Forschungsbericht 1997-98 | |
Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen
Am Stadtgraben 9 48143 Münster Tel. (0251) 83-2 29 71 Fax: (0251) 83-2 29 70 e-mail: 17wimi@wiwi.uni-muenster.de WWW: http://www.wiwi.uni-muenster.de/~17/index.htm Direktor: Prof. Dr. Ulrich van Suntum | |
Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 04 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen Wohnungswirtschaft, Wohnungsbaufinanzierung, Wohnungspolitik | ||||
Rentabilität bei Wohnungsbestandsmaßnahmen
Wissenschaft, Wohnungswirtschaft, Regierungen und Parlamente fordern
übereinstimmend eine stärkere Bestandsorientierung der Wohnungspolitik. Die
Wohnungspolitik wirkt bereits heute durch zahlreiche Regelungen und Förderangebote
auf die Wohnungsbestände ein, insbesondere Miethöhegesetz, steuerliche
Regelungen, Wohngeld, Instandhaltungs- und Verwaltungskostenpauschalen (im Rahmen des
Kostenmietprinzips), Modernisierungsprogramm und Energiesparprogramm NRW,
KfW-Programm zur CO2-Minderung, Kombiförderung NRW, Programm zum Erwerb
von Bindungen NRW. Bei der Konzipierung der Förderung wird in der Regel unterstellt,
daß es sich um einen rational handelnden Investor/Vermieter handelt. Die
Förderangebote basieren daher im allgemeinen auf Kalkulationen, bei denen die
Förderung die durch bestimmte Bestandsmaßnahmen eintretenden
Veränderungen der Aufwands- und Ertragspositionen des Wohnungsbesitzers so
korrigiert, daß sich Bestandsmaßnahmen bzw. -investitionen - zumindest
mittelfristig - "rechnen".
Nicht zuletzt aus der schleppenden Umsetzung fast aller derzeit praktizierten
Bestandsmaßnahmen muß gefolgert werden, daß dieses ökonomische
Kalkül dem realen Entscheidungsprozeß der Investoren/Vermieter nur teilweise
zugrunde liegt. Nach abstrakten Rentabilitätsberechnungen sind die meisten
Förderangebote durchaus attraktiv, und obwohl auch in einschlägigen
Untersuchungen über die Bestimmungsgründe von Wohnungsbauinvestitionen
regelmäßig die verschiedenen Förderangebote genannt werden, bleibt die
Akzeptanz der Programme in der Regel deutlich hinter den Erwartungen zurück. Es
stellt sich die Frage, ob bei Wohnungsbestandsmaßnahmen - mehr noch als beim
Wohnungsneubau - andere Faktoren als die (eng gefaßte kaufmännische)
Rentabilitätsberechnung eine wesentliche Rolle spielen.
Das Ziel der Untersuchung besteht darin, ein differenziertes Bild von den
Bestimmungsgründen für investive Wohnungsbestandsmaßnahmen zu
zeichnen. Insbesondere sollen der Stellenwert ökonomischer Kalküle bzw. von
Rentabilitätskriterien und die Rolle der staatlichen Förderung eingehend analysiert
werden. Die Analyse erstreckt sich auf unterschiedliche Investorengruppen: kommunale
Wohnungsunternehmen, sonstige ehemals gemeinnützige Wohnungsunternehmen,
Wohnungsgenossenschaften, freie Wohnungsunternehmen, Privateigentümer und
sonstige Eigentümer.
Die empirische Untersuchung gliederte sich in drei Phasen: In der ersten Phase wurden 600
ausgewählte Wohnungsunternehmen/Vermieter in Nordrhein-Westfalen schriftlich
befragt; 177 von ihnen antworteten, was einer Rücklaufquote von 29,5 % entspricht. Die
zweite Phase bestand aus persönlichen Tiefeninterviews mit 16 aus dem Kreis der
schriftlich befragten Wohnungsunternehmern stammenden Investoren. Ein Workshop mit
Experten der Wohnungswirtschaft und der Wohnungspolitik bildete schließlich die dritte
Phase.
Die Ergebnisse der Untersuchung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Investitionen in den Wohnungsbestand werden vorrangig zum Zwecke der Modernisierung
und der Energieeinsparung getätigt, wobei die beiden Investitionszwecke häufig
miteinander verknüpft werden.
- Der Anteil des Instandhaltungsstaus bei Modernisierungsinvestitionen liegt nach Angaben
der Investoren bei etwa einem Viertel, in Einzelfällen jedoch auch deutlich höher.
- Bestandsinvestitionen (einschließlich Modernisierung) werden i. d. R. nicht in
großen zeitlichen Abständen durchgeführt, sondern werden von den
Investoren als Daueraufgabe angesehen, die in der mittelfristigen Investitionsplanung ihren
Niederschlag findet.
- Die unternehmerischen Ziele, die mit Bestandsinvestitionen am häufigsten verfolgt
werden, sind langfristiger Natur: dauerhafte Vermietbarkeit der Bestände, Bindung der
Mieter und Wertsteigerungen (Stichwort: "Sicherstellung einer langfristigen
Rentabilität"). Die Vermeidung von Leerstand ist das zentrale Motiv für
Bestandsinvestitionen.
- Steuerliche Aspekte sind zur Zeit vor allem für die freien Wohnungsunternehmen und
die Privateigentümer entscheidungsrelevant. In Zukunft aber werden auch die
Bestandsinvestitionen ehemals gemeinnütziger Wohnungsunternehmen mehr und mehr
von steuerlichen Gesichtspunkten beeinflußt werden.
- Die befragten Investoren lassen sich bei ihren Einzel-Investitionsentscheidungen nicht bzw.
nicht ausschließlich von strengen Renditeüberlegungen leiten. Wenn
Renditeaspekte bei Bestandsinvestitionen eine Rolle spielen, wird in den meisten Fällen
nur auf die Erzielung einer Mindestrendite abgestellt.
- Als Vorteilhaftigkeitskriterium legen drei von vier Investoren einen eng gefaßten
kaufmännischen Renditebegriff ("Eigenkapitalrendite") zugrunde.
- Das am häufigsten - insbesondere im Non-Profit-Bereich - verwendete Kalkulations-
und Rechenverfahren ist die Wirtschaftlichkeitsberechnung gemäß II.
Berechnungsverordnung. Sie wird in Ausnahmefällen durch klassische
Investitionsrechenverfahren oder die vollständige Finanzplanung ergänzt und/oder
ersetzt.
- Die Entscheidung für oder gegen Investitionen in den Wohnungsbestand wird in vielen
Fällen zunächst unabhängig davon gefällt, ob staatliche
Fördermittel in Anspruch genommen werden können. Die Förderung wird
nur dann in Anspruch genommen, wenn sie in das Investitionskonzept (insbesondere
Beibehaltung der Mieterstruktur) paßt - große Gefahr von "Mitnahmeeffekten".
Dies schließt nicht aus, daß Bestandsinvestitionen aufgrund der Förderung
zeitlich vorgezogen werden.
- Diejenigen Wohnungsanbieter bzw. Wohnungsunternehmen, die nicht z. B. durch
Eigentumsverhältnisse, Satzungszweck etc. dazu verpflichtet sind, Bindungen im
Bestand einzugehen, stehen diesen sehr ablehnend gegenüber. Das Hauptargument
lautet: Gefährdung der sozialen Struktur im Bestand durch sog. "Problemmieter"
vermeiden.
- Strategie vieler Wohnungsanbieter ist es, im Wohnungsneubau ausschließlich mit
staatlichen Fördermitteln tätig zu werden, im Wohnungsbestand hingegen die
Bindungen vorzeitig abzulösen. Die befragten Investoren sind auch, was den Verkauf
von Belegungsrechten bei älteren Bestandswohnungen anbelangt, sehr
zurückhaltend, weil damit häufig eine unerwünschte Streuung der
Bindungen im Wohnungsbestand verbunden ist.
- Zwei Drittel der befragten Investoren sind für eine strikte Trennung von
substanzverbessernden Maßnahmen und Mietpreis- und/oder Belegungsbindungen;
immerhin jeder vierte Investor ist nicht für eine solche Trennung, wünscht sich
aber mehr Flexibilität, z. B. durch eine größere Abhängigkeit der
Höhe der Förderung von der Stärke der Bindungen.
- Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Förderprogramme sollten nach Auffassung der
befragten Investoren die Förderkonditionen/-höhe verbessert, die Antragstellung
vereinfacht und der Informationsfluß intensiviert werden. Eine stärkere
Verlagerung der Förderentscheidungen auf die kommunale Ebene ("Dezentralisierung")
wird allgemein als sinnvoll erachtet.
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Beteiligte Wissenschaftler:
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Hans-Joachim Peter