Forschungsbericht 1997-98 | |
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten - Allgemeine Dermatologie und Venerologie -
Von-Esmarch-Str. 56 48149 Münster Tel. (0251) 83-56501 Fax: (0251) 83-56522 e-mail: derma@uni-muenster.de WWW: http://medweb.uni-muenster.de/institute/derma/ Direktor: Prof. Dr. med. T. Luger | |
Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten - Allgemeine Dermatologie und Venerologie - Neuropeptide bei entzündlichen Hauterkrankungen | ||||
Untersuchung der Bedeutung von Proopiomelanocortinpeptiden bei entzündlichen Hauterkrankungen
a-Melanozyten-stimulierendes Hormon
(a-MSH, Melanocortin) ist ein Spaltprodukt des
Proopiomelanocortin (POMC). POMC und die daraus resultierenden Peptide, wie
a-, b-, g-MSH, ACTH,
b-Endorphin und
a-Lipotropes-Hormon, wurden zunächst im
Hypophysen-vorderlappen entdeckt. Mittlerweile konnte gezeigt werden, daß diese
Peptide in einer Reihe weiterer Organe, darunter auch in der Haut vorkommen. In der Haut wird
a-MSH in Keratinozyten, Langerhans-Zellen, Melanozyten,
Endothelzellen, Fibroblasten und Makro-phagen exprimiert . Die Prozessierung des Prohormons
POMC, die in der Hypophyse zur Entstehung der einzelnen Peptide führt, ist in den letzten
Jahren gut charakterisiert worden. Sie erfolgt durch die Aktivität zweier
Prohormonkonvertasen (PC-1 und PC- 2), die POMC gezielt an Positionen spalten, an denen
zwei oder vier (nur PC-2) basische Aminosäuren (Lys, Arg) aufeinanderfolgen. Eine
unterschiedliche Expression dieser beiden Prohormonkonvertasen führt zu spezifischen
Spaltungsmustern und dadurch zur Entstehung verschiedener Peptide. So führt z.B. die
Spaltung von POMC durch PC-1 zur Entstehung von ACTH, die Spaltung in Anwesenheit von
PC-2 hingegen zur Generierung von a-MSH.
Aufgrund der Existenz von POMC-mRNA und a-MSH in
epidermalen Zellen war die Frage der Spaltung des Prohormons in diesen Zellen naheliegend.
Obwohl die Prozessierung von POMC in der Hypophyse gut charakterisiert ist, war bislang
nichts über die entsprechenden Mechanismen in der Haut bekannt, insbesondere war
keines der für die Prozessierung notwendigen Elemente (Prohormonkonvertase 1 und 2,
sowie der PC-2-Kofaktor 7B2) in epidermalen Zellen nachgewiesen worden. Erstmals konnte
gezeigt werden, daß epidermale Zellen (Keratinozyten) sowie mononukleäre Zellen
aus peripherem Blut PC-1 exprimieren und das die Expression von PC-1 in UV-bestrahlten
Keratinozyten den gleichen regulatorischen Prinzipien unterliegt, wie die Expression von
POMC. Weiterhin konnte mittels RT-PCR auch die Expression von 7B2 mRNA in den
untersuchten Zelltypen gefunden werden. Die Detektion von PC-2 mRNA mittels RT-PCR bzw.
Northern Blot gelang bisher nicht. Aus einer persönlichen Mitteilung von Prof. Dr. Nabil
G. Seidah (Montreal) ist jedoch bekannt, daß die in der Haut exprimierte Form der PC-2
mRNA deutlich länger ist, als die aus der Hypophyse bekannte Form. Dies erklärt
das Scheitern der bisherigen Versuche zur Detektion von PC-2 mRNA mit Sonden bzw. Primern,
die für die in der Hypophyse vorliegende PC-2 mRNA optimiert sind.
Die Wirkung der einzelnen POMC-Peptide wird durch spezifische Rezeptoren, sogenannte
Melanocortinrezeptoren vermittelt, zu deren Familie zur Zeit fünf Mitglieder (MC-1R bis
MC-5R) zählen. Die Melanocortinrezeptoren gehören zur Superfamilie der
G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Die Anbindung eines Liganden an einen der Rezeptoren
führt zur Stimulierung einer intrazellulären Adenylatcyclase und zu einem Anstieg
des intrazellulären cAMP-Levels. Die fünf Rezeptoren weisen unterschiedliche
Affinitäten und Spezifitäten für die verschiedenen Melanocortine und ACTH
auf. Der MC-1R besitzt die höchste Affinität für
a-MSH, während MC-2R spezifisch für ACTH ist
und die drei anderen Rezeptoren eine geringere Selektivität die Liganden betreffend
aufweisen.
Aus verschiedenen Voruntersuchungen ist bekannt, daß POMC-Peptide in der Haut die
Funktion von Keratinozyten beinflussen. Daher wurde untersucht ob diese Zellen einen der
bekannten Melanocortinrezeptoren aufweisen. Die Expression des für
a-MSH spezifische Melanocortin-1 Rezeptor (MC-1R) konnte in
Keratinozyten Keratinozytenzellinien nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu konnte keiner
der anderen MC-Rezeptoren (MC-2R bis MC-5R) in den untersuchten Zelltypen nachgewiesen
werden. Die Expression von MC-1R in Keratinozyten wird durch UVB-Licht und
IL-1b induziert. Unter Verwendung von biotinyliertem
a-MSH konnte in FACS-Untersuchungen gezeigt werden,
daß Keratinozyten und Keratinozytenzellinien Bindungsstellen für
a-MSH aufweisen. Die Bindung von
a-MSH an diese Rezeptoren konnte durch Zusatz des nicht an den
MC-1R bindenden b-MSH nicht unterdrückt werden, was
auf eine exklusive Expression von MC-1R hinweist.
Analog zu den Untersuchungen an Keratinozyten wurde das Verhalten der MC-1R Expression
in Monozyten und aus peripherem Blut isolierten dendritischen Zellen (DC) untersucht. Die
Expression des MC-1R in humanen Monozyten konnte durch Stimulation mit LPS oder PHA
erhöht werden und wurde durch Zusatz von IL-2, IFNg,
IL-4 und IL-10 zum Kulturmedium noch weiter verstärkt. Im Falle dendritischer Zellen
gelang es zudem zu zeigen, daß das Ausmaß der Bindung von biotinyliertem
a-MSH an die Zelloberfläche mit der Kulturdauer der
dendritischen Zellen in Gegenwart von IL-4 und GM-CSF ansteigt, damit also
reifungsabhängig ist.
Um die funktionelle Bedeutung des an Monozyten und DC exprimierten MC-1R zu
untersuchen, wurde zunächst der Einfluß von a-MSH
auf die Produktion von Interleukin-10 (IL-10) untersucht. In humanen mononukleären
Zellen aus peripherem Blut (PBMC) wurde die IL-10 Freisetzung und die Expression von IL-10
mRNA durch a-MSH in einer dosisabhängigen Weise
induziert. Außerdem hemmt a-MSH die Expression der
für die Antigenpräsentation wichtigen kostimulatorischen Moleküle CD86
und CD40 an Monozyten und DC, während die Expression von CD80 unbeeinflußt
bleibt. Im Gegensatz dazu konnte bisher weder einer der bekannten MC-R auf T-oder
B-Lymphozyten nachgewiesen werden, noch wurde ein direkter Einfluß von
a-MSH auf die Funktion dieser Zellen gezeigt. Daher scheint die
immunsuppressive Wirkung von a-MSH vorwiegend auf der
Induktion von Suppressorfaktoren sowie in der Hemmung von akzessorischen Signalen in
Antigen-präsentierenden Zellen bedingt zu sein.
Für die Untersuchungen der Expression von MC-1R in der Haut wurde eigens ein
anti-HMC-1R-Antikörpers mit Hilfe eines Peptids das kolinear zu einem Teil der
N-terminalen, extrazellulären Domäne des humanen MC-1R ist, hergestellt. Mit
Hilfe dieses war es möglich zu zeigen, daß der exprimierte Rezptor auf der
Oberfläche der untersuchten Zellinien MC-1R ist. Unter Verwendung des
Antikörpers ist es ferner gelungen eine starke Expression des MC-1R in embryonaler
Epidermis zu zeigen, welche bis zur Geburt fast völlig verschwindet. Im Gegensatz dazu
ist in normaler Haut eine deutliche Expression von MC-1R nur in Hautanhangsgebilden wie
Haarfollikel, Talgdrüsen und Schweißdrüsen zu beobachten .
Durch Stimulation mit dem im Rahmen von Entzüdungsreaktionen freigesetzten
proinflammatorischen Zytokin IL-1 wird sowohl die Sekretion als auch die mRNS-Expression
der für die Einwanderung von Entzündungszellen verantwortlichen Chemokine
IL-8 und Gro-a in Keratinozyten induziert.
a-MSH ist in der Lage, die IL-1 induzierte Freisetzung von IL-8
und Gro-a in Keratinozytenlinien und Primärkulturen
humaner Keratinozyten signifikant zu hemmen. Dieser Effekt ist konzentrationsabhängig
und durch den Einsatz eines a -MSH Antagonisten wieder
aufhebbar. a-MSH ist in Primärulturen humaner
Keratinozyten in der Lage, den Effekt von IL-1 ähnlich stark zu inhibieren wie der IL-1
Rezeptorantagonist (IL-1RA). Diese Beobachtung warf die Frage auf, durch welchen
Mechanismus a-MSH die IL-1 Wirkung auf die
Chemokinexpression aufzuheben vermag. Da bekannt ist, daß die Aktivierung von
NFkB und AP-1 ein zentrales Motiv der IL-1 Wirkung ist und
diese Transkriptionsfaktoren die Expression u.a. von IL-8 und
Gro-a steigern, schienen diese Transkriptionsfaktoren ein guter
Ansatzpunkt zur Klärung des Wirkmechanismus von
a-MSH zu sein. In Voruntersuchungen konnte in electrophoretic
mobility shift assays gezeigt werden, daß die IL-1 induzierte Aktivierung von
NFkB in kultivierten primären Keratinozyten und
Keratinozytenzellinien durch a-MSH in einem Dosisbereich von
10-6 bis 10-12 M signifikant unterdrückt werden konnte. Die
Aktivierung von AP-1 durch IL-1 hingegen blieb in Anwesenheit von
a-MSH unbeeinflußt.
Endothelzellen der Gefäßwand spielen bei sämtlichen
Entzündungsreaktionen eine essentielle Rolle, da Entzündungszellen wie
Leukozyten oder Lymphozyten zunächst an der Gefäßwand adhärieren
müssen um anschließend durch diese hindurch zu wandern. Im Rahmen dieser
komplexen Vorgänge spielt die Expression von Adhäsionsmolekülen sowie
von Zytokinrezeptoren an Endothelzellen eine entscheidende Rolle. Die Expression dieser
Oberflächenmoleküle wird durch verschiedene Zytokine und andere Mediatoren
reguliert. Daher war die Frage naheliegend, welche Rolle POMC-Peptide insbesondere
a-MSH bei der Interaktion von Entzündungszellen mit
Endothelzellen spielen. Es wurde zunächst untersucht, ob humane Endothelzellen einen
der 5 bekannten MC-Rezeptoren exprimieren. Für diese Untersuchungen wurden sowohl
frisch isolierte humane dermale Vaskolarendothelzellen (HDMEC) als auch dermale
Endothelzellinien (HMEC-1) verwendet. Es konnte gezeigt werden, daß diese
Endothelzellen mRNA spezifisch für den MC-1 Rezeptor exprimieren und das die
Expression dieses Rezeptors durch Interleukin-1 induzierbar ist. Bindungsstudien ergaben,
daß MC-1 an Endothelzellen eine hohe Affinität für
a-MSH besitzen nicht jedoch mit
b-MSH, welches keine immunmodulierende Effekte besitzt,
reagiert. Um der Frage nachzugehen, ob a-MSH auch die
Funktion von Endothelzellen beeinflussen kann, wurde untersucht, inwieweit
a -MSH die Expression von Adhäsionsmolekülen wie
E-Selektin und "vascular cellular adhesion molecule" (VCAM) beeinflußt. Demnach
bewirkte a-MSH eine völlige Hemmung der LPS-bedingten
Expression dieser Adhäsionsmoleküle. Die funktionelle Relevanz dieses Befundes
wurde durch ein weiteres Experiment bestätigt. Zugabe von
a-MSH zu in vitro kultivierten HDMEC bewirkte eine signifikante
Hemmung der LPS-induzierten Adhärenz von Lymphozyten. Diese Untersuchungen
erhärten die Annahme, daß a-MSH, welches im
Rahmen von Enzündungsreaktionen sowohl von Epithelzellen als auch
Entzündungszellen produziert wird eine entscheidende Rolle im Rahmen der Pathogenese
von inflammatorischen Erkrankungen der Haut spielt.
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler: |
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Hans-Joachim Peter