Forschungsbericht 1997-98   
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[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten - Allgemeine Dermatologie und Venerologie -
Neuropeptide bei entzündlichen Hauterkrankungen
 


Untersuchung der Bedeutung von Proopiomelanocortinpeptiden bei entzündlichen Hauterkrankungen

a-Melanozyten-stimulierendes Hormon (a-MSH, Melanocortin) ist ein Spaltprodukt des Proopiomelanocortin (POMC). POMC und die daraus resultierenden Peptide, wie a-, b-, g-MSH, ACTH, b-Endorphin und a-Lipotropes-Hormon, wurden zunächst im Hypophysen-vorderlappen entdeckt. Mittlerweile konnte gezeigt werden, daß diese Peptide in einer Reihe weiterer Organe, darunter auch in der Haut vorkommen. In der Haut wird a-MSH in Keratinozyten, Langerhans-Zellen, Melanozyten, Endothelzellen, Fibroblasten und Makro-phagen exprimiert . Die Prozessierung des Prohormons POMC, die in der Hypophyse zur Entstehung der einzelnen Peptide führt, ist in den letzten Jahren gut charakterisiert worden. Sie erfolgt durch die Aktivität zweier Prohormonkonvertasen (PC-1 und PC- 2), die POMC gezielt an Positionen spalten, an denen zwei oder vier (nur PC-2) basische Aminosäuren (Lys, Arg) aufeinanderfolgen. Eine unterschiedliche Expression dieser beiden Prohormonkonvertasen führt zu spezifischen Spaltungsmustern und dadurch zur Entstehung verschiedener Peptide. So führt z.B. die Spaltung von POMC durch PC-1 zur Entstehung von ACTH, die Spaltung in Anwesenheit von PC-2 hingegen zur Generierung von a-MSH.

Aufgrund der Existenz von POMC-mRNA und a-MSH in epidermalen Zellen war die Frage der Spaltung des Prohormons in diesen Zellen naheliegend. Obwohl die Prozessierung von POMC in der Hypophyse gut charakterisiert ist, war bislang nichts über die entsprechenden Mechanismen in der Haut bekannt, insbesondere war keines der für die Prozessierung notwendigen Elemente (Prohormonkonvertase 1 und 2, sowie der PC-2-Kofaktor 7B2) in epidermalen Zellen nachgewiesen worden. Erstmals konnte gezeigt werden, daß epidermale Zellen (Keratinozyten) sowie mononukleäre Zellen aus peripherem Blut PC-1 exprimieren und das die Expression von PC-1 in UV-bestrahlten Keratinozyten den gleichen regulatorischen Prinzipien unterliegt, wie die Expression von POMC. Weiterhin konnte mittels RT-PCR auch die Expression von 7B2 mRNA in den untersuchten Zelltypen gefunden werden. Die Detektion von PC-2 mRNA mittels RT-PCR bzw. Northern Blot gelang bisher nicht. Aus einer persönlichen Mitteilung von Prof. Dr. Nabil G. Seidah (Montreal) ist jedoch bekannt, daß die in der Haut exprimierte Form der PC-2 mRNA deutlich länger ist, als die aus der Hypophyse bekannte Form. Dies erklärt das Scheitern der bisherigen Versuche zur Detektion von PC-2 mRNA mit Sonden bzw. Primern, die für die in der Hypophyse vorliegende PC-2 mRNA optimiert sind.

Die Wirkung der einzelnen POMC-Peptide wird durch spezifische Rezeptoren, sogenannte Melanocortinrezeptoren vermittelt, zu deren Familie zur Zeit fünf Mitglieder (MC-1R bis MC-5R) zählen. Die Melanocortinrezeptoren gehören zur Superfamilie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Die Anbindung eines Liganden an einen der Rezeptoren führt zur Stimulierung einer intrazellulären Adenylatcyclase und zu einem Anstieg des intrazellulären cAMP-Levels. Die fünf Rezeptoren weisen unterschiedliche Affinitäten und Spezifitäten für die verschiedenen Melanocortine und ACTH auf. Der MC-1R besitzt die höchste Affinität für a-MSH, während MC-2R spezifisch für ACTH ist und die drei anderen Rezeptoren eine geringere Selektivität die Liganden betreffend aufweisen.

Aus verschiedenen Voruntersuchungen ist bekannt, daß POMC-Peptide in der Haut die Funktion von Keratinozyten beinflussen. Daher wurde untersucht ob diese Zellen einen der bekannten Melanocortinrezeptoren aufweisen. Die Expression des für a-MSH spezifische Melanocortin-1 Rezeptor (MC-1R) konnte in Keratinozyten Keratinozytenzellinien nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu konnte keiner der anderen MC-Rezeptoren (MC-2R bis MC-5R) in den untersuchten Zelltypen nachgewiesen werden. Die Expression von MC-1R in Keratinozyten wird durch UVB-Licht und IL-1b induziert. Unter Verwendung von biotinyliertem a-MSH konnte in FACS-Untersuchungen gezeigt werden, daß Keratinozyten und Keratinozytenzellinien Bindungsstellen für a-MSH aufweisen. Die Bindung von a-MSH an diese Rezeptoren konnte durch Zusatz des nicht an den MC-1R bindenden b-MSH nicht unterdrückt werden, was auf eine exklusive Expression von MC-1R hinweist.

Analog zu den Untersuchungen an Keratinozyten wurde das Verhalten der MC-1R Expression in Monozyten und aus peripherem Blut isolierten dendritischen Zellen (DC) untersucht. Die Expression des MC-1R in humanen Monozyten konnte durch Stimulation mit LPS oder PHA erhöht werden und wurde durch Zusatz von IL-2, IFNg, IL-4 und IL-10 zum Kulturmedium noch weiter verstärkt. Im Falle dendritischer Zellen gelang es zudem zu zeigen, daß das Ausmaß der Bindung von biotinyliertem a-MSH an die Zelloberfläche mit der Kulturdauer der dendritischen Zellen in Gegenwart von IL-4 und GM-CSF ansteigt, damit also reifungsabhängig ist.

Um die funktionelle Bedeutung des an Monozyten und DC exprimierten MC-1R zu untersuchen, wurde zunächst der Einfluß von a-MSH auf die Produktion von Interleukin-10 (IL-10) untersucht. In humanen mononukleären Zellen aus peripherem Blut (PBMC) wurde die IL-10 Freisetzung und die Expression von IL-10 mRNA durch a-MSH in einer dosisabhängigen Weise induziert. Außerdem hemmt a-MSH die Expression der für die Antigenpräsentation wichtigen kostimulatorischen Moleküle CD86 und CD40 an Monozyten und DC, während die Expression von CD80 unbeeinflußt bleibt. Im Gegensatz dazu konnte bisher weder einer der bekannten MC-R auf T-oder B-Lymphozyten nachgewiesen werden, noch wurde ein direkter Einfluß von a-MSH auf die Funktion dieser Zellen gezeigt. Daher scheint die immunsuppressive Wirkung von a-MSH vorwiegend auf der Induktion von Suppressorfaktoren sowie in der Hemmung von akzessorischen Signalen in Antigen-präsentierenden Zellen bedingt zu sein.

Für die Untersuchungen der Expression von MC-1R in der Haut wurde eigens ein anti-HMC-1R-Antikörpers mit Hilfe eines Peptids das kolinear zu einem Teil der N-terminalen, extrazellulären Domäne des humanen MC-1R ist, hergestellt. Mit Hilfe dieses war es möglich zu zeigen, daß der exprimierte Rezptor auf der Oberfläche der untersuchten Zellinien MC-1R ist. Unter Verwendung des Antikörpers ist es ferner gelungen eine starke Expression des MC-1R in embryonaler Epidermis zu zeigen, welche bis zur Geburt fast völlig verschwindet. Im Gegensatz dazu ist in normaler Haut eine deutliche Expression von MC-1R nur in Hautanhangsgebilden wie Haarfollikel, Talgdrüsen und Schweißdrüsen zu beobachten .

Durch Stimulation mit dem im Rahmen von Entzüdungsreaktionen freigesetzten proinflammatorischen Zytokin IL-1 wird sowohl die Sekretion als auch die mRNS-Expression der für die Einwanderung von Entzündungszellen verantwortlichen Chemokine IL-8 und Gro-a in Keratinozyten induziert. a-MSH ist in der Lage, die IL-1 induzierte Freisetzung von IL-8 und Gro-a in Keratinozytenlinien und Primärkulturen humaner Keratinozyten signifikant zu hemmen. Dieser Effekt ist konzentrationsabhängig und durch den Einsatz eines a -MSH Antagonisten wieder aufhebbar. a-MSH ist in Primärulturen humaner Keratinozyten in der Lage, den Effekt von IL-1 ähnlich stark zu inhibieren wie der IL-1 Rezeptorantagonist (IL-1RA). Diese Beobachtung warf die Frage auf, durch welchen Mechanismus a-MSH die IL-1 Wirkung auf die Chemokinexpression aufzuheben vermag. Da bekannt ist, daß die Aktivierung von NFkB und AP-1 ein zentrales Motiv der IL-1 Wirkung ist und diese Transkriptionsfaktoren die Expression u.a. von IL-8 und Gro-a steigern, schienen diese Transkriptionsfaktoren ein guter Ansatzpunkt zur Klärung des Wirkmechanismus von a-MSH zu sein. In Voruntersuchungen konnte in electrophoretic mobility shift assays gezeigt werden, daß die IL-1 induzierte Aktivierung von NFkB in kultivierten primären Keratinozyten und Keratinozytenzellinien durch a-MSH in einem Dosisbereich von 10-6 bis 10-12 M signifikant unterdrückt werden konnte. Die Aktivierung von AP-1 durch IL-1 hingegen blieb in Anwesenheit von a-MSH unbeeinflußt.

Endothelzellen der Gefäßwand spielen bei sämtlichen Entzündungsreaktionen eine essentielle Rolle, da Entzündungszellen wie Leukozyten oder Lymphozyten zunächst an der Gefäßwand adhärieren müssen um anschließend durch diese hindurch zu wandern. Im Rahmen dieser komplexen Vorgänge spielt die Expression von Adhäsionsmolekülen sowie von Zytokinrezeptoren an Endothelzellen eine entscheidende Rolle. Die Expression dieser Oberflächenmoleküle wird durch verschiedene Zytokine und andere Mediatoren reguliert. Daher war die Frage naheliegend, welche Rolle POMC-Peptide insbesondere a-MSH bei der Interaktion von Entzündungszellen mit Endothelzellen spielen. Es wurde zunächst untersucht, ob humane Endothelzellen einen der 5 bekannten MC-Rezeptoren exprimieren. Für diese Untersuchungen wurden sowohl frisch isolierte humane dermale Vaskolarendothelzellen (HDMEC) als auch dermale Endothelzellinien (HMEC-1) verwendet. Es konnte gezeigt werden, daß diese Endothelzellen mRNA spezifisch für den MC-1 Rezeptor exprimieren und das die Expression dieses Rezeptors durch Interleukin-1 induzierbar ist. Bindungsstudien ergaben, daß MC-1 an Endothelzellen eine hohe Affinität für a-MSH besitzen nicht jedoch mit b-MSH, welches keine immunmodulierende Effekte besitzt, reagiert. Um der Frage nachzugehen, ob a-MSH auch die Funktion von Endothelzellen beeinflussen kann, wurde untersucht, inwieweit a -MSH die Expression von Adhäsionsmolekülen wie E-Selektin und "vascular cellular adhesion molecule" (VCAM) beeinflußt. Demnach bewirkte a-MSH eine völlige Hemmung der LPS-bedingten Expression dieser Adhäsionsmoleküle. Die funktionelle Relevanz dieses Befundes wurde durch ein weiteres Experiment bestätigt. Zugabe von a-MSH zu in vitro kultivierten HDMEC bewirkte eine signifikante Hemmung der LPS-induzierten Adhärenz von Lymphozyten. Diese Untersuchungen erhärten die Annahme, daß a-MSH, welches im Rahmen von Enzündungsreaktionen sowohl von Epithelzellen als auch Entzündungszellen produziert wird eine entscheidende Rolle im Rahmen der Pathogenese von inflammatorischen Erkrankungen der Haut spielt.

Drittmittelgeber:

Die Finanzierung erfolgte aus dem Budget der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft sowie folgenden Drittmitteln: DFG Lu 443/1-3; Klinische Forschergruppe Endothelzellbiologie (So 87/E1); SFB 293, B1 und B2; IKF Projekt C7; BMBF (07UVB537); EG (EV5V-CT94-0564); EG

Beteiligte Wissenschaftler:

Dr. E. Becher, Dr. St. Beisset, Dr. M. Böhm, Dr. Th. Brzoska, T. Fisbeck, Dr. J.O. Funk (Seattle, USA), R. Goez, Priv.-Doz. Dr. St. Grabbe, Dr. M. Hartmeyer, K. Hüster, Dr. H. Kalden, Dr. M. Labeur, Prof. Dr. T.A. Luger (Leiter), A. Mehling, Priv.-Doz. Dr. D. Metze, Dr. D. Nashan, Dr. S. Reimann, B. Roters, U. Schulte, Prof. Dr. T. Schwarz (Leiter)
 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 1999-10-04