Apoptose ist eine bestimmte Form von Zelltod, die durch Initialisierung eines Todesprogrammes
innerhalb der Zelle ausgelöst wird. Dies entspricht einem Selbstmord der Zelle, der dann
eintritt wenn sie z.B. ihre Aufgabe erfüllt hat oder irreversibel geschädigt ist.
Apoptose kann aber auch bewußt von außen über bestimmte
Oberflächenrezeptoren induziert werden. Bestrahlung mit ultraviolettem Licht (UV)
induziert Apoptose in Keratinozyten. Die Pathomechanismen, die der UV-induzierten Apoptose
zugrunde liegen, sind bisher weitgehend ungeklärt. Keratinozyten und transformierte
Keratinozytenlinien tragen an ihrer Oberfläche den CD95 Rezeptor, der nach Aktivierung
durch seinen natürlichen Liganden, CD95L, aktiviert wird und Apoptose in der Zelle
induziert. Es war nun naheliegend zu untersuchen, ob das CD95 System in der UV-induzierten
Apoptose von Keratinozyten von Bedeutung ist. Interessanterweise hatte die Blockierung des
CD95 Rezeptors mit einem neutralisierenden Antikörper keinen Einfluß auf die
UV-induzierte Apoptose von Keratinozyten. Im Gegensatz dazu konnte gezeigt werden,
daß auch in Gegenwart des CD95-Antikörpers der CD95 Rezeptor aktiviert wird,
da in Immunpräzipitationsuntersuchungen beobachtet wurde, daß das
Adapterprotein FADD an den CD95 Rezeptor bindet. Dies ist das initiale Ereignis bei der
Aktivierung von CD95. Vor drei Jahren konnte die Arbeitsgruppe um Michael Karin erstmals
zeigen, daß UV Licht in der Lage ist, Oberflächenrezeptoren durch Aggregation
direkt zu aktivieren. Mittels konfokaler Laserscanningmikroskopie wurde gezeigt, daß
UV-Licht tatsächlich zu einer Aktivierung im Sinne einer Trimerisierung des CD95
Rezeptors führt. Daß die Trimerisierung des Rezeptors von funktioneller Relevanz
ist, wird durch die Beobachtung bestätigt, daß eine Blockierung der Rezeptor
Trimerisierung durch Halten der Zellen auf 4°C während der Bestrahlung,
tatsächlich zu einer zwar nicht kompletten aber signifikanten Reduktion der Apoptoserate
führt. Zusammenfassend zeigen diese Untersuchungen, daß UV-vermittelte
Apoptose an der Membran über den CD95 Rezeptor initiiert werden kann. Diese
Untersuchungen stehen in relativ starkem Gegensatz zu der bisherigen Annahme, daß die
Apoptose von Keratinozyten essentiell von der Schädigung nukeleärer DNA
abhängt. Nach dieser Theorie wird das Apoptoseprogramm dann angeworfen, wenn die
Zelle nicht in der Lage ist, den durch UV-Licht induzierten DNA-Schaden komplett zu
reparieren. Man ging deshalb bisher davon aus, daß die Induktion von Apoptose ein rein
nukleäres Ereignis ist. Um den relativen Anteil von Kern- bzw. Membranereignissen bei
der UV-induzierten Apoptose zu bestimmen, wurde ein System etabliert, bei dem
UV-induzierter DNA-Schaden durch exogene Zugabe von rekombinanten Reparaturenzymen
repariert wird. Tatsächlich konnten wir zeigen, daß eine Beschleunigung der
DNA-Reparatur auch mit einer deutlichen Verminderung der Apoptoserate einhergeht. Auch
wenn die Reduktion der Apoptose unter diesen Bedingungen deutlicher ausgeprägt war
als bei der Blockierung der Membraneffekte, war keine komplette Inhibition der Apoptose zu
erreichen. Wurde hingegen die UV-Bestrahlung bei 4°C durchgeführt und
anschließend die DNA-Reparatur durch die Reparaturenzyme beschleunigt, führte
dies zu einer kompletten Inhibition der UV-induzierten Apoptose. Diese Untersuchungen zeigen
erstmals, daß für die komplette UV-Anwort weder nukleäre noch
membranöse Ereignisse alleine verantwortliche sind, sondern daß für die
volle Anwort beide benötigt werden.
"Tumor necrosis factor related inducing ligand" (TRAIL) ist ein kürzlich beschriebenes
Mitglied der Tumor-Nekrose-Faktor-Familie. TRAIL ist ähnlich wie seine verwandten
Proteine der CD95 Ligand und Tumor Nekrose Faktor in der Lage Apoptose zu induzieren.
Allerdings scheint TRAIL präferentiell Apoptose in transformierten Zellen
auszulösen, während normale Zellen weitgehend verschont werden. Wegen dieser
Selektivität setzt man große Erwartungen in den Einsatz von TRAIL bei
Krebserkrankungen, da unter diesen Bedingungen die Tumorzellen selektiv abgetötet
werden. Es wurde nun untersucht, ob dies auch für das Keratinozytensystem gilt.
Tatsächlich reagierten transformierte Keratinozytenzellinien auf TRAIL mit deutlicher
Apoptose, während normale humane Keratinozyten gegenüber TRAIL resistent
waren. Dies bestätigt die Tumorselektivität für TRAIL auch im
Keratinozytensystem. Die Ursache für die Resistenz normaler Keratinozyten
gegenüber TRAIL dürfte in der Expression des TRAIL Typ III Rezeptors liegen,
der zwar TRAIL bindet aber aufgrund einer fehlenden intrazytoplasmatischen Domäne
das Apoptosesignal nicht weiterleitet. Im Gegensatz dazu wurden sowohl auf der RNA als auch
auf der Proteinebene dieser Rezeptor in transformierten Keratinozyten nicht gefunden. Wurden
hingegen transformierte Keratinozyten mit dem Enzündungsmediator Interleukin-1
vorbehandelt, erwiesen sich diese ebenfalls als resistent gegenüber TRAIL. Diese
protektive Wirkung dürfte auf eine Aktivierung des Transkriptionsfaktors NFkB
zurückzuführen sein. Vor kurzen wurde beschrieben, daß NFkB vor Tumor
Nekrose Faktor-induzierter Apoptose schützt. Interleukin-1 induziert in den
transformierten Keratinozyten eine Aktivierung von NFkB, was sowohl in "band shift assays"
und in Western blot Analysen nachgewiesen werden konnten. Da die Aktivierung von NFkB
durch Interleukin-1 in dieser Hinsicht auch von funktioneller Relevanz ist, wurde durch den
Einsatz des Proteasomeninhibitors MG132 bewiesen. Proteasomeninhibitoren blockieren die
Aktivierung von NFkB. Demzufolge war der protektive Effekt von IL-1 in Gegenwart der
Proteasomeninhibitoren vollkommen aufgehoben. Zusätzlich konnte mittels Transfektion
einer dominanten negativen Repressormutante des Inhibitorproteins IkB gezeigt werden,
daß die Aktivierung von NFkB essentiell für den protektiven Effekt von IL-1 ist.
Diese Untersuchungen erscheinen insofern von großer, praktischer Bedeutung, als
häufig Tumoren von einem entzündlichen Infiltrat umgeben sind, in dem auch IL-1
bzw. andere NFkB-aktivierende Zytokine freigesetzt werden. Wir postulieren daher, daß
unter diesen Bedingungen Tumorzellen sich dem zytotoxischen und somit dem therapeutischen
Effekt von TRAIL entziehen könnten. In vivo Studien werden zeigen, ob dies zutrifft.