Forschungsbericht 1997-98 | |
Institut für Kriminalwissenschaften
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Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 03 - Rechtswissenschaftliche Fakultät Institut für Kriminalwissenschaften Abteilung IV Prof. Dr. K. Boers, e-mail: boers@uni- muenster.de Tel.: 0251/83-22749 Fax.: 0251/83-22376 | ||||
Verbreitung und Kontrolle der Wirtschaftskriminalität im Zusammenhang mit der Privatisierung der volkseigenen Betriebe der DDR durch die Treuhandanstalt
Mit dem Inkrafttreten des Treuhandgesetzes und der Umwandlung der volkseigenen
Betriebe in juristisch selbständige Wirtschaftseinheiten wurde die Treuhandanstalt
(THA) Eigentümerin von insgesamt 45.000 Betriebsstätten, die sie
möglichst schnell zu privatisieren oder stillzulegen hatte. Dabei wurden von Anfang an
zahlreiche strafrechtlich relevante Verhaltensweisen beoachtet. So täuschten
Vertragspartner (auch in Zusammenarbeit mit THA-Mitarbeitern) über ihre
Bonität, Arbeitsplatz- oder Investitionszusagen, wurden Unternehmen vertragswidrig
Vermögenswerte entzogen (Aushöhlung) oder zur Erlangung von Subventionen
falsche Angaben gemacht. Die THA versuchte, diese Entwicklung durch die Einrichtung einer
Stabsstelle Besondere Aufgaben zu kontrollieren. Der Stabsstelle gehörten zwar
Staatsanwälte und Wirtschaftskriminalisten an, die jedoch beurlaubt waren und somit als
Angestellte der THA nicht dem Legalitätsprinzip unterlagen. Die Arbeit der Stabsstelle
war deshalb durch eine konzeptionell neuartige Doppelfunktion gekennzeichnet. Diese
ermöglichte einerseits eine interne, an den ökonomischen Abläufen
der THA angepaßte Untersuchungstätigkeit, die andererseits, da sie nach
kriminalistischen und strafprozessualen Kriterien erfolgte, bereits Vorermittlungen für
eine externe strafjustizielle Kontrolle darstellte. Bis Ende 1998 wurden mehr als 3.500
Vorgänge bearbeitet. Über die historisch einmalige Umbruchssituation hinaus wird
das Projekt am Beispiel typischer Privatierungsvorgänge die strukturell-
ökonomischen Dimensionen (z.B. Ressourcen des Investors, Rentabilität des
Betriebes, Subventionsgewährung) und die Funktionalität strafrechtswidrigen
Verhaltens wirtschaftlicher Akteure sowie die Reichweite und Grenzen einer strafrechtlichen
Steuerung des Wirtschaftssystems mit problemzentrierten Tiefeninterviews (Veurteilte,
Ermittler, THA-Mitarbeiter, betroffene Betriebsangehörige) sowie aufgrund von
Aktenanalysen untersucht.
Beteiligter Wissenschaftler: |
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Hans-Joachim Peter