen der anderen Gruppe von Spendern ohne Aktivierbarkeit ebenso ausnahmelos nie aktivieren. Dies Ergebnis deutet darauf hin, daß der Aktivierbarkeit der Thrombozyten durch S. aureus ein Genpolymorphismus zu Grunde liegen könnte. Die Aktivierung erscheint eine FcRIIA vermittelte Reaktion zu sein, da Fab-Fragmente des inhibierenden monoklonalen Antikörpers IV.3 die S. aureus-vermittelte P-Selektin-Expression (Marker für die Freisetzung der -Granula Speicherproteine) dosisabhängig hemmten. Für FcRIIA ist ein Genpolymorphismus bekannt, welcher die Aktivierbarkeit der Thrombozyten durch Immunkomplexe stark beeinflußt. Ob dieser Polymorphismus in Zusammenhang mit der Aktivierbarkeit der Thrombozyten durch S. aureus steht, wird zur Zeit von uns untersucht.

Kooperationen: Prof. Dr. Georg Peters und PD Dr. Mathias Herrmann, Institut für Medizinische Mikrobiologie, Universität Münster

Beteiligte Wissenschaftler:

PD Dr. rer. nat. Beate Kehrel, Dr. rer. nat. Dagmar Dörmann, Dr. rer. nat. Hildegard Grahl, Dr. med. Uli-Rüdiger Jahn, Dr. med. Tanja Mundthal, Dr. rer. nat. Sonja Zippel, Dipl. Chem. Martin Brodde, Birgit Fehmer (Ärztin), Dipl. Chem. Martin Glauner, Nicola Köhler (Tierärztin), Dipl. Biol. Kerstin Jurk, cand. med. Jens Bichel, cand. med. Daniel Boedeker, cand. med. Caroline Dame, cand. med. Mathias Maas, cand. med. Stefanie Robert, cand. med. Carsten Schriek
 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 1999-12-08